Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Andreas Höppner zu TOP 9: Enercon-Beschäftigte im Arbeitskampf nicht alleine lassen

Anrede

Enercon war bereits mehrfach Thema im Landtag von Sachsen-Anhalt und das leider immer wieder aufgrund negativer Umstände bzw. Vorkommnisse. Ich erinnere an der Stelle an die Debatte um die gezielte Bekämpfung bzw. Verhinderung von betrieblicher Mitbestimmung bzw. Entlassung von engagierten Betriebsräten bzw. Gewerkschaftern.

Insbesondere erinnere ich an den versuchten Rausschmiss des Betriebsrates Nils-Holger Böttger, der nur mithilfe des Arbeitsgerichts und viel Solidarität seinen Arbeitsplatz verteidigen konnte. Im August 2017 geriet Enercon auch wegen Sozialversicherungsbetrug ins Visier der Magdeburger Staatsanwaltschaft und jetzt steht Enercon wieder in den Negativschlagzeilen.

Das 1984 gegründete Unternehmen, das heute mit weltweit rund 14.000 Mitarbeitern international zu den fünf größten WEA-Produzenten zählt, will in Deutschland mehr als 830 Arbeitsplätze abbauen. Dies betrifft die Belegschaften der exklusiv für Enercon produzierenden Zuliefer- bzw. Tochterfirmen. Der Großteil der Jobs soll dabei in Niedersachsen wegfallen. Nach der Enercon-eigenen Rotorblattfertigung Magdeburg mit 140 Beschäftigten sollen jetzt auch beim Magdeburger Zulieferer WEC-Turmbau GmbH 132 Beschäftigte entlassen werden. Man geht aber davon aus, das es wohl nicht das Ende der Fahnenstange ist. Die IG Metall befürchtet sogar, das es um bis zu 2000 Arbeitsplätze in Deutschland geht, die direkt oder auch indirekt gefährdet sind. Enercon will sich nach eigener Auskunft stärker auf internationale Märkte ausrichten. Nachdem der deutsche Markt scheinbar weitgehend abgegrast und die Subventionen abgegriffen sind, heißt es also ab ins Ausland.

Bisher hat sich Enercon Gesprächen mit Beschäftigten, Gewerkschaften, Politik usw. komplett verweigert aber als man wieder Fördermittel abgreifen konnte, war man zur Stelle und zeigte sich gern mit dem Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Enak Ferlemann (CDU), in Aurich. Dies aber auch nur, weil er einen Fördermittelbescheid in Höhe von rund 430.000 Euro überreichte.

Enercon verweigert sich bis jetzt selbst über den Stellenabbau zu verhandeln bzw. überhaupt erstmal zu reden. Laut Aussagen in den Medien fühle sich Enercon weder für die Kündigungen noch für Abfindungen oder einen Sozialplan zuständig.

Ich finde mit dieser Einstellung verhöhnt Enercon alle Beschäftigte die letztendlich das Unternehmen mit aufgebaut und getragen haben. Eine riesen Schweinerei ist das, meine Damen und Herren und so etwas ärgert mich immer wieder maßlos wenn man sich mit Trickserei und Verantwortungslosigkeit aus der Affäre ziehen will.

Die Kolleginnen und Kollegen setzen trotz alledem, trotz allem Druck weiter auf den Dialog. Sie wollen über Alternativen reden, über eine Neuausrichtung der Standorte, ja selbst über Kurzarbeit, Weiterqualifizierungen oder auch die Versetzung der betroffenen Mitarbeiter an andere Standorte.

Der Windkraftanlagenbauer hat eine verzweigte Struktur von Tochterfirmen und Zulieferern aufgebaut, mit der die Belegschaften letztendlich ausgetrickst werden. In einer Sendung „Panorama 3“ kritisierte der Arbeitsrechtler Hajo Köhler, das dies eine gezielte Strategie ist.

Die Firmenstruktur sorge etwa dafür, dass bei Entlassungen der finanzschwache und meist finanziell von Enercon voll abhängige Zulieferer zuständig sei und nicht der wirtschaftlich stärkere Konzern Enercon. Die Folge ist, dass eventuelle Abfindungen mangels geringerer Masse deutlich niedriger ausfallen und somit z.B. Interessensausgleichs- bzw. Sozialplanverhandlungen weitestgehend ins Leere laufen würden.

Ich sage es einmal ganz deutlich: Mit sozialer Marktwirtschaft hat das wenig bis gar nichts zu tun. Denn wäre es so, würde man die volle Verantwortung für seine Beschäftigten übernehmen und sie nicht so schamlos abservieren wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Enercon. Aus eigener Erfahrung weiß ich was für ein großer Druck gerade auf Euch lastet. Meine Fraktion und ich stehen deshalb geschlossen hinter allen Beschäftigten von Enercon an allen Standorten und in allen Betrieben.

