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Ausgleich für Feiertage an Wochenenden – Zusätzliche Erholung von Belastungen durch Arbeit und Pandemie

In der heutigen Diskussion um den Ausgleich von Feiertagen am Wochenende im Landtag von Sachsen-Anhalt betont der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Thomas Lippmann:

„Arbeitgeber*innen freut es, die abhängig Beschäftigten aber sind genervt, wenn Feiertage auf ein WE fallen. So wie es allein in diesem Jahr gleich drei Mal passiert. Gleich der 1. Januar war ein Samstag, dann fiel vor kurzem der 1. Mai auf einen Sonntag und auch zum Jahresende ist mit dem 25. Dezember wieder ein Sonntag gleichzeitig der Feiertag. Drei von unseren elf Feiertagen liegen in diesem Jahr am Wochenende. Für die Beschäftigten sind dann nicht nur die zusätzlichen freien Tage verloren, sondern es entfällt auch die Möglichkeiten, durch den Einsatz von Brückentagen aus wenig Urlaub möglichst viel freie Zeit zu gewinnen. Die Beschäftigten verlieren damit Freizeit, Ruhe- und Erholungszeit.

Für die Arbeitgeber*innen sind es dagegen schlicht zusätzliche Arbeits-tage. Arbeitstage, die sie in anderen Jahren nicht haben, wenn sich der Kalenderverlauf anders gestaltet. Es sind praktisch Geschenke der Beschäftigten an die Arbeitgeber*innen durch eine unfreiwillige Verlängerung der jährlichen Arbeitszeit. Das Szenario von 2022 wiederholt sich im Abstand von einigen Jahren, denn sieben unserer elf Feiertage sind sogenannte datumsfeste Feiertage. Die wandern praktisch schrittweise durch die Wochentage, mit jedem Jahreswechsel um einen Tag, in Schaltjahren dann um zwei Tage.

Mehrere dieser datumsfesten Feiertage sind miteinander verbunden, weil sie jeweils auf den gleichen Wochentag fallen. Sie wandern also im Block durch die Wochentage. Den kleineren dieser Blöcke erleben wir in diesem Jahr gerade mit dem 1. Mai und dem 25. Dezember, den größeren Block bilden die Feiertag 3. Oktober, 31. Oktober und der 26. Dezember. Und weil diese beiden Blöcke immer auf benachbarten Wochentagen liegen, gibt es Jahre, in denen diese fünf Feiertage alle gleichzeitig auf ein Wochenende fallen. Das war z.B. im letzten Jahr so und das kommt dann im Jahr 2027 wieder auf die Beschäftigten zu. Dazwischen liegen Jahre, in denen drei Feiertage oder auch einmal nur ein Feiertag auf ein Wochenende fallen.

Was seltener vorkommt sind Jahre, in denen keiner unserer Feiertage auf ein Wochenende fällt. Das ist nur dann der Fall, wenn das neue Jahr an einem Mittwoch beginnt und es kein Schaltjahr ist. Das werden die Beschäftigten im Jahr 2025 und dann wieder 2031 genießen dürfen. In allen anderen Jahren werden die Beschäftigten aber an einem oder drei oder sogar an fünf Tagen um wesentliche Effekte der Feiertagsruhe geprellt. Das ist ein gravierendes Defizit in unseren Feiertagsregelungen. Feiertage erfüllen im Rhythmus von Arbeit und individueller Freizeit mehrfache Funktionen. Sie tragen als geschützte arbeitsfreie Ruhezeit zusätzlich zu den arbeitsfreien Tagen an Wochenenden und dem Urlaub in erheblichem Maß zur Stressreduzierung, zum Wohlbefinden und zur Re-produktion der Arbeitskraft der Beschäftigten bei. Sie stärken dabei so-wohl das kulturelle Leben als auch den sozialen Zusammenhalt. Die kollektive Unterbrechung der intensiv genutzten Arbeitszeit dient der Erholung und schafft Räume für die Pflege religiöser Traditionen, sozialer Netzwerke und familiärer Bindungen.

