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Dagmar Zoschke zu TOP 03: Gesundheitsschutz stärken – Initiative gegen Antibiotika-Resistenzen

Es gibt viele Gründe, den Gesundheitsschutz zu stärken, und es gibt viele Gründe, den Infektionsschutz im Lande zu verbessern. Das ist unbestritten.

Es gibt auch viele Gründe, das Thema Krankenhaushygiene anzusprechen. Und diverse Presseveröffentlichungen im Zusammenhang mit tragischen Todesfällen z. B. bei Neugeborenen in Bremen führen immer wieder dazu, dass die Aufmerksamkeit auf die Zustände in deutschen Krankenhäusern gerichtet wird.

Der Bundestag hat vor einem Jahr einen Gesetzentwurf zur Krankenhaushygiene (Infektionsschutzgesetz) eingebracht, der lange überfällig war. Bereits im Januar 2009 hatte die Bundestagsfraktion der LINKEN in einem Antrag (Drs. 16/11660) entsprechende Forderungen aufgemacht. Und vor einem Jahr - im Januar 2011 - hat sie in einem weiteren Antrag diese Forderungen präzisiert (Drs. 17/4489). Beide Anträge wurden – wie gewohnt und wider besseres Wissen - vom Bundestag abgelehnt. Allerdings legte die Bundesregierung dann im März doch einen Gesetzentwurf vor. Dieser Gesetzentwurf ging zwar in die richtige Richtung, aber er kam, wie meine Bundestagskollegin Dr. Martina Bunge im Juni 2011 bei der 2. Lesung feststellte – ich zitiere: „ … mindestens 2 Jahre zu spät oder um es drastisch zu sagen: bis zu 80.000 Tote zu spät.“

An Krankenhausinfektionen sterben nämlich in Deutschland täglich bis zu 100 Menschen. Das sind mehr als an den Folgen von Verkehrsunfällen, illegalen Drogen, AIDS und Suiziden zusammen ums Leben kommen. Damit können wir uns nicht abfinden.

Die Ursachen für diese oft tragischen Ereignisse sind sehr komplex. Antibiotika-Resistenz hat viele Ursachen und viele Verursacher, geklärte und ungeklärte. Die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung ist ein Aspekt, der immer wieder eine Rolle spielt. Auch das Verordnungsverhalten niedergelassener Ärzte und häufig auch die Vorstellung von PatientInnen, mit Antibiotika schneller wieder arbeitsfähig zu sein, befördern die Entwicklung von Resistenzen. Und nicht zuletzt ist die Krankenhaushygiene dringend und systematisch zu verbessern.

Allerdings wäre es zu einfach, den Beteiligten und Verantwortlichen Schlamperei vorzuwerfen. Die Vermeidung von Infektionen ist heutzutage eine große Herausforderung für Ärzte und alle im Gesundheitswesen Beschäftigten. Multiresistente Keime, die auf vielfältigen Wegen zu den Menschen gelangen und in Krankenhäusern auftauchen, sind nicht als Marker an den Menschen sichtbar. Sie müssen und können in gründlichen Untersuchungen nachgewiesen werden. Da gibt es gute Beispiele in Dänemark und den Niederlanden.

Das erfordert allerdings Zeit und speziell qualifiziertes Personal – und daran hapert es in vielen Kliniken. Der mit der Privatisierung im Gesundheitswesen einhergehende Druck, nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sondern profitabel arbeiten zu müssen, verschärft das Problem.

Auch der in den letzten 10 Jahren bundesweit erfolgte Abbau von über 50 % der Lehrstühle für Hygiene und Umweltmedizin muss rückgängig gemacht werden, weil ohne entsprechende Fachkompetenz die Situation kaum zu verbessern ist. Diese Erkenntnis muss bei den Universitäten und Hochschulen ankommen und umgesetzt werden.

Das Infektionsschutzgesetz, das letztes Jahr in Kraft trat, sieht u. a. vor, dass die Länder bis zum 31. März 2012 eine Rechtsverordnung erlassen. Die wollen wir natürlich kennen lernen und so ist dieser Antrag wohl auch als Aufforderung zu verstehen, den Ausschüssen die Verordnung vorzustellen und über weitere Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes zu berichten.

Auch solche Projekte wie das „Netzwerk Hygiene Sachsen-Anhalt“, das ich bei meinen Recherchen zu diesem Antrag auf der Homepage der Ärztekammer gefunden habe, sollten in der Ausschussdiskussion eine Rolle spielen.

Weitere wichtige Fragen in dieser Diskussion wären sicher auch die

  • nach der finanziellen Absicherung der notwendigen hygienischen Maßnahmen in den Krankenhäusern,
  • nach Formen der Kontrolle und Sanktionen der Nichteinhaltung von Vorschriften
  • sowie nach einer wirksamen und für alle verständlichen Arzneimittelberatung.

Und nicht zuletzt dürfte es auch für den Sozialausschuss interessant sein, wie die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) in der Tierhaltung zur Nahrungsmittelproduktion umgesetzt wird.

Wir stimmen dem Antrag zu und erwarten gespannt die Berichterstattung und hoffentlich auch die Rechtsverordnung in den Ausschüssen.