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TOP 18: Wettbewerbsfähige Landwirtschaft in Europa durch gemeinsame Agrarpolitik

Beihilfen und Direktzahlungen aus der EU-Kasse sind für die Landwirte in der gesamten europäischen Union ein unerlässlicher Beitrag zur Sicherung ihrer Existenz.

Stabilität und Zuverlässigkeit dieser Zahlungen haben also für die Landwirte in  Europa existenzielle Bedeutung.

Diese Zahlungen wurden im Jahr 2005 einer grundlegenden Reform unterzogen und völlig von Produktion und Anbau bestimmter Kulturen abgekoppelt. Die Landwirte erhalten die Zahlungen für die Einhaltung hoher Sozial-, Umwelt- und Tierschutzstandards und für die Erhaltung der Kulturlandschaft.

Die Einhaltung von Standards, besonders aber der Erhalt der Kulturlandschaft sind Leistungen, die für die Gesellschaft erbracht werden und für die es auch eine große stetig wachsende Nachfrage gibt. Doch anders als in anderen Bereichen der Gesellschaft hat diese hohe Nachfrage den Bereich der Landwirtschaft betreffend in der Vergangenheit nie zu einer auskömmlichen Preisgestaltung geführt. Hier Abhilfe zu schaffen, das war u.a. ein Anliegen EU-Agrarreform mit dem gesamten Paket von Entkoppelung, Cross Compliance und Modulation.  Was die Landwirte auf ihren Äckern und in den Ställen produzieren, soll der Markt entscheiden.

Mit dem Gesundheits-Check will die Europäische Kommission die 2003/2004 beschlossene grundlegende Reform der Europäischen Agrarpolitik auf ihre korrekte Umsetzung hin überprüfen. Dieses Bestreben der Kommission steht seit 2007 im Mittelpunkt der agrarpolitischen Diskussionen und hat für nicht wenig Aufregung in den Agrarunternehmen bei den Interessenvertretungen und auch unter uns Agrarpolitikerinnen und Agrarpolitikern gesorgt.

Am 20. November hat  die Europäische Kommission den entsprechenden Entwurf dazu vorgelegt. Der offiziellen Sprache nach geht es um eine „Vereinfachung und weitere Modernisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik“.

Wir unterstützen die Interessenvertretung der Landwirte (Bauernverband) dahingehend, dass dem Health Check zugestimmt werden kann, wenn er darauf abzielt, die äußerst komplizierte und sehr bürokratische 2003 begonnene Reform der Agrarpolitik weiter zu vereinfachen und für die Landwirte erträglicher zu gestalten.

Der EU-Kommission ist auch zuzustimmen in dem Bestreben, die Reformelemente stärker zu harmonisieren und nationale Handlungsspielräume zurückzuführen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsländern zu vermeiden. Der Gesundheitscheck darf aber nicht schon wieder Grundlage für eine Richtungsänderung der EU-Agrarpolitik sein.

So lehnen auch wir die vorgeschlagene Erhöhung der Modulation (von derzeit 5 % soll die Modulation bis zum Jahr 2013 auf 13 % der Direktzahlungen angehoben werden) und ebenso die Degression der einzelbetrieblichen Direktzahlungen entschieden ab.

Beides führt zu einer Belastung Landwirte (erste Säule) und fördert keineswegs eine wettbewerbsorientierte Landwirtschaft und eine zukunftsorientierte Entwicklung im ländlichen Raum.  In ihren einzelbetrieblichen Planungen und Entscheidungen haben sich die Landwirte über alle Betriebstypen, Betriebsformen und Betriebsgrößen hinweg auf die politischen Beschlüsse, die bis 2013 terminiert sind, eingestellt. Die finanziellen Koordinaten jetzt schon wieder zu ändern, wie die EU-Kommission dies mit zusätzlicher Modulation und Degression anstrebt, würden Existenzen und Arbeitplätze in teilweise ohnehin strukturschwachen ländlichen Regionen gefährden.

Das Besondere besteht auch gerade darin, dass  dies nicht nur ein  Generalangriff auf die erste Säule der Agrarpolitik ist, sondern dass dies vor allem einem Schlag ins Gesicht gerade der ostdeutschen Bauern gleichkommt.

Zur Degression der Direktzahlungen ist nämlich vorgesehen, allen Agrarbetrieben, die bisher zwischen 100.000 und 200.000 € Direktzahlungen erhielten 10 Prozent,  bei denen, die über 200.000 €  erhielten 25 %

und bei denen, die bisher über 300.000 € erhielten 45 % der Direktzahlungen zu streichen.

