100 Jahre sind genug – Verfassungsauftrag endlich wahrnehmen
Anlässlich des 100jährigen Jubiläums der Weimarer Reichsverfassung und der immer intensiver werdenden Diskussionen um die Staatskirchenleistungen erklärt der religionspolitische Sprecher Wulf Gallert:
„Am 11. August 1919 trat die Weimarer Reichsverfassung in Kraft. Der Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatskirchenleistungen ist jedoch nach 100 Jahren noch immer nicht umgesetzt. Das ist ein unhaltbarer Zustand.
Zweifellos besitzen die Kirchen in Sachsen-Anhalt eine hohe gesellschaftliche Bedeutung und sind existenzieller Bestandteil der demokratischen Zivilgesellschaft in Sachsen-Anhalt. Gerade deshalb aber ist die Trennung von Kirche und Staat ein wichtiges Prinzip, aus dem sich der inzwischen einhundertjährige Auftrag der Weimarer Reichsverfassung und des Grundgesetzes zur Ablösung der Kirchenstaatsleistungen ableitet. Grundlage für diese Zahlungen bilden die Verträge des Landes Sachsen-Anhalt mit der evangelischen und katholischen Kirche. Die existierenden Regelungen bewirken, dass in Sachsen-Anhalt die höchsten pro-Kopf-Zahlungen aus den Kirchenstaatsverträgen im gesamten Bundesgebiet geleistet werden.
Die Landtagsfraktion DIE LINKE wird zur nächsten Landtagssitzung im August beantragen, eine Kommission zur Ablösung der Staatskirchenleistungen zu bilden. Daran beteiligt werden sollen die Kirchen, der Landtag und die Landesregierung. Diese Kommission soll die Staatskirchenleistungen evaluieren und einen Vorschlag zur Ablösung erarbeiten.
Durch die in Sachsen-Anhalt vereinbarte Dynamisierung der Staatskirchenleistungen – indem diese an die Entlohnung von Bundesbeamten im höheren Dienst gebunden sind – steuert der Landeshaushalt auch auf eine zunehmend ungewisse Zukunft zu. Seit Abschluss der Kirchenverträge hat sich der Haushaltsanteil für die Staatskirchenleistungen fast verdoppelt. Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, wenn wir jetzt keine Lösung finden, den Verfassungsauftrag aus dem Jahr 1919 zu erfüllen.“
Magdeburg, 30. Juli 2019