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Andreas Höppner zu TOP 28: Gesunde Ernährung von Kita- und Schulkindern und regionale Versorgung fördern

Anrede,

Man stelle sich vor, mit schlechtem Schulessen ist Schluss und allen Kindern in Kita und Schule schmeckt es.

Man stelle sich vor, alle Kinder- und Jugendliche nehmen an der Schulspeisung teil und das Essen wird auch noch direkt vor Ort in der eigenen Schulküche gekocht.

Man stelle sich auch vor, das Essen kann in ansprechenden Räumlichkeiten in Kita und Schule ohne Hektik eingenommen werden.

Leider sieht die Realität in Sachsen-Anhalt etwas anders aus.Kita- und Schulverpflegung ist in Sachsen-Anhalt in vielerlei Hinsicht mangelhaft.

Die Qualität erfüllt ernährungsgesundheitliche Anforderungen nicht. Die Mahlzeiten sind zu fett, zu süß, enthalten zu wenig frisches Obst und frisches Gemüse, es fehlt an Vitaminen und Ballaststoffen, und es fehlt am Geschmack. Es fehlt an Geld, es fehlt an Fachleuten und geeigneten Räumen. Am Ende sind die Mahlzeiten zerkocht, von langen Steh- und Transportzeitenzeiten fade und sogar mit Krankheitskeimen belastet. Nach einer Studie meidet jede/jeder zweite Schüler an Ganztagsschulen die Kantine. Nur also rund die Hälfte der Schülerinnen und Schüler in Ganztageseinrichtungen gehen überhaupt zum Essen.

Erfreulich ist, dass fast alle Schulen irgendeine Mittagsversorgung anbieten aber weniger erfreulich ist der Rückgang der Nutzung und nur 2 Prozent der Schulen in Sachsen-Anhalt bewirtschaften die Mittagsversorgung noch selber. Ebenso wurde in verschiedene Studien festgestellt, dass z.B. Warmhaltezeiten zu einem Großteil mehr als 3 Stunden, bei 12 Prozent sogar über 4 Stunden und mehr als 70 Prozent der Schulen überschritten die zulässige Höchstwarmhaltezeit von Gemüse und Kurzgebratenen. Auch bei den Speiseplänen gab es erhebliche Mängel. Es fehlte an Vielfalt, an vegetarischen Auswahlmöglichkeiten, Ersatzangebote für Schweinefleisch, grundsätzlich an Gemüse. Dafür gab es zu viele süße oder stark gesüßte Gerichte.

In Sachen Gemeinschaftsverpflegung hat sich zwar in den letzten Jahren einiges getan. Qualitätsstandards und Ausschreibungen sind jedoch nach wie vor uneinheitlich und nicht zufriedenstellend. In 62% wird die Ausschreibung sogar ohne Schüler- oder Elternvertreter organisiert.

Die Anbieter von Schul- und Kitaessen müssen mit knapp kalkulierten Kosten wirtschaften. Auch die Träger, Schulen und Kitas müssen investieren, um eine gute Verpflegung möglich zu machen. Hohe Anforderungen an Lebensmittelhygiene, Qualität und Abwechslung müssen erfüllt werden. Auch besondere gesundheitliche und kulturelle Anforderungen wollen berücksichtigt sein.

Was zeichnet nun eine gute Kita- und Schulverpflegung überhaupt aus:

1. Zu aller erst muss es schmecken. Dazu gehört, dass wir die Kinder und die Jugendlichen beteiligen; denn nur, wenn wir sie fragen, was sie mögen, besteht die Option, dass die Kinder und Jugendlichen das auch essen. Wenn Kinder beim Essen mitreden und mitmachen dürfen, erhöht das die Akzeptanz fürs Mittagsangebot. Die Gerichte und Portionsgrößen sollten grundsätzlich altersgerecht sein und den Wünschen der Kinder und Jugendlichen entsprechen

2. Es muss frisch gekocht werden; denn nichts ist schlimmer als Essen, das seit Stunden warm gehalten in der Gegend herumsteht oder herumfährt. Das würden wir Erwachsene nicht zu uns nehmen wollen, und die Kinder wissen auch, was gut und schlecht ist. Also wird es nicht gegessen. Das muss geändert werden. Es muss verstärkt frisch und vor Ort gekocht werden.

Meine Damen und Herren, diese Gesellschaft hat sehr viel davon, wenn die Kinder anständig versorgt werden. Ich möchte nur daran erinnern, wie viel Geld die Krankenkassen in die Hand nehmen müssen, um ernährungsbedingte Krankheiten zu behandeln.

Es gibt aber noch eine weitere Baustelle. Selbst bei Schulneubauten oder auch Komplettsanierungen wird oft eine Küche nicht ausreichend berücksichtigt. Auch wird nicht immer sichergestellt, dass alle Kinder am Essen teilnehmen können.

Gutes Kita- und Schulessen sollte heute eine Selbstverständlichkeit sein. Familien sind darauf angewiesen, auch weil das Zusammenleben stark von der Arbeitswelt der Eltern geprägt ist. Die Eltern sind oft an ihrer Leistungsgrenze. Die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt im Hinblick auf Flexibilität und Mobilität, weite Wege zum Arbeitsplatz, gerade bei uns im Pendlerland Sachsen-Anhalt, und ständige Verfügbarkeit lassen es nicht zu, dass die Eltern kochen und um eins das Mittagessen auf dem Tisch steht. Außerdem verbringen Kinder immer mehr Zeit des Tages in Schule oder Kindergarten. Auch häufiger Nachmittagsunterricht führt zu längeren Schultagen. Immer mehr Kinder besuchen eine Ganztagseinrichtung. Das beeinflusst schon früh das Essverhalten vieler Kinder. Eine gute Schulküche bildet aber leider die Ausnahme.

