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Thomas Lippmann zu TOP 17: Schulsozialarbeit für alle Schulen - jetzt dauerhaft und kontinuierlich gewährleisten

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

sicher müssen wir heute nicht mehr so intensiv darüber reden, wie Schulsozialarbeit wirkt und uns gegenseitig versichern, warum sie in unseren Schulen so dringend gebraucht wird. Denn das haben wir in den vergangenen Jahren im Plenum und in den zuständigen Fachausschüssen schon vielfach und zumindest teilweise auch einvernehmlich getan.

Und spätestens nach den ganzen Diskussionen über die Folgen der Corona-Maßnahmen in den Schulen und über die zunehmenden Belastungen durch den ausufernden Lehrkräftemangel, sollte inzwischen wirklich allen klar geworden sein, dass es ohne ein breites und dauerhaftes Angebot an Schulsozialarbeit keine Chance gibt, den wachsenden Entwicklungsproblemen von immer mehr Kindern und Jugendlichen wirksam zu begegnen. Wir geben eine ganze Generation auf, wenn wir ihnen weiterhin die notwendige Unterstützung auf dem Weg durch ihre Schulzeit verweigern.

Deshalb soll und muss es heute darum gehen, wie wir endlich diesen Kreislauf beenden, bei dem durch politische Entscheidungen immer wieder mit dem Hintern eingerissen wird, was in den Schulen durch die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mit dem Kopf und den Händen aufgebaut wurde. Und es muss uns darum gehen, den unnötigen bürokratischen Aufwand für die Berichte auf das wirklich erforderliche Maß zu reduzieren, damit wieder mehr Zeit für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen bleibt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

aktuell stehen wir gerade wieder vor einem neuen Auswahlverfahren, bei dem einmal mehr erhebliche Kollateralschäden zu erwarten sind, die unbedingt vermieden werden müssen. Nach nur zwei Jahren werden die Projektauswahlkriterien erneut geändert, was wieder zu erheblichen Änderungen und damit auch zu Verlusten beim Einsatz führen wird.

Diese ständigen Wechsel, die Unsicherheiten und prekären Arbeitsverhältnisse sind Gift für die Schulsozialarbeit. Die unterstützenden Wirkungen durch die Schulsozialarbeit können nur auf der Grundlage von Vertrauen und in gefestigten Strukturen entstehen. Dafür sind vor allem Kontinuität und Verlässlichkeit unabdingbare Voraussetzungen. Diese müssen jetzt endlich geschaffen werden, sonst werden die bisher erreichten Erfolge immer wieder infrage gestellt und das Geld wird am Ende letztlich zum Fenster rausgeworfen.

Der erste Teil unseres Antrages enthält deshalb klare Anforderungen an das bevorstehende Auswahlverfahren. Hier formulieren wir Voraussetzungen, um beim Übergang zum Schuljahr 2024/25 die Reibungsverluste so weit wie möglich zu vermeiden. Wahrscheinlich ist, dass sie keine Beachtung finden und wir wieder sehen werden, dass das Tuch viel zu klein ist, an dem hier unaufhörlich gezerrt wird.

Denn jede Änderung, die nach einer Umverteilung an einer neuen Schule die Einführung von Schulsozialarbeit ermöglicht, weil sie dort unbedingt gebraucht wird, streicht die Schulsozialarbeit an einer anderen Schule, an der dieses Angebot bisher ebenfalls unbedingt erforderlich war und auch weiterhin erforderlich ist. Es ist für das Anliegen der Schulsozialarbeit sinnlos, immer wieder Löcher aufzureißen und an anderer Stelle Löcher zu stopfen. Es führt kein Weg mehr daran vorbei, die Schulsozialarbeit schrittweise, aber systematisch zu erweitern.

Denn der Grund des Übels sind und bleiben die Beschränkung auf die Finanzierung der Schulsozialarbeit durch ESF-Mittel und die Weigerung der Landesregierung, mehr als die bisherigen knapp 7 Mio. Euro aus der Landeskasse als Ko-Finanzierung für diesen wichtigen pädagogischen Bereich einzustellen.

So ist keine nachhaltige Entwicklung möglich und das ist leider absolut typisch für fast alle Projekte der letzten Jahrzehnte. Mit dem Geld vom Bund oder von der EU werden immer wieder sehr vernünftige Maßnahmen auf den Weg gebracht, die auch nachweisliche Erfolge erbringen. Aber wenn es dann darum geht, das erreichte Niveau mit eigenem Geld zu verstetigen, ist regelmäßig Schluss. Wir werden weiterhin alles dafür tun, dass der Schulsozialarbeit dieses Schicksal erspart bleibt.

Deshalb fordern wir im zweiten Teil unseres Antrages mit Blick auf die Aufstellung des Landeshaushaltes für 2024 zum wiederholten Mal den Einstieg in ein eigenes Landesprogramm Schulsozialarbeit. Wir sehen den dringenden Bedarf für eine solche Erweiterung über die Stellen aus dem ESF-Programm hinaus. Nach dem Ende der EU-Förderung soll dann ab 2027 darüber auch die komplette Übernahme aller bis dahin geförderten Stellen in die Regie des Landes erfolgen. In einem ersten Schritt sollen 2024 mindestens alle Stellen ersetzt werden, die durch die neue Auswahl aus der ESF-Förderung herausfallen. Es muss verhindert werden, dass Schulen im Übergang zum Schuljahr 2024/25 Schulen ihre Schulsozialarbeit verlieren.

Das gilt auch für die von den Kommunen geforderte finanzielle Beteiligung. Die deutlichen Hinweise aus den Landkreisen und kreisfreien Städten auf bestehende Finanzierungsprobleme des Anteils von 20% der anfallenden Projektkosten müssