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TOP 11: Einführung des neuen kommunalen Haushaltsrechts in kommunalen Zweckverbänden

Mit der Verabschiedung des Gesetzes über ein Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen wurden besonders die Regelungen nach dem Eigenbetriebsrecht aufgehoben. Gleiches war jedoch für die Zweckverbände nicht explizit geregelt. Da die Zweckverbände nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung entsprechend dem Handelsgesetzbuch arbeiten, führt eine Rückführung zum Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen zu einer Verschlechterung der bisherigen Praxis.

Ein Wahlrecht zwischen Neuem Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen oder kaufmännischer Buchführung, wie andere Länder z. B. Niedersachsen ermöglichten, wurde in Sachsen-Anhalt ausgeschlossen.

Nach unseren Erkenntnissen hat die beabsichtigte gesetzliche Umstellung folgende Sachverhalte zur Folge:

Anpassung bzw. Neuerwerb von Software mit den damit verbundenen Umschulungserfordernissen (dies zumindest hatte die Landesregierung eingeräumt),

Änderung der Abschreibungszeiträume, d. h. es werden i.d.R. wesentlich kürzere Abschreibungszeiträume und damit höhere Abschreibungssätze zu veranschlagen sein. Dies führt zu einer Gebührenerhöhung, da Abschreibungen Bestandteil der Gebührenbemessung sind.

Die ausgesonderte nicht mehr nutzbare Software müsste gesondert abgeschrieben werden. Da dies nicht gebührenfähig ist, wären diese Kosten per Umlage durch die Mitgliedsgemeinden aufgefangen werden.

Für den Bereich Trinkwasser als Betrieb gewerblicher Art sind gesonderte Steuerbilanzen zu erstellen, so dass zusätzlicher Aufwand für die Erstellung von Abschlüssen auf der Grundlage des Handelsgesetzbuches entsteht.

Länderübergreifendes Benchmarking und Benchmarking mit privatrechtlich organisierten Verbänden ist nicht mehr möglich.

Diese Wirkungen waren bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes nicht bedacht bzw. abgewogen worden. Es wurden lediglich die in der Literatur und in pilothaft geführten Einzelkommunen zugänglichen Einsparungen als Begründung für die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik geltend gemacht. Eine Einzelbewertung auf die Zweckverbände bzw. Eigenbetriebe bezogen, erfolgte nicht. Dem zu folge soll die Landesregierung diese Auswirkungen im Rahmen einer Unterrichtung darstellen.

Nun einige beispielhafte Aussagen zu Mehraufwendungen bei der Anpassung der Software:

WAZ „Huy-Fallstein“ rd. 200.000 €

WV Stendal-Osterburg rd. 270.000 €

AV Holtemme rd. 120.000 €

TAZV Blankenburg und Umgebung rd. 150.000 € - allein in diesem Verband führt die Umstellung bzw. Erweiterung des Software zu einer Erhöhung bei Schmutzwasser von 0,03 €/qm und bei Trinkwasser von 0,07 €/qm.

Bei der Problematik Abschreibungen:

bei EDV-Software von Afa TAZV 10 Jahre auf Afa NKHR 3-5 Jahre

bei Bauten auf eigenen Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten von Afa TAZV 50 Jahren auf Afa NKHR 30-40 Jahre,

bei Kanälen von Afa TAZV 70 Jahre auf Afa NKHR 30-40 Jahre sowie

bei Trinkwassernetzen von Afa TAZV 70 Jahre auf Afa NKHR 20-40 bzw. 30-50 Jahre.

Allein im TAZV ergeben sich bei Berücksichtigung der Afa Kanäle und Trinkwassernetze daraus Gebührenerhöhungen bei Schmutzwasser um 0,32 €/qm und bei Trinkwasser 0,08 €/qm. Insgesamt ergeben sich somit Gebührenerhöhungen aus der Afa und der Softwareanpassung im Schmutzwasser von 0,45 €/qm und bei Trinkwasser 0,15 €/qm.

Nun zu steuerrechtlichen Problemen bei Buchführungsvorgängen in der Sparte Trinkwasser.

Die Trinkwasserversorgung stellt gem. § 4 Abs. 3 des Körperschaftssteuergesetzes einen so genannten Betrieb gewerblicher Art dar. Alle Zweckverbände, die für die Trinkwasserversorgung zuständig sind, betreiben demnach einen Betrieb gewerblicher Art und unterliegen, entgegengesetzt der öffentlichen Gebietskörperschaften, unter anderem der Gewerbe- und Körperschaftssteuerpflicht.

Grundlage für die Besteuerung ist eine Steuerbilanz, die nach steuerrechtlichen Vorgaben zu erstellen ist, also einer Bilanz auf der Grundlage handelrechtlicher Regelungen. Steuerbilanzen sind gesondert nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuch zu erstellen.

Der vorliegende Konten- und Produktplan des NKHR ist jedoch nicht geeignet, die erforderlichen Bilanzen erstellen zu können, daher müssen die Aufgabenträge zusätzlich Konten und weitere Posten in das Gliederungsschema Doppik einfügen um die bisherige Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB abbilden zu können.

Dieses steuerrechtliche Problem wurde bislang keiner Bedeutung beigemessen. Um u. a. die gesetzlich steuerlich festgelegten Meldepflichten gem. dem Umsatzsteuergesetz gerecht zu werden, ist eine Kontenerweiterung der Doppik mit den notwendigen Steuerkonten unausweichlich. Dies hier an dieser Stelle nur eine Facette der Steuerproblematik.

Nun zur Problematik Benchmarking am Beispiel Zweckverband Ostharz.

Der Zweckverband beteiligt sich seit 2001 an verschiedenen Benchmarking-Projekten mit insgesamt 16 Unternehmen der Wasserver- und Abwasserentsorgung verschiedenster Organisationsformen aus 6 Bundesländern. Darauf aufbauend wurde ein Kennzahlennetz erstellt, das automatisch generiert wird und das die Grundlage der Unternehmensführung und der damit verbundenen Entscheidungen bildet.

Die Einführung der kommunalen Doppik mittels NKHR verhindert diese Benchmarking-Projekte. Es sind keine Vergleiche mehr mit Unternehmen aus anderen Bundesländern bzw. mit Unternehmen in anderer Organisationsform möglich. Diese Tatsache steht im Widerspruch zu Forderungen des Umweltministeriums, zukünftig nur Fördermittel auszureichen, wenn eine Beteiligung am Benchmarking vorliegt.

Ich denke, die aufgezeigten Problemfelder haben den Handlungsdruck auf den Gesetzgeber verdeutlicht, hier eine entsprechende Anpassungsregelung zu treffen. Daher beantragt die Fraktion DIE LINKE die bereits erwähnte Unterrichtung, da wir nicht in der Lage waren und sind, auf Grund fehlender Informationen die Auswirkungen auf alle Zweckverbände des Landes Sachsen-Anhalt darstellen zu können.

Im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung, aber auch im Bereich der Abfallverbände sind durch eine Nichtbeachtung Gebührenerhöhungen nicht auszuschließen, die vermieden werden könnten. Es mutet schon fast abenteuerlich an, wenn auf der einen Seite das Land bemüht ist, kosten- und gebührendämpfend Einfluss auf die Zweckverbände zu nehmen und andererseits durch gesetzliche Regelungen diese Bemühungen konterkariert werden.