Gesetzliche Feiertage sind grundsätzlich freie Tage. Sonn- und Feiertage und die damit verbundene Arbeitsruhe unterliegen in Deutschland einem besonderen Schutz im Grundgesetz. Fallen die datumsfesten Feiertage auf ein Wochenende, dann gibt es in Deutschland, anders als in anderen Mitgliedsländern der EU und in vielen Dritt-staaten, bislang keine Regelung, die grundgesetzlich geschützte Arbeitsruhe zusätzlich zu den freien Tagen des Wochenendes nachzuholen. Solche Kompensationsregelungen für Feiertage, wie wir sie mit unserem Antrag fordern gibt es in vielen unserer Nachbarländer also z. B. in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Polen aber auch in Italien, Spanien, Großbritannien, Irland, oder in Japan, Singapur und Australien.

Eine Diskussion darüber, ob Feiertage ausgeglichen werden sollen, wenn sie auf das Wochenende fallen, gab es auch in Deutschland bereits mehr-fach. Eine Ausgleichsregelung konnte dabei bisher aber nicht durchgesetzt werden. Deutschland muss hier endlich nachholen, was uns unsere europäischen Nachbarn längst vorgemacht haben. Sie nehmen ihre Feiertage und ihre Beschäftigten viel ernster als wir Deutschen. Wir als LINKE sehen die Zeit dafür als reif und längst überfällig, schnellstmöglich ein sogenanntes „Montagsfeiertagsgesetz“ zu erarbeiten. Ein solches Gesetz über den Ausgleich von Wochenendfeiertagen wollen wir mit dem vorliegenden Antrag initiieren.

Zwei Jahre Pandemie haben zu langen Einschränkungen für die Gestaltung individueller Freizeit, zu Arbeitsverdichtung und zu zusätzlichen Belastungen geführt, gerade für Familien. Deshalb wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, den Feiertagsausgleich auf den Weg zu bringen. Die Festlegung der Feiertage ist zwar überwiegend Ländersache, aller-dings sind die Feiertagsregelungen in den Ländern weitgehend vergleichbar und den Feiertagsausgleich gibt es bundesweit nicht. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich auf der Bundesebene für eine einheitliche Ausgleichsregelung einzusetzen. Wenn dies nicht gelingt, fordern wir die Landesregierung auf, selbst aktiv zu werden und eine entsprechende landesgesetzliche Regelung zu schaffen. Bis zu einer bundesweiten oder landesweiten gesetzlichen Regelung sollten Arbeitgeber*innen auf freiwilliger Basis ihren Beschäftigten im Sinne eines Corona-Bonus zeitnah einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag gewähren.

Die Beschäftigten werden es mit besserer Gesundheit, erhöhter Motivation und Leistungsfähigkeit und einer stärkeren Verbundenheit danken. Der derzeitige kontinuierliche Anstieg an psychischen und physischen Belastungen im Arbeitsleben ist ein Alarmzeichen, nach der Pandemie mehr für den Arbeitsschutz der Beschäftigten zu unternehmen. Der Feiertagsausgleich kann hier einen Beitrag leisten. Ökonomische Argumente gegen die Gewährung des Feiertagsausgleichs können nicht wirksam Geltung beanspruchen. Denn unsere Feiertage sind lange tradiert und sie sind nicht darauf ausgerichtet, dass sie nicht zu einer echten Arbeitsruhe zu führen. Es gibt sie ja, die Jahre, in denen keiner der Feiertage auf ein Wochenende fällt und es hat noch niemand ernsthaft behauptet, dass dann die Wirtschaft in die Knie geht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Wirtschaft profitiert einseitig davon, wenn der Kalenderverlauf durch weniger Ausfall an Feiertagen für zusätzliche Wert-schöpfung günstig ist. Das man auf diesen zusätzlichen Gewinn nicht gern verzichten will, ist leicht zu verstehen. Es ist aber kein Grund, den Beschäftigten den Feiertagsausgleich weiter zu verweigern.

Die mit den Feiertagen verbundene Arbeitsruhe und zusätzliche Freizeit sollen nicht länger dem Kalenderverlauf ausgeliefert sein. Deshalb muss im Interesse der Beschäftigten gesetzlich geregelt werden, dass Feiertage an Wochenenden verlässlich nachgeholt werden können.“

 

Magdeburg, 19. Mai 2022