Meine Fraktion hat das Thema auf die Tagesordnung gesetzt, weil es einerseits hochaktuell ist und andererseits seitens der Landesregierung leider nichts zur Thematik zu hören war. Irgendwie hat man hier den Eindruck, man duckt sich gezielt weg und lässt die Beschäftigten sowie Betriebsräte und Gewerkschafter einfach mal im Regen stehen.

Meine Damen und Herren. Ich sage es einmal deutlich in Richtung Landesregierung. Kommen sie endlich hinter ihren schicken und bequemen Schreibtischen hervor und verlassen sie ihre schönen, weichen Bürosessel. Die Arbeitswelt in Sachsen-Anhalt erfordert endlich ein Eingreifen ihrerseits, denn Zustände wie bei Enercon sind in Sachsen-Anhalt leider keine Einzelfälle. Darüber haben wir hier im Landtag schon oft genug debattiert. Bewegen sie sich endlich einmal und verlassen sie ihre Komfortzone. Die Beschäftigten haben es verdient, das man sich um sie kümmert und nicht vergisst.

Meine Damen und Herren. Die Arbeit der Zukunft und die Energiewende können wir nur gemeinsam gestalten. Das gilt insbesondere für eine neu ausgerichtete Energiepolitik. Und es geht dabei um den Abschied von endlichen und naturschädlichen fossilen Brennstoffen. Wirtschaftliche Entwicklungen dieser Größenordnung können wir nie und nimmer den unberechenbaren Marktentwicklungen überlassen. Um den Klimawandel zu bekämpfen, um die Unternehmen ökologisch umzurüsten, dafür bedarf es einer Politik, die im Interesse der Öffentlichkeit die Zukunft gestaltet. Gerade die erneuerbaren Energien sind für unsere Regionen aus beschäftigungs- und industriepolitischer Sicht eine große Chance. Wir haben bereits mehrfach z.B. beim EEG deutlich gemacht, wie wichtig langfristig verlässliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen und die Beschäftigten in der Windenergiebranche sind. Nur dann wird investiert. Nur dann wird diese Industrie zum Jobmotor und schafft bzw. hält viele Arbeitsplätze.

Die Linke setzt sich für eine leistungsstarke erneuerbare Energie-Industrie ein, in der faire Arbeitsbedingungen und Gute Arbeit herrschen. Die Energiewende kann nur mit und nicht gegen die Beschäftigten gelingen. Unternehmen haben nicht nur ökologische, sondern auch soziale Verantwortung. Dazu gehört auch die Beteiligung und Mitbestimmung der Beschäftigten. Gute Arbeit und betriebliche Mitbestimmung der Beschäftigten müssen selbstverständliche Voraussetzungen in der Windindustrie werden. Enercon profitierte und profitiert immer noch von der Energiewende, die einen großen Markt für Windenergie geschaffen hat. Dieser Markt wird auch durch die Stromumlage und damit durch die Steuern der Bürgerinnen und Bürger mitfinanziert. Auch deshalb darf man von Enercon eine besondere Verantwortung für das Gemeinwohl einfordern. Anerkennung verdienen vor allem die Enercon - Beschäftigten, die diese Erfolge miterarbeitet und erwirtschaftet haben.

Technische und ökologische Innovation sowie wirtschaftlicher Erfolg verbunden MIT sozialer Verantwortung – das sind Grundpfeiler für ein zukünftig erfolgreiches Unternehmensmodell. Enercon muss dies in der Neuausrichtung des Unternehmens stärker in den Fokus setzen.

Deshalb fordern wir keine Entlassungen, sondern Investitionen in die Neuausrichtung des Unternehmens auch aus dem Vermögen der Eigentümer: Eigentum verpflichtet und soll dem Wohle der Allgemeinheit diesen. Mitbestimmung der Beschäftigten ist ebenfalls ein Grundpfeiler für wirtschaftlichen Erfolg und bei der Neuausrichtung des Unternehmens. Sie ist der Grundpfeiler für die Beteiligung der Menschen, für nachhaltige Innovation und für die Stabilität in unserer Gesellschaft.

Nun könnte und sollte die Geschäftsleitung zeigen, was Führung heißt, wenn es darum geht, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialer Verantwortung und Innovation zu verbinden. Gleichzeitig fordere ich Enercon auf, in den Dialog einzutreten, anstatt auf Abgrenzung und Verantwortungslosigkeit zu setzen.