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TOP 17: Klärung der Ansprüche auf Zahlung einer Verwendungszulage

Zwischen Weihnachten und Neujahr, kurz nach Verabschiedung des Haushaltes, erreichte uns über die Presse die Meldung: Das Land schuldet den Beamten 75 Millionen Euro.

Nun muss man nicht jede Meldung aus der Presse zum Anlass nehmen, daraus eine parlamentarische Debatte zu machen. Aber die Berechnungen stammen aus dem Finanzministerium selbst und da finden wir es schon wichtig, näher zu klären, was die näheren Hintergründe dafür sind, wie wir über das gerichtliche Verfahren hinaus die Sachlage beurteilen und welche Konsequenzen wir daraus ziehen.

Ich gebe zu, mir ist das bisher nicht vollständig gelungen, deshalb bitte ich schon jetzt beide Anträge in die Ausschüsse Inneres und Finanzen zu überweisen, um nicht Gefahr zu laufen, dass unser Punkt zwei des Antrages von vornherein beerdigt wird.

Lassen Sie mich jetzt in ein paar Punkten darstellen, wie wir die Zusammenhänge derzeit sehen.

1. Bis zur Föderalismusreform war das Besoldungsrecht Bundesrecht. Im § 46 des Bundesbesoldungsgesetzes wurde geregelt, dass ein Beamter, dem Aufgaben eines höheren Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden und er die Aufgabe ununterbrochen mehr als 18 Monate wahrnimmt, ein so genannter Verwendungszuschlag gezahlt wird. Voraussetzung dafür ist, dass die laufbahn- und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen dafür bestehen. Gezahlt werden soll die Differenz Grundgehalt seiner Besoldungsgruppe zu der des Grundgehaltes des von ihm ausgeübten höheren Amtes. (im aktuellen, von der Presse geschilderten Fall monatlich 200 Euro)

Wie es vor der Föderalismusreform üblich war, haben wir in unserem Landesbesoldungsgesetz diese Regelung übernommen.

2. Nach der Föderalismusreform war unser erster Einstieg in Dienstrechtsänderungen das „Gesetz zur Änderung landesbesoldungs- und versorgungsrechtlicher Vorschriften.“ Ich bringe nur einmal in Erinnerung, dass dieses Gesetz so ein Transrapid-Gesetz unseres Landtages war: in der einen Sitzung rein in den Landtag, in der nächsten wieder raus aus dem Landtag. Jedenfalls blieben die §§ 45 und hier in Rede stehender § 46 auf der Strecke, Sie wurden ersatzlos gestrichen.

Ich habe in den Protokollen noch einmal nachgelesen, wir haben mehrmals nachgefragt, wie sich das genauer verhält, richtig geklärt haben wir das im Sommer 2006 jedenfalls nicht. Der Beamtenbund hatte in seiner Stellungnahme eine Ausweitung des Regelungsinhaltes gefordert, die kommunalen Spitzenverbände eine Bestandschutzklausel, die kurzzeitig auch Eingang fand. Dann wurde mit dem Verweis darauf, dass ein Beamter seinem Dienstherren dienen sollte, dort wo er benötigt wird, die §§ 45 und 46 komplett gestrichen.

So wie sich die Sachlage derzeit für mich darstellt,( deshalb ist in unserem Antrag Punkt 1 auch Bezug auf unser Gesetz und nicht schlechthin auf das Bundesgesetz,) geht es um den Zeitraum 2004 (3 Jahre Verjährungsfrist) bis zur Streichung des Paragrafen im Sommer 2006. Und so wie das m. E. im Ausschuss zum Ausdruck kam, haben wir diesen Verwendungszuschlag niemandem gezahlt. Zum damaligen Zeitpunkt liefen aber schon gerichtliche Auseinandersetzungen, vereinzelt lagen auch schon Entscheidungen vor. (Halleurteil 2005) damals und auch jetzt wieder aktuell wird von der Landesregierung beklagt, dass in Sachsen-Anhalt, wie sonst in der ganzen Bundesrepublik nirgendwo hinsichtlich der Verwendungszulage anderes Recht gesprochen wird.

Auch deshalb will das Land nicht zahlen und noch abwarten. Aus unserer derzeitigen Sicht ist das Urteil aber rechtskräftig. Wir sind sehr gespannt auf die Argumentation der Landesregierung.

3. Was haben die Gerichte in Sachsen-Anhalt anders beurteilt? Im Kern haben Sie die Auffassung der Kläger geteilt, dass nach einer 18- monatigen Karenzzeit dem oder der Beamten die Verwendungszulage auch zusteht, wenn er oder sie den höheren Dienstposten auf Dauer und nicht nur vorübergehend ausübt. Das kann man beklagen, es ist aber allemal logisch. Und es wurde entschieden, dass mit haushaltsrechtliche Voraussetzungen, die vorliegen müssen, nicht Haushaltsdefizite gemeint sind.

4. Laut Zeitungsberichten geht unser Finanzministerium von ca. 5500  betroffenen Bediensteten aus. Bei etwas über 23 000 Beamten wäre das ca. ein Viertel der Beamtenschaft, bei denen alle Voraussetzungen zur Zahlung des Verwendungszuschlages vorliegen. Ich habe mich mit einer Juristin des Beamtenbundes kurz konsultiert. Diese Zahl wird einfach für sehr, sehr unwahrscheinlich eingeschätzt. Egal ob so hoch oder wesentlich darunter: Welches Ursachengeflecht steckt dahinter? Natürlich der Beförderungsstau, eine zu geringe Ausbringung von Planstellen. Welche Ursachen noch? Die detailliertere Klärung dieser Frage meinen wir mit „Hintergründe“. Welche Bereiche trifft das hauptsächlich, welche Besoldungsgruppen? Wie lange bekleiden diese im Durchschnitt ohne Zuschlag diesen Posten?

5. Wenn wir diese Frage geklärt haben, fällt es sicher auch leichter, abzuwägen, wie wir bei künftigen Dienstrechtsänderungen und Haushaltsberatungen mit diesem Fakt umgehen. Welche, für beide Seiten- für das Land und die Bediensteten - tragbare Lösung kann gefunden werden. Da ist das Beförderungskonzept gefragt, da sind leistungsorientierte Besoldungsbestandteile aktuell wieder in die Diskussion zu bringen und sicher noch einiges andere mehr. Was den Haushalt betrifft, so haben wir da noch etwas Zeit. Dienstrechtsänderungsankündigungen stehen aber nach Ankündigung des Finanzministers nicht mehr lange aus, deshalb Punkt 2 unseres Antrags.

Um es deutlich zu sagen, unsere Position lautet: Wer mehr Verantwortung trägt, soll dafür auch honoriert werden, nicht nur im Tarifbereich, sondern auch bei den Beamten. Dafür müssen wir eine Lösung finden, das gebietet uns nicht zuletzt ein wettbewerbsfähiges Dienstecht auf Dauer. Da reicht uns nicht, wenn die Landesregierung über den Stand zum Dienstrecht in der Enquetekommission berichtet. Die zuständigen Ausschüsse sind Innen und Finanzen, sie sollten ihre Verantwortung auch wahrnehmen. Die Enquetekommission darf jetzt nicht zum Feigenblatt von Beratungs- oder Entscheidungsdefiziten der zuständigen Ausschüsse werden.