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Andreas Höppner zu TOP 19: Weniger Bürokratie für Sachsen-Anhalt – Wirtschaft und Bürger entlasten

Ja, auch wir sind für Bürokratieabbau und für vereinfachte Regelungen. Aber gerade der Antrag der Koalition zeigt, wie schnell man sich in Sachen Bürokratieabbau doch auch verzetteln kann. Ihr Antrag ist ein schöner bunter aber auch durcheinandergewürfelter Blumenstrauß von Wünschen und Vorstellungen, bei dem für jeden etwas und wenig Konkretes dabei ist.

Regeln und Normen erleichtern den gesellschaftlichen Umgang, machen staatliche Entscheidungen in allen Bereichen zuverlässig und transparent – vom Schutz der Umwelt bis zur Gleichbehandlung. Bürokratieabbau selber muss aber auch mit Augenmaß und unter Berücksichtigung aller Fakten erfolgen. Man muss übrigens auch mal klarstellen, dass staatlich vorgegebenen Regelungen natürlich auch schützenswerten Zielen dienen und in der Tat finden sich im Antrag der Koalition ein paar Punkte die Bürokratieabbau in kleinen Schritten ermöglichen. Aber es gibt natürlich auch Fragen und aus unserer Sicht ein Menge Problemstellen.

Die Punkte Verwaltungsmodernisierung, Bürgerfreundlichkeit und den Bürokratieabbau für zivilgesellschaftliche Träger teilen wir ausdrücklich. Allerdings lehnen wir die Vorstöße der CDU ab, vor allem wenn sie in Richtung Aufweichung von Dokumentationspflichten beim Mindestlohngesetz gehen (siehe Wahlprogramm der CDU, S. 10 zum Thema Bürokratieabbau:   „Wir wollen Bürokratie abbauen, wo immer dies ohne rechtliche Unsicherheit möglich ist. Dies gilt beispielhaft auch für die Dokumentationspflichten im Rahmen des gesetzlichen Mindestlohns. Wir wollen klare Regelungen zur Auftraggeberhaftung, damit die Unternehmen Rechtssicherheit erhalten.“). Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde immer das Mantra vor sich hergetragen, keine Standards für Unternehmen zu erhöhen. Unter anderem gab es einen Antrag zu einem Moratorium für Standards. Es bleibt aber immer wieder offen, was damit eigentlich gemeint ist. Im Antrag selber heißt es unter anderem, „Bestehende und neue europäische Standards, Gesetze, Verordnungen sowie Rechtsvorschriften grundsätzlich nur 1:1 umsetzen“.

Damit würde man die Landesregierung auffordern, jeglichen Ermessensspielraum zu Gunsten z.B. vom Verbraucherschutz oder strukturellen, regionalen Besonderheiten, bei der Umsetzung von Bundesgesetzen oder Europäischen Richtlinien zu unterlassen. EU-Verordnungen müssen übrigens ohnehin 1:1 umgesetzt werden. Damit könnten wir die Landesregierung bzw. den Landtag auch gleich vollständig abschaffen, wenn wir nur noch Bundes- und Europarecht 1:1 umsetzen sollen.
Dieser Prüfauftrag legt allerdings auch nahe, dass das Vergabegesetz von der Koalition auf keinem Fall verbessert werden soll, sondern die eh schon sehr vagen sozialen und ökologischen Kriterien, die dort vorhanden sind, wieder abgeschafft werden sollen. Es legt auch nahe, dass es bestimmt kein Tariftreuegesetz mit dieser Koalition geben wird und auch keine Verbesserung der Wirtschaftsförderung zu Gunsten von Tarifbindung, Guter Arbeit und Innovation. Dabei haben sie sich das doch im Koalitionsvertrag groß auf die Fahne geschrieben.
Alles in allem bedeutet es, Stillstand und Ideen- und scheinbar auch Hilflosigkeit.
Dabei hätte es die Landesregierung doch längst handeln und den Bürokratieabbau vorantreiben können. Man hat aber eher das Gefühl, unterhält man sich mit Fördermittelempfängern von EU-Maßnahmen oder auch zivilgesellschaftlichen Trägern in Sachsen-Anhalt, dass die Bürokratie noch zugenommen hat.

Die CDU will sich hier wieder mal als Macher für die Wirtschaft etablieren, die SPD will dem nicht nachstehen und die GRÜNEN sehen zumindest das große Ganze, dass das Problem Bürokratie nicht nur die Wirtschaft im Lande trifft.

Wir halten, wie in dem Antrag gefordert, eine Evaluierung der Antragsverfahren in allen Bereichen, nicht nur der Wirtschaftsförderung für sinnvoll. Auch feste und transparente Fristen und die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen und Antragsverfahren sind zielführend. Allerdings fordern wir auch von der Verwaltung, Hemmnisse und unnötige bürokratische Verfahren zu benennen bzw. diese zu ermitteln und das Ganze bitte ohne externe Gutachter.

Aber das sind alles keine neuen Sachen. Opt-in, Opt-out soll nun die große Erleichterung werden? Da bleibe ich skeptisch. Es muss ja dennoch in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Richtlinie oder ein Gesetz veraltet ist und ersetzt oder gar außer Kraft gesetzt werden kann. Das Problem wird eher sein, das Personal in den Ministerien für diese Aufgabe abzustellen. Und da sind wir wieder bei der Krux, dass ausreichend Personal es erst gar nicht zu langen Antragsbescheidungsfristen kommen lassen würde.

Auch den Übergang vom Antrags- zum reinen Anzeigeverfahren sehen wir, nun ja eher verhalten. Hier gilt es immer den Nutzen der Allgemeinheit mit dem Aufwand des Antragsstellers abzuwägen. Verbraucherschutz und Kontrollmechanismen, die vor Betrug usw. schützen, sollten nicht geschwächt werden. Es fällt schwer das so auszusprechen, aber gerade in Sachsen-Anhalt, vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Monate aber auch mehrerer Parlamentarischer Untersuchungsausschüsse in den letzten Jahren, sollten wir vorsichtig sein, welche Verfahren wir hier vereinfachen und welche lieber nicht.

Letztendlich würden wir es begrüßen, wenn wir über die Einzelpunkte in den jeweiligen Ausschüssen (Recht, Verfassung und Gleichstellung, sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung (federführend) weiterdiskutieren. Sollte der Antrag aber jetzt gleich zur Abstimmung kommen, beantragen wir hiermit die Einzelabstimmung der genannten Punkte des Antrages.