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Wulf Gallert zu TOP 02: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für die Haushaltsjahre 2010 und 2011

Der vorliegende Doppelhaushalt für die Jahre 2010/2011 ist mit Ausnahme des Landesentwicklungsplanes das letzte größere Projekt dieser Koalition von CDU und SPD. Ich habe bei der Einbringung dieses Doppelhaushaltes darauf hingewiesen, dass dieser Haushalt vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen kein guter Haushalt sein kann. Diese Rahmenbedingungen haben sich während der Haushaltsberatungen nicht verbessert, sondern eher verschlechtert, und somit kann auch das Produkt nicht wesentlich besser geworden sein. Zwar ist es mit Ausnahme der Kommunalfinanzen in den meisten Aufgabenbereichen - wie schon im Haushaltsentwurf - gelungen, eine relativ stabile Finanzierung in diesen Zeiten der Krise seitens des Landes zu realisieren. Trotzdem müssen wir darauf hinweisen, dass die notwendige Vorsorge für gesellschaftliche Entwicklungen, wie z. B. im Bereich der Personalentwicklung im öffentlichen Dienst, in diesem Haushalt nicht verankert wurde. Es bricht also nichts zusammen, mit Ausnahme der Strukturen, an denen die Kommunen beteiligt sind. Andererseits aber reagiert der Haushalt auch nicht auf neue Fragestellungen und gesellschaftliche Entwicklungen. Neben diesen inhaltlichen Erwägungen stellt die Höhe der Nettoneuverschuldung in der politischen Debatte eines der zentralen Themen dar. Ich will hier nur kurz daran erinnern, dass zumindest aus den Reihen der CDU eine Reduzierung der für das Jahr 2010 vorgeschlagene Neuverschuldung in Höhe von rund 650 Mio. Euro angekündigt war. Wir als LINKE bezweifelten die Umsetzung dieser Zielstellung von vornherein und wir sollten damit Recht behalten. Heute reden wir über 740 Mio. Euro im Jahre 2010 und 540 Mio. Euro im Jahre 2011. Ich kann Sie noch an die verschiedensten Positionierungen - vor allem aus der CDU-Fraktion - zu unseren Vorschlägen erinnern, im Interesse der Kommunen die Nettoneuverschuldung zu erhöhen. Unverantwortliche Schuldenmacherei war da noch relativ zurückhaltend. Der Kollege Stahlknecht meinte vor kurzem hier im Landtag, einen Ausflug in die Gossensprache machen zu müssen, um unsere Position dazu zu charakterisieren. In diesem Zusammenhang fällt mir ein bemerkenswerter Satz unseres Ministerpräsidenten ein. Der sagte vor kurzem sinngemäß, der Finanzminister sei mehr an Adam Ries, als am politischen Gegner gescheitert. Werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihnen geht es heute ebenso. Während Sie zu Beginn der Einbringung des Haushaltes noch auf DIE LINKE und unsere angebliche Schuldenmacherei schimpfen konnten, müssen Sie nach dieser von Ihnen vorgeschlagenen deutlichen Erhöhung der Neuverschuldung jetzt Adam Ries zu Ihrem Gegner erklären. Ich prognostiziere Ihnen: Gegen den haben Sie keine Chance und das, obwohl er schon lange tot ist. Bevor ich mich mit den einzelnen Bereichen des Haushaltes auseinandersetzen will, schauen wir uns die offensichtlich politisch alternativlose Erhöhung der Neuverschuldung einmal genauer an. In Wahrheit ist sie nämlich deutlich höher als das, was hier aufgeschrieben ist, und das geben sogar die Vertreter derjenigen Fraktionen zu, die diesen Haushalt mehrheitsfähig machen. Da geht es um eine globale Minderausgabe, die bisher mit rund 200 Mio. Euro pro Jahr benannt worden ist, die aber deutlich höher liegt. Schauen wir uns die Dinge im Einzelnen an. Zum einen haben wir pro Jahr eine ohnehin schon global veranschlagte Minderausgabe von 120 Mio. Euro. Zusätzlich kommt eine globale Minderausgabe in Höhe von 21,5 Mio. Euro bzw. 32,5 Mio. Euro für das Personal dazu. Die Landesbetriebe bleiben auch nicht ungeschoren und erhalten eine globale Minderausgabe von 3 bzw. 5 Mio. Euro. Die 120 Mio. Euro Defizit aus dem Jahr 2009 werden zu 80 und 40 Mio. Euro auf die beiden HH-Jahre 2010 und 2011 verteilt. Den Wasserpfennig mit jährlichen Einnahmen in Höhe von 15 Mio. Euro hat man geopfert und will diesen Ausfall ebenfalls mit einer globalen Minderausgabe refinanzieren. Und vor den Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes mit Mindereinnahmen von jährlich 40 Mio. Euro schließt man kurz einmal die Augen und verständigt sich darauf, dass die zwar kommen werden, man sie aber ignoriert. Addiert man die entsprechenden Summen, kommt man im Jahr 2010 auf eine globale Minderausgabe von 280 Mio. Euro und im Jahre 2011 von über 250 Mio. Euro. Dies sind einmal 2,8 % und einmal 2,6 % des Haushaltes. Jeder von uns, der sich schon etwas länger mit Finanzpolitik beschäftigt hat, weiß, wie solche Summen zu bewerten sind. Üblicherweise geht man davon aus, dass bei einer verantwortungsvollen Haushalts-Umsetzung eine globale Minderausgabe von 1 % erfüllt werden kann. Alles, was darüber hinausgeht, kann nur mit rigiden Eingriffen in den vorliegenden Haushalt umgesetzt werden, oder diese Vorgabe wird durch die Landesregierung nicht umgesetzt. Dann aber wird dieser Landeshaushalt mit einem Defizit pro Jahr von etwa 150 Mio. Euro abschließen, die man im Interesse von Haushalts-Klarheit- und -Wahrheit eigentlich auf die Neuverschuldung drauflegen müsste. Ergo, entweder diese Haushalts-Ansätze, die wir heute beschließen, sind ernst gemeint, dann aber reden wir über eine Nettoneuverschuldung von knapp 900 Mio. Euro im Jahre 2010 und knapp 700 Mio. Euro im Jahre 2011. Oder aber, und das scheint der angedachte Weg der Koalition zu sein, man nimmt diesen Haushalt, den man hier heute beschließt, selbst nicht ernst und erhofft von der Landesregierung, dass sie in eigener Verantwortung die Haushalts-Ansätze so kürzt, dass das ganze Zahlenwerk wieder aufgeht. Das wiederum hat der Finanzminister bereits angekündigt, in dem er wahrscheinlich ab morgen eine Haushaltssperre verkündet, was die logische Konsequenz ist. Und diejenigen, die diesen Haushalt hier vertreten, nämlich die Fraktionen von CDU und SPD, geben auch noch offen zu, dass dieser Schritt unausweichlich ist. Liebe Kollegen von der Koalition, lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit sagen: Das hat wirklich eine neue Qualität. Noch vor der Verabschiedung des Haushaltes geben Sie zu, dass das, was hier heute beschlossen wird, eigentlich Makulatur ist. Dies ist wirklich ein Stück weit das bewusste Aufgeben der Haushalts-Kompetenz des Landtages, dies ist eine Bankrott-Erklärung für das eigene Agieren.<br Nun gebe ich gern zu, dass eine globale Minderausgabe in vergleichbarer Höhe schon einmal in diesem Land beschlossen wurde. Das war für den Haushalt 1996. Sie lag damals nominell noch ein bisschen höher, in der Realität aber vergleichbar, weil es damals noch keine budgetierten Haushalte gab und die Personalkosten noch keine Ist-Veranschlagung hatten. Damals sprach der Kollege Scharf seitens der CDU zu diesem Haushalt fast ausschließlich zum Fakt der globalen Minderausgabe. Ich könnte Ihnen jetzt einige Zitate aus seiner damaligen Rede vorlesen, die mit Sicherheit für viel Heiterkeit sorgen würden, vielleicht sogar