Eine Versorgung vor Ort erreicht alle Kinder gleichermaßen und trägt dazu bei, dass sie gesund aufwachsen und ihre Bildungschancen nutzen können.

Für eine selbstbestimmte Ernährung der Kinder und Jugendlichen muss eine vielfältige, abwechslungsreiche und frische Verpflegung auch kulturellen und religiösen Bedürfnissen Rechnung tragen. Das Thema Ernährung soll und kann z.B. durch das gemeinsame Zubereiten von Mahlzeiten in Lernküchen fest in den Lernalltag einbezogen werden. Dazu gehören auch Informationen über die regionale, saisonale und ökologische Erzeugung.

Die Zubereitung der Mahlzeiten soll möglichst durch eigene oder schulnahe Küchen erfolgen. Die fachliche Qualifizierung und eine tarifliche Bezahlung des Personals müssen natürlich sichergestellt werden. Zudem soll das Land zur Unterstützung aller Beteiligter, also hauptsächlich Kommunen und Schulträger, ein Programm zur Beratung, Einrichtung, Unterhaltung und den Aus- und Neubau von Schulküchen, also von Eigenversorgungseinrichtungen auflegen. Für den Umbau von eventuell vorhandener Altküchen sollten ebenfalls geeignete Investitionsmöglichkeiten bereitgestellt werden.

In Sachen Schul- und Kita-Verpflegung vor Ort ist Sachsen-Anhalt leider ein Entwicklungsland. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Ernährung und Lernerfolg unbestritten. Aus diesem Grund sollte schon bei der Planung einer Schule oder Kita die Küche bzw. Kantine und im Lernalltag die Verpflegung in den Mittelpunkt gerückt werden. Dass so etwas geht, zeigt z.B. die Grundschule Riestedt bei Sangerhausen. Dort wird Essen in hauseigener Küche für etwa 200 Kindergarten- und Schulkinder selbst gekocht. Alles frisch aus dem Schulgarten und aus der Region.

Auch sollte Schulverpflegung fester Bestandteil des Unterrichtstages sein. Die Kinder und Jugendlichen planen gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern sowie mit den Eltern ein vielfältiges Angebot und abwechslungsreiche Menüs - Bio und möglichst aus regional erzeugten Produkten. Das wird von allen gerne angenommen.

Die Umsetzung muss aber gemeinsam mit Land, den Kommunen bzw. den Schulträgern, den Lehrerinnen und Lehrern, den Schülerinnen und Schülern und den Eltern erfolgen.

Ernährung ist übrigens kein Thema für den Frontalunterricht. Schülerinnen und Schüler sollen selbst kochen, einkaufen und vielleicht auch in einem Schulgarten Obst und Gemüse selbst anbauen und ernten.

Schul- und Kita-Verpflegung soll möglichst mit Erzeugnissen aus der Region frisch vor Ort zubereitet werden. Das Essen soll abwechslungsreich, ohne Geschmacksverstärker, Aromen und andere Zusatzstoffe sein.

Auch in die Gestaltung der Schulkantine sollten Schülerinnen und Schüler aktiv mit einbezogen werden.

Um es noch einmal deutlich zu machen: Das gemeinsame Mittagessen direkt in der Schule schafft Erfahrungswerte und unterstützt eine gute Ernährungsweise und führt zum Lernerfolg bei allen Kindern.

Studien zeigen, dass eine nährstoffreiche Verpflegung inklusive gesunder Getränke die Leistungsfähigkeit der Kinder nachhaltig fördert. Viele bei der Einschulung normalgewichtige Kinder nehmen in der Grundschulzeit an Gewicht zu. Empirische Daten zeigen jedoch, dass z.B. kostenlose Wasserspender in Schulen das Übergewicht bereits nach einem Jahr deutlich sinken lassen.

Auch zeigte das EU-Schulobst- und EU-Schulmilchprogramm positive Wirkungen und eine erhöhte Akzeptanz sowie Beliebtheit von Obst, Gemüse und Milch bei den Kindern. Deshalb begrüßen wir auch die Zusammenlegung und effektivere Weiterführung des EU-Programms mit dem Ziel, mehr ausgewogene Ernährung bei Kindern und Jugendliche zu erreichen. Ebenso halten wir es für den richtigen Weg, dass das Programm erweitert wurde und jetzt auch Beihilfen für begleitende pädagogische Maßnahmen z.B. die Vermittlung von Kenntnissen über gesunde Ernährung unterstützt werden.

Ich denke auch das Einigkeit darüber herrscht, dass das Wissen für aus ernährungsphysiologischer Sicht wertvoller Schulverpflegung vorhanden ist, in der Praxis aber eine ausgewogene Schulverpflegung oft nicht geleistet werden kann.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen auch, welche Folgen eine Fehlernährung mit Fastfood bei Kindern haben kann. Deshalb gehören ein gutes Mittagessen und eine vernünftige Pausenverpflegung, für alle Kinder zum guten Lernen im Schulalltag dazu.

Alle Kinder und Jugendliche brauchen eine Chance, um gesund aufzuwachsen.

Um Bildung wahrnehmen zu können, braucht man eine vernünftige Verpflegung über den Tag hinweg. Wir hier im Landtag können dazu beitragen, Bildungsunterschiede abzubauen und allen Kindern eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen. Darum ist gute Schulverpflegung vor Ort eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Land hat die Verantwortung sich um die Beratung, Finanzierung und Förderung zu kümmern.