Die ostdeutschen Landwirte würden davon den Mammutanteil wegtragen müssen, weil die Streichung von 45 %  vor allem die Agrarstrukturen im Osten Deutschlands treffen. Es wird eingeschätzt, das so 50 % der Kürzungen innerhalb der EU allein von den Unternehmen der neuen Bundesländer zu tragen wären.

Zur Frage der Milchquote sowie der Flächenstilllegung.

Einigkeit besteht darüber, dass das Instrument der Flächenstilllegung einfach nicht mehr tragbar ist (wenn es dies überhaupt schon einmal war). Jetzt angesichts des „Ressourcennotstandes“ in der Landwirtschaft (wenn ich das 'mal so ausdrücken darf) ist Flächenstilllegung schon fast kriminell.

Der vom Agrarrat und der EU-Kommission beschlossene Ausstieg aus der Milchquote im Jahr 2015 muss nach unserer Meinung zwingend und rechtzeitig mit flankierenden Maßnahmen für benachteiligte Gebiete begleitet werden.

Auch bei Cross Compliance, der Bindung von EU-Zahlungen an die Einhaltung von EU-Standards, können wir die Erwartungen des  DBV, dass weitere konkrete Schritte zur Vereinfachung und zum Bürokratieabbau einzuführen wären, durchaus unterstützen.

Wichtig für die Landwirte ist, dass sie sich darauf verlassen können, dass sie bis 2013 den ohnehin schwierigen Weg der Anpassung an die Reformbeschlüsse auf solider fiskalpolitischer Basis gehen können.

In diesem Sinne halten wir es für problematisch – wie ich schon sagte -, eine „Halbzeitbewertung“ immer schon a priori mit der Ankündigung totaler Veränderungen zu verbinden.

Wenig Sinn macht es darum auch, mit diesem Health Check schon von vorn herein eine neue Grundlage für die finanzielle Vorausschau der EU nach 2013 legen zu wollen.

Vor einer erneuten Reformdebatte sollte deshalb erst einmal eine einheitliche Ausgangsbasis in der EU geschaffen werden, wie es der DBV fordert. Für die Zeit nach 2013 gelte es, vor dem Hintergrund der dann vorherrschenden Markt- und Strukturverhältnisse eine Neujustierung der EU-Agrarpolitik in Angriff zu nehmen.

Dies schließe dann auch eine Neubewertung des Etats nicht aus.

An dieser Stelle muss ich jetzt auch etwas zur Finanzierung des „Galileo“ Satellitensystems sagen.

Ich finde es mit der Sicht auf Brüssel geradezu frech, für dieses Vorhaben einfach so 1,6 Mrd. Euro aus dem EU-Agrarbudget zu nehmen. Dreist ist es auch, dann zu sagen, die Mittel, die sonst für Direktzahlungen zur Verfügung ständen, wären nicht abgeflossen.

In der Landwirtschaft gilt die Redewendung, das nach 7 mageren Jahren wieder 7 fette Jahre folgen. Darauf müsse sich der Bauer einstellen, müsse also rechtzeitig Rücklagen bilden usw.

Dies ist uns insbesondere auch immer entgegengehalten worden, wenn es zum Beispiel um das Projekt der Mehrgefahrenversicherung ging oder wenn wir für sonstige Unterstützungen für die Bauern in Notlagen stritten.

Wer aber meint wegen der gestiegenen Agrarpreise (also wegen des Jetzt gerade fetten Jahre) könnte die Landwirtschaft diesen Entzug von 1,6 Mrd. verkraften, lässt eben nicht zu, dass sich die Landwirte auf die kommenden 7 mageren Jahre vorbereiten können.

Und ich sage Ihnen, vor dem Hintergrund von Klimawandel und sonstigen Globalisierungsprozessen – die mageren Jahre werden kommen. Mir kann doch gerade unter der allgegenwärtigen Finanznot niemand erzählen, dass das Geld in der Landwirtschaft „nicht gebraucht wurde“. Auch habe ich meine Bedenken bezüglich der Versicherung des Europäischen Parlaments und der Kommission sowie Befürworterstaaten, dass diese Revision des 7-Jahres-Budgets eine Ausnahme bleiben werde.

Die Bundesrepublik Deutschland hat ja wenigstens noch den Anschein eines Widerstandes erweckt. Das musste ich an dieser Stelle einfach noch gesagt haben.