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TOP 20: Zukunft des Familienrechts

Die Fraktion DIE LINKE unterstützt die Intention des FDP Antrages. Gerade vor dem Hintergrund der momentanen Diskussion um einen besseren Schutz von Kindern vor Verwahrlosung und Misshandlung ist es erforderlich, dass wir prüfen, welche tatsächlichen und rechtlichen Schutzmechanismen existieren bereits und wo bestehen Lücken, die es möglicherweise zu schließen gilt. Wir benötigen gerade bei diesem Thema einen seriösen und nicht plakativen Umgang, ohne uns jedoch der Wahrheit zu verschließen, dass wir nicht jeden Fall von Kindesmisshandlung verhindern werden können.

Kinder sind im Gegensatz zu Erwachsenen objektiv schutzbedürftig. Für diesen Schutz müssen natürlich zuallererst ihre Eltern Sorge tragen. Die Gesellschaft kann und muss jedoch hierfür auch entsprechende Rahmenbedingungen setzen, muss sich aber gegenüber den Eltern nachrangig verhalten. Und ich halte die Gewichtung hinsichtlich der Autonomie der Familie für gut und richtig.

Wenn jedoch Eltern dieser originären Verantwortung nicht oder nicht ausreichend gerecht werden, muss die Gesellschaft eingreifen, denn Kinder können sich eben nicht alleine helfen. Die Frage ist jedoch, wann und wie sollte dies geschehen.

Die Einführung des Paragraphen 8a im SGB VIII stellt dabei eine Handlungsvoraussetzung dar, ist aber eben auch nur ein Mosaikstein im gesamten Gefüge - und mit begrenzten Möglichkeiten.

Ein weiterer Mosaikstein können die Änderungen im Familienrecht sein. Entscheidend ist dabei die Frage, wann ist der Moment eingetreten, der einen Eingriff in die Autonomie einer Familie rechtfertigt. Dies umso mehr bei einem gerichtlichen und damit sehr intensiven Eingriff. Dabei kommen die verschiedenen Institutionen sicherlich zu verschiedenen Entscheidungen.

Und die interessierte Öffentlichkeit ist dabei zuweilen auch nicht sehr hilfreich. Und genau deshalb müssen die jeweiligen Perspektiven und die jeweiligen Möglichkeiten und Kapazitäten genau geprüft werden. Es geht vorliegend also nicht nur um eine scheinbar einfache Änderung im Familienrecht. Vielmehr müssen sämtliche Institutionen unter die Lupe genommen werden. Denn ein isoliertes gerichtliches Handeln hilft dem Kind und der Familie nicht. Es bedarf der Zusammenarbeit aller Unterstützungsstellen, wie z.B. Jugendamt, Schule, Kita, Hebamme. Dabei muss die Zielrichtung aller die Stärkung von Familien unter Wahrung des Kindeswohles sein.

Und dabei eröffnet die freiwillige Gerichtsbarkeit, in der wir uns bei Familienverfahren befinden, eben auch Möglichkeiten, die wir in der sonstigen Gerichtsbarkeit so nicht haben.

Problematisch ist jedoch zu benennen, dass die so genannten Unterstützungsstellen aufgrund finanzieller Zwänge auch nur begrenzte Möglichkeiten haben. Das sind zum einen die Anzahl der Personalstellen, aber zum anderen auch die Kompetenzen des vorhandenen Personals. Es kann eben nicht sein, dass MitarbeiterInnen des Jugendamtes lediglich als gesetzliches Übel vor einem gerichtlichen Verfahren einbezogen werden, aber zuweilen keine tatsächliche Hilfe für Familien darstellen.

Die Gründe dafür sind sicher vielschichtig, müssen aber zwingend untersucht werden!

Es steht jedoch fest: Könnte an dieser Stelle anders gearbeitet werden, könnten gerichtliche Verfahren zum Teil verhindert werden.

Und es ist muss der Personal- und Zeitmangel bei den Familiengerichten benannt werden. Für ein familiengerichtliches Verfahren stehen in Sachsen-Anhalt im Schnitt 240 Minuten zur Verfügung. Nun klingen vier Stunden vielleicht für den ein oder anderen von Ihnen gar nicht so wenig.

Wenn Sie jedoch schon mal bei einem solchen Verfahren dabei waren oder in anderer Weise davon Kenntnis genommen haben, wissen Sie, dass eine mündliche Verhandlung beim Familiengericht ganz schnell mal zwei, drei Stunden dauern kann.

Und meist bleibt es nicht bei einer Verhandlung.

Und da kommt noch die Zeit der Aktenlektüre, häufig der Gutachtenlektüre und der jeweiligen Bewertung dazu. Kurz gesagt in Richtung Justizministerium: die Zeit ist arg knapp berechnet! Da besteht dringender Änderungsbedarf!

Ein wenig problematisch sehe ich in der auf Bundesebene beschlossenen Fortbildungspflicht der FamilienrichterInnen vor dem Hintergrund der richterlichen Unabhängigkeit. Die dahinter stehende Intention ist sicher sachgerecht.

Verfahren vor dem Familiengericht sind von einem anderen Klima geprägt, als andere Gerichtsverfahren. Der Umgang mit den Parteien erfordert eine besondere Professionalität in pädagogischer und psychologischer Hinsicht.

Allerdings können Sie davon ausgehen, dass FamilienricherInnen diese Problematik sehr wohl bewusst ist und bei ihnen ein eigenes Bedürfnis diesbezüglich besteht.

Aber auch darüber können wir in den Ausschüssen reden. Der Rechtsausschuss sollte dafür geeignet sein.

Insgesamt denke ich, dass auch dieser Antrag im Rahmen der Kinderschutzdebatte behandelt werden muss. Meine Fraktion wird diesbezüglich in den entsprechenden Ausschüssen eine Anhörung beantragen. Wir brauchen eine ehrliche Debatte an deren Ende auch konkrete Vorschläge für einen sinnvollen und Ziel führenden Kinderschutz stehen.