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Andreas Höppner zu TOP 18: Wegwerfverbot für Lebensmittel

Einer Studie aus dem Jahre 2013 der Universität Stuttgart zufolge landen jährlich rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Andere sprechen hier sogar von mehr als 20 Millionen Tonnen. Sie haben einen Wert von über 25 Milliarden Euro. Pro Jahr wirft jeder Deutsche 82 Kilogramm Essen weg. Mehr als die Hälfte davon stammt von Privathaushalten, erhebliche Mengen auch aus der Gastronomie und der Lebensmittelindustrie. Der Handel schlägt dabei mit einem Anteil von etwa 5 Prozent an der Gesamtmenge weggeworfener Lebensmittel zu Buche.

Die Gründe, warum noch genießbare Lebensmittel entsorgt und damit verschwendet werden, sind vielschichtig. Es liegt an den Verpackungsgrößen, die nicht den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen. Aber auch weil Verpackungen beschädigt oder das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, sie nicht mehr den Normen entsprechen oder z.B. Gemüse und Obst in Zeiten geringer Nachfrage reif werden. Die Bundesregierung konzentriert sich leider nur sehr einseitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher.  

Aber gerade der Handel setzt die Produzenten und Erzeuger unter Druck, zu ganz besonders billigen Preisen zu produzieren und Lebensmittel als zu groß, zu klein oder zu krumm sofort weg zu werfen. Die Supermärkte schmeißen selbst relevante Mengen weg, immer bemüht, makellose Früchte im Regal zu haben. Zudem meine ich, dass Handelsnomen insgesamt auf den Prüfstand gehören. Auch das ist Aufgabe der Politik. Hier geht es um die Abschaffung bestehenden Vermarktungsnormen. Es kann nicht sein, dass wir noch mehr Normen schaffen, die Bürokratie ausweiten und dann am Ende auch noch wertvolle Lebensmittel vom Markt fernhalten!

Bei den jährlich ca. 11 Mio. Tonnen weggeworfenen Lebensmitteln wird es somit endlich Zeit, dass sich die Politik intensiver mit dem Thema befasst. Denn es sind nicht nur die Verbraucher schuld an dieser Misere, sondern auch die Hersteller. Es kann z.B. keiner erklären, warum seit Jahren die Industrie das Mindesthaltbarkeitsdatum senkt und die Abstände zwischen dem schlecht werden und dem tatsächlichen Verfall immer kürzer werden? Es ist auch ein Unding, das Backwaren immer zu 100% in jedem Supermarkt bis abends 20 Uhr vorrätig sein müssen, um letztendlich doch entsorgt zu werden.

Einerseits leiden weltweit fast eine Milliarden Menschen Hunger, andererseits verschwenden wir, in diesem reichen Land, unfassbare Mengen Lebensmittel. Wir entsorgen einen Großteil davon, noch bevor sie bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen.

Gleichzeitig klagen die Tafeln über rückläufige bzw. nicht ausreichende Lebensmittelspenden bei leider steigendem Zulauf. Wissen Sie, was Herr Imig, Vorsitzender der Tafel Havelberg zu meinem Kollegen Wulf Gallert gesagt hat? Dass wir in einem reichen Land wie Deutschland Tafeln überhaupt haben, ist eine Schande. Er hat Recht, der steigende Zulauf und die die bloße Existenz der Tafeln ist ein Skandal. Es zeigt, dass die Armut in unserem reichen Land weiter steigt.

An dieser Stelle möchte ich mich bei den vielen, vielen Helferinnen und Helfer für ihren unermüdlichen Einsatz und ihrer täglichen Arbeit für die Bedürftigen bedanken. Auch bedanken möchte ich mich bei denjenigen, die in anderer Form ihre Unterstützung den Tafeln und Wohlfahrtsorganisationen zugutekommen lassen. Sei es durch ihre Arbeitskraft, Kleinspenden, Geldspenden und Sachspenden. Ganz herzlichen Dank allen Engagierten.

Die Zahl der Tafelnutzer wächst schneller als die Menge der gespendeten Lebensmittel und die Tafeln sowie andere Wohlfahrtsverbände brauchen aufgrund dieser steigenden Tendenzen dringend unsere Hilfe und Unterstützung. Es gibt bereits viele Einzel -und Großhändler die ihre unverkauften Lebensmittel an Tafeln oder z.B. Suppenküchen spenden. Das ist vorbildlich und dankenswert. Die Zusammenarbeit sollte jedoch weiter ausgebaut werden und nicht auf Freiwilligkeit beruhen. Denn es gibt eben auch diejenigen, die nicht spenden und noch brauchbaren Lebensmittel in den Müll werfen.

Hier ist Politik gefragt, ein gesetzliches Wegwerfverbot von Lebensmitteln einzuführen und auch das Spendenmanagement zu verbessern.  In Frankreich hat man dieses Modell schon auf den Weg gebracht: Frankreichs Lebensmittelhändler dürfen seit 2015 keine Nahrungsmittel mehr wegwerfen oder unbrauchbar machen. Unverkaufte Ware muss gespendet, als Tiernahrung genutzt oder kompostiert werden. Großhändler sind verpflichtet, mit einer karitativen Organisation ein Abkommen für Lebensmittelspenden zu schließen. Dies bezieht sich hauptsächlich auf Supermärkte mit einer Fläche von über 400 Quadratmetern. Kleinere Geschäfte sind davon ausgenommen. Die Regierung in Frankreich hat also erkannt, dass für weniger Lebensmittelverschwendung politische Maßnahmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette notwendig sind.

Diese Vorgehensweise sollten wir auch in Deutschland beschließen. Die Verbraucherzentralen in Deutschland befürworten, dass Supermärkte unverbrauchte Lebensmittel nicht mehr wegwerfen dürfen und halten eine gesetzliche Regelung für sinnvoll und notwendig. Herr Imig, ich hatte ihn eingangs erwähnt, ist als Vorsitzender einer Tafel übrigens ausdrücklich ein Befürworter des französischen Modells.