in den eigenen Reihen. Aber ich will Ihnen das Vergnügen des Nachlesens seiner Rede von damals belassen und mich auf seine wesentlichen Aussagen konzentrieren, was jetzt passieren wird: 1. Radikales Absinken der Investitionsquote und des Planansatzes 2. rigide Personalpolitik mit Beförderungs- und Einstellungsstopps 3. Zuwendungsempfänger werden am meisten leiden. Sehr geehrter Herr Scharf, da haben Sie durchaus meinen Respekt. Sie haben die Folgen eines solchen Haushaltsbeschlusses schon vor 15 Jahren richtig beschrieben. Das wird in den nächsten beiden Jahren genauso passieren. Was darüber hinaus der Kollege Scharf zur Qualität des damaligen Finanzministers, des Kollegen Schäfer, im Zusammenhang mit diesem Haushalt sagte, will ich hier aus verschiedenen Gründen nicht wiederholen. Es könnte aber zumindest aktuell für den Kollegen Bullerjahn durchaus interessant sein. Es ist eben dieses erhebliche Risikopotenzial, das meine Eingangsthese der Stabilisierung öffentlicher Strukturen in den Zeiten der Krise durch diesen Landeshaushalt in Frage stellt. Hier wird heute ein Landeshaushalt beschlossen, von dem diejenigen, die ihn beschließen, wissen, dass er so gar nicht umgesetzt werden kann. Sie beschließen ihn trotzdem, weil Sie sich nicht trauen, den Menschen die Wahrheit zu sagen, dass man entweder substanzielle Streichungen vornehmen müsste, die den sozialen Zusammenhalt dieses Landes und seine Zukunftsfähigkeit gefährden, oder man müsste die Nettoneuverschuldung noch einmal erhöhen. Beides tun Sie nicht, und deshalb ist dieser vorliegende Haushalt ein wirkliches Kunstwerk, und zwar in der hohen Kunst des politischen Selbstbetruges. Und ich möchte Sie jetzt schon darauf hinweisen, dass wir es den Abgeordneten der Koalition nicht durchgehen lassen können, wenn sie heute diesen Haushalt beschließen und ab morgen an vorderster Front für die Aufhebung von Haushalts-Sperren in ihrem Wahlkreis kämpfen. Der zentrale Kritikpunkt unserer Fraktion bei der Einbringung dieses Haushaltes war die Kürzung der Kommunalfinanzen im Vergleich zum Auszahlungsbetrag 2009. Ich wiederhole hier noch mal, dass wir auch nach dem jetzt vorgelegten Papier unsere größten Sorgen in den nächsten beiden Jahren im kommunalen Bereich haben werden. Nach wie vor bleibt das Problem, dass zeitgleich die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen und die Landeszuweisungen deutlich zurückgehen. Und die Kommunen, anders als das Land, können dies zumindest offiziell nicht durch eine eigene Nettoneuverschuldung ausgleichen. Es bleibt die Ungerechtigkeit, dass wir den Kommunen mit diesem Haushalt den Weg der Stabilität in der Krise, den wir selbst gehen, verwehren. Unser Vorschlag war und bleibt, den Kommunen real das Geld aus dem Jahre 2009 weiter zukommen zu lassen. Und zwar unabhängig von der Frage der Systemumstellung. Dies machte eine Differenz von etwas mehr als 200 Mio. Euro zum Haushaltsplanentwurf aus. Natürlich haben auch wir bemerkt, dass die Koalition sich an dieser Stelle bewegen musste. Und natürlich sehen auch wir als Oppositionsführer es mit einer gewissen Genugtuung, wenn die Bewegung in dem Bereich, den wir bei der Einbringung zur zentralen Auseinandersetzung erklärt haben, derjenige ist, bei dem sich am meisten bewegt hat. Unterm Strich bekommen die Kommunen jetzt pro Jahr knapp 100 Mio. Euro mehr als im Planentwurf verankert. Diese setzen sich aus verschiedenen Quellen zusammen, wie z. B. direkte Zuweisungen aus dem Landeshaushalt, Streckungen der Rückzahlungen für das Jahr 2009 und Entnahmen aus dem Ausgleichstock. Trotz dieser Bewegung werden die nächsten beiden Haushaltsjahre - zumindest nach der bisherigen Planung - vor allem für Mittelzentren und größere Grundzentren dramatisch werden. Es besteht die Gefahr, dass öffentliche Daseinsvorsorge-Funktionen in diesen Bereichen massiv unter Druck geraten. Und ich sage auch hier an dieser Stelle, dass wir es den Koalitionspolitikern nicht durchgehen lassen werden, wenn sie dann vor Ort ihre Hände in Unschuld waschen.<br Lassen Sie mich bitte in diesem Zusammenhang noch auf eine weitere kritikwürdige Konstruktion dieses Doppelhaushaltes eingehen: Kritikwürdig ist hier vor allem, was darin nicht enthalten ist. Ich meine damit die Vor-Finanzierung von Finanzen für die Kommunen des Landes Sachsen-Anhalt durch die Investitionsbank. Dies trifft zum einen das Teilentschuldungsprogramm, das ja nach Aussage des Finanzministers bereits ab dem Jahr 2010 laufen soll. Finanzielle Belastungen werden allerdings im Haushalt erst über Verpflichtungsermächtigungen ab dem Jahr 2012 geplant. Wie hoch die in Wahrheit jetzt schon anfallenden Kosten sind, ist in diesem Haushalt nicht zu ersehen, müsste aber bei einer vernünftigen Veranschlagung eigentlich bereits für die beiden folgenden Haushaltsjahre eingestellt werden. Darüber hinaus will ich noch einmal unsere Position zu diesem Programm wiederholen. Es ist im Ansatz durchaus vernünftig, hat aber das Problem, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sein, einem Stein, der zeitgleich durch den Rückgang der Landeszuweisungen von unten noch einmal mächtig angeheizt wird. Insofern wäre es sinnvoller, die real benötigten Mittel für dieses Programm auf die allgemeinen Zuweisungen drauf zu legen. Noch kritikwürdiger ist jedoch eine zweite solche Aktion. Um die Zuweisungen an die Kommunen wenigstens etwas aufzustocken, sind in beiden Haushaltsjahren dem Ausgleichstock knapp 40 Mio. Euro entnommen worden. Nach Aussage des Innenministers im Innenausschuss kann er diesem Verfahren aber nur zustimmen, weil in diese Lücke die Investitionsbank hinein springt und sich bereit erklärt hat, Liquiditätshilfen an Kommunen zu zahlen. Das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen ist nur, dass solche Liquiditätshilfen in der Vergangenheit und auch in der Zukunft in hohem Maße in Bedarfszuweisungen umgewandelt werden müssen. Also, den Charakter verlorener Zuschüsse bekommen. Ich hoffe, dass niemand in diesem Raum glaubt, dass diese Lasten durch die Investitionsbank übernommen werden. Das müssen wir aus dem Landeshaushalt zahlen. Und deswegen gilt auch hier, dass die realen Belastungen heute nicht ersichtlich sind und den Landeshaushalt erst in der nächsten Legislaturperiode erreichen. In diesen beiden Fällen agiert die Investitionsbank als Schattenhaushalt. Eine Funktion, für die sie mit Sicherheit nicht gedacht war. Dies ist jedoch nicht das einzige Beispiel für kreative Haushaltsführung. Zeitweise gab es im Finanzausschuss massive Versuche, die vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen des Landes für die Zuführungen zum Altlastensanierungsfonds nicht zu erfüllen. Dies hätte Einnahmeverluste seitens des Bundes im dreistelligen Millionenbereich bedeuten können sowie eine langwierige juristische Auseinandersetzung mit dem Bund, aus der wir mit Sicherheit als Verlierer gegangen wären. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Vertretern meiner Fraktion im Ausschuss, dies verhindert zu haben. Neben dem Bereich der Kommunalfinanzen verdient insbesondere die Personalbewirtschaftung in diesem Haushalt unsere Aufmerksamkeit. Während faktisch alle anderen Kürzungsvorschläge aus dem Strategiepapier des Finanzministers vom Sommer letzten Jahres zum Teil schon vor der Einbringung des Landeshaushaltes zurückgeholt wurden, sind in diesem Bereich die Kürzungsvorschläge auch in diesem Landeshaushalt enthalten. Dies betrifft u.a. die Nachausbildungsoffensive der Landesregierung, die genauso wie die Ausbildungsplatzinitiative gestrichen wurde. Allein diese beiden Maßnahmen betreffen mindestens 400 junge Menschen, die jetzt das Land wahrscheinlich verlassen werden. Darüber hinaus wird der 2008 nicht genutzte Einstellungskorridor in Höhe von 100 Neueinstellungen zumindest laut Strategiepapier auf das Jahr 2012 verschoben. Neben diesen konkreten Fragen zur Personalentwicklung ist aber gerade in diesem Zusammenhang eine Menge in der gesellschaftlichen Debatte. Dies hat, wenn ich Zeitungsberichten trauen darf, nun auch die CDU-Fraktion erreicht, die die Zielzahlen aus dem Personalentwicklungskonzept der Landesregierung bei den Lehrern hinterfragt. Ich will hier mit aller Deutlichkeit sagen, dass wir diese Entwicklung begrüßen und sie durchaus auch als Ergebnis der Arbeit in der Enquetekommission Personalentwicklung bewerten. Aber es lohnt sich vielleicht, auch einmal den Blick über die Landesgrenze zu wagen. In den neuen Bundesländern wird das heilige Gebot des Personalabbaus insgesamt immer deutlicher in Frage gestellt. Dies betrifft Brandenburg, wo im Bereich des pädagogischen Personals kein Abbau und im Bereich der Polizei in der nächsten Legislaturperiode ein sehr geringfügiger Personalabbau geplant ist. Dass dort dann trotzdem innerhalb einer Legislaturperiode das Landespersonal insgesamt um 10 % gekürzt werden soll, obwohl in einer Hälfte des Landespersonals fast gar nichts passiert, dürfte bei allen, die sich mit der Materie etwas auskennen, nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Noch deutlicher wird diese Entwicklung in Thüringen. Dort plant man die Neueinstellung von 2.500 Lehrern in der laufenden Legislaturperiode, in dem Land also, das ohnehin schon das beste Schüler-Lehrer-Verhältnis hat. Diese Zahl wird dort übrigens als großer Erfolg der SPD in den Koalitionsverhandlungen gefeiert. Der Personalabbau bei der Polizei soll dort gänzlich gestoppt werden. In den beiden Ländern Brandenburg und Thüringen hat man sich darüber hinaus auf eine deutliche Erhöhung der Zahl der Erzieherinnen in den Kindertagesstätten geeinigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe inzwischen die Befürchtung, dass Sachsen-Anhalt hier eine Entwicklung verschläft. Das Tragische daran ist, dass die Fehler bei der Personalentwicklung nicht kurzzeitig behoben werden können. Gerade deshalb, weil andere Länder das heilige Gebot des Personalabbaus in Frage stellen, spitzt sich die Situation für Sachsen-Anhalt zu. Wahrscheinlich wird die entscheidende Frage in der nächsten Legislaturperiode nicht die nach der Höhe des Einstellungskorridors sein, sondern die Frage, ob überhaupt geeignete Bewerber in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Das Problem, vor dem wir stehen, ist, dass genau dieser Umstand in der Koalition noch nicht erkannt worden ist. Der Beschluss der CDU-Fraktion zur Anzahl der benötigten Lehrer an den allgemein bildenden Schulen in diesem Land kommt etwa zwei Jahre zu spät. Es besteht jedoch die Möglichkeit, diese Fehlentwicklung im gesamten öffentlichen Dienst zumindest teilweise zu korrigieren. Im Haushalt sind 413 bzw. 450 Neueinstellungen vorgesehen, zu denen kommen noch einmal die im Tarifvertrag verankerten zusätzlichen 48 Neueinstellungen pro Jahr hinzu. Wir haben heute den Antrag gestellt, die also eigentlich vorgesehenen 461 bzw. 498 Neueinstellungen auf 700 zu erhöhen. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wenn Sie den Qualitätsverlust an den Schulen in den nächsten Jahren durch das Absenken der Lehrerzahlen auf 13.000 wirklich verhindern wollen, dann müssen Sie jetzt unserem Antrag zustimmen. Er ist faktisch die letzte Möglichkeit, das Absinken der Qualität im Bereich der Bildung, der öffentlichen Sicherheit und der vielen anderen öffentlichen Aufgaben zumindest in Grenzen zu halten. Ansonsten beklagen Sie demnächst die Folgen Ihres eigenen politischen Handelns. Und dann kommt natürlich die Frage der Refinanzierung einer solchen Maßnahme, deren Kosten wir übrigens in unserem Änderungsantrag sehr hoch angesetzt haben. Und da kommen wir zu einem nächsten Punkt, der unsere massive Kritik am Verlauf der Haushaltsberatungen hervorruft: der Umgang mit dem von der Landesregierung vorgeschlagenen Wassercent. Ursprünglich sollten jährlich 15 Mio. Euro für die Nutzung der Ressource Wasser in die Landeskasse kommen. Eine Abgabe, die bereits in 11 von 16 Bundesländern erhoben wird, u. a. in unseren Nachbarländern. Ja, auch wir haben unsere Kritik am Vorhaben der Landesregierung, dies über eine Verordnung inhaltlich regeln zu wollen. Unser Vorschlag war, diese Abgabe in einem besonderen Gesetz zu regeln, in dessen Beratung man durchaus die eine oder andere Unwucht einer solchen Abgabe hätte klären können. Die Koalition, getrieben von der FDP, ist hier aber buchstäblich eingeknickt, hat also dem Druck nicht standgehalten, verzichtet auf diese Einnahmen und legt diesen Verlust einfach auf die globale Minderausgabe. Natürlich hatten auch wir die verschiedensten kritischen Anmerkungen und Gespräche dazu. Auf eins will ich hier etwas näher eingehen, Und zwar während eines Besuchs im Chemiepark Leuna. In der öffentlichen Präsentation wurde auf die massive Bedrohung dieses Chemiestandortes durch die Wasserabgabe hingewiesen. Eine Nachfrage meinerseits ergab bereits im Vorfeld meines dortigen Besuches, dass diese massive Bedrohung für alle dort ansässigen Firmen insgesamt eine Höhe von 1,8 Mio. Euro ausmachte, also 0,2 Promille des dortigen Umsatzes. Und das in einem Park, in dem die öffentliche Hand etwa 600 Mio. Euro allein für die Infrastruktur bereitgestellt hat. Daraufhin erklärt man mir dort, dass die Summe nicht das eigentliche Problem wäre, sondern die psychologische Wirkung dieser Abgabe. Man würde damit sozusagen den Eindruck erwecken, wirtschaftsfeindlich zu sein. Ich frage hier mal umgekehrt: Welchen Eindruck erweckt eigentlich das hoch verschuldete Land Sachsen-Anhalt, wenn es trotz massiver Wirtschaftsförderung als eines der wenigen Länder auf eine solche Abgabe verzichtet? Welchen Eindruck erwecken wir eigentlich bei den Ländern im Westen, die diese Abgabe erheben und denen gegenüber wir uns mit einem solchen generösen Verzicht darauf Wettbewerbsvorteile schaffen wollen? Ich mache mir vielmehr Gedanken über diese psychologischen Wirkungen unseres politischen Handelns. Es ist an dieser Stelle durchaus vergleichbar mit der Absenkung der Mehrwertsteuer zu Gunsten der Hotel-Lobby, was sich natürlich auch für einige bezahlt macht. Und ich höre dann schon wieder, wie insbesondere Kollegen von CDU und FDP über unseriöse Haushaltsvorstellungen der LINKEN lamentieren, mit denen man zusammen keine unbequemen Entscheidungen durchsetzen könne. Also die Parteien, die im Bund zeitgleich eine gigantische Neuverschuldung sowie Steuersenkungsgesetze zu Gunsten von Klientel-Interessen durchsetzen. Ich garantiere Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können dieses Lied durchaus weiter singen, aber es wird nicht nur bei uns ein mitleidiges Lächeln hervorrufen. Und es drängt sich die Frage auf, ob Sie denn überhaupt noch in der Lage sind, die Realitäten in diesem Land wahrzunehmen. Wenn ich aber am Anfang meiner Rede erklärt habe, dass das Land mit diesem Haushalt im Wesentlichen den Weg der Stabilität in der Krise einschlägt, immer mit Ausnahme der Bereiche, an denen Kommunen beteiligt sind, so will ich dies auch noch einmal an zwei ausgewählten Bereichen beleuchten. Zum einen die soziale Infrastruktur in unserem Land, die durch das Land finanziert wird. An der Stelle ist den Betroffenen deutlich geworden, dass man mit koordiniertem Widerstand eine Menge erreichen kann. Dies war und ist für die Betroffenen eine extrem wichtige Erfahrung. Vor allem deshalb, weil laut Sachsen-Anhalt-Monitor drei Viertel der Menschen der Meinung sind, dass sie keinerlei Chancen haben, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Die Ansätze in diesem Bereich scheinen ja wirklich ernst gemeint zu sein, denn der Finanzausschuss hat beschlossen, diese Ansätze von der Haushaltssperre auszunehmen. Wir erwarten nun, dass dieser politische Wille des Parlamentes von der Exekutive auch wirklich umgesetzt wird und nicht weitere Behinderungen auftreten. Eines der weiteren strittigen Themen war die Finanzierung der Hochschulen. Auch hier gab es auf Grund öffentlicher Proteste erhebliche Bewegungen im Landeshaushalt. Natürlich wissen wir, dass eine wirklich auskömmliche Finanzierung auch mit den jetzt vorgeschlagenen Zahlen in diesem Bereich nicht garantiert ist. Aber vor dem Hintergrund der gegebenen Rahmenbedingungen liegen auch unsere haushaltspolitischen Forderungen nur geringfügig über der Summe der dort eingestellten Haushaltstitel. Allerdings haben wir nach wie vor eine substanzielle Kritik: Die Sperrung von 5 % der Budgets nach bestimmten Leistungskriterien bringt die Hochschulen in eine unmögliche Situation. Das jetzt im Haushalt verankerte Geld benötigen die Hochschulen dringend zur Finanzierung ihrer Grundlast im Bereich der Personal- und Sachkosten. Vor diesem Hintergrund ist das Zurückhalten eines Teils dieser Gelder wie auch die Verwendung für die Exzellenz-Initiative schlechtweg falsch. Durch diese Unsicherheiten sind die Hochschulen nicht in der Lage, vernünftig zu planen und die Strukturen verlässlich auszugestalten, obwohl wir das Geld dafür eigentlich bereitstellen. Man kann durchaus über finanzielle Anreize zu Gunsten bestimmter Kriterien, die über die Zielvereinbarung hinausgehen, nachdenken, aber dann müsste man diese zusätzlich zur Grundausstattung finanzieren. Und wenn man das nicht kann, sollte man auf solche Spielchen verzichten. Ähnlich problematisch sehen wir die Finanzierung der zusätzlichen Ausbildung von Lehramts-Anwärtern. Dass diese unbedingt notwendig ist, habe ich bereits an anderer Stelle erläutert. Die perspektivische Finanzierung über Hochschul-Pakt-Mittel ist jedoch in höchstem Maße ungerecht, da diese Mittel genau dafür nicht gedacht sind und allen Hochschulen zur Verfügung stehen müssten. Dieses Problem ist aus unserer Sicht nach wie vor offen. Neben dem Antrag zur Personalentwicklung, der sich sehr wohl mit einer vernünftigen Wasserabgabe refinanzieren ließe, stellen wir einen zweiten Änderungsantrag, der sich mit dem Problem des Verkaufs von wertvollem Landeswald auseinandersetzt. Wir appellieren vor allem an die Kolleginnen und Kollegen der SPD, die noch vor kurzem behauptet haben, dass sie den Verkauf von Landeswald nie und nimmer zulassen würden. Natürlich trat auch bei uns die Frage auf, ob es in diesem Haushalt Einsparungspotenziale gibt. Auf jeden Fall gab es eine Menge Umschichtungspotenzial, das haben alle mitbekommen. Und an manchen Stellen teile ich durchaus den Eindruck, den die FDP vermittelt, dass einige Haushaltsansätze der angespannten Finanzlage nicht angemessen sind. Auch ich habe den Eindruck, dass man hier und da der Meinung war, nun käme es auch nicht mehr so darauf an. Da bekommt die IMG schnell noch mal 300.000 Euro dafür, dass der Image-Film des Landes Sachsen-Anhalt im Lokalfernsehen gezeigt wird. Klar macht man sich da Freunde seitens der Koalition. Aber ist das in einer solchen Situation wirklich notwendig? In unserer schönen Landeshauptstadt erleben wir nun, dass ein völlig neues Mittelalterzentrum mit einem ausgesprochen dünnen konzeptionellen Unterbau in die institutionelle Förderung des Landes aufgenommen wird, während andere Einrichtungen um ihr Überleben bangen. Die gleiche Frage stellt sich bei einem Prestige-Projekt dieser Landesregierung, dem Landesrechenzentrum. Ein inhaltliches Konzept gibt es zwar nicht, aber schon mal 80 Mio. Euro im Baransatz, mehr, als man bisher dafür ausgegeben hat und eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 261 Mio. Euro kommt gleich hinterher. Wer weiß, wie die politischen Verhältnisse in der nächsten Legislaturperiode aussehen, da bringt man seine Lieblingskinder schnell mal ins Trockene. Eines will ich allerdings auch noch mit aller Deutlichkeit sagen: Den Verlust an Steuereinnahmen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz durch Einsparung bei solchen Titeln zu refinanzieren, wie die FDP meint, ist natürlich Quatsch. Steuersenkungen dürften überhaupt erst dann eine Rolle spielen, wenn dieses Land vollständig auf eine Neuverschuldung verzichten kann. Alles andere sind Taschenspieler-Tricks, die nun wirklich leicht durchschaubar sind. Abschließend gilt es für mich, diesen Haushalt zu bewerten. Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dieser Haushalt macht nicht den Fehler, krampfhaft der Krise hinterher zu sparen. Er versucht, den Weg der Stabilität in der Krise zu fahren. Aber er hat folgende entscheidende Fehler: 1. Er verbaut den Kommunen, den gleichen Weg zu gehen und gefährdet deshalb die öffentliche Daseinsvorsorge, vor allem in den Mittel- und Grundzentren unseres Landes. 2. Dieser Haushalt ist unehrlich, weil auch diejenigen, die ihn beschließen wollen, wissen, dass er so, wie er hier steht, niemals umsetzbar ist und weil die Investitionsbank als Schattenhaushalt benutzt wird. 3. Er verpasst, die richtigen Signale im Bereich der Personalentwicklung zu setzen. Damit droht das Land Sachsen-Anhalt eine eigentlich als notwendig erkannte Entwicklung zu verschlafen. Diese drei Gründe veranlassen uns dazu, diesen Landeshaushalt abzulehnen. Das vorletzte große Projekt dieser Koalition wird heute hier mit Mehrheit beschlossen werden. Ja, es hätte schlimmer kommen können, aber wirkliche Impulse in diesen Zeiten der Krise gehen nicht von ihm aus. Deshalb hoffen wir, dass es der letzte Doppelhaushalt einer CDU-SPD-Koalition in diesem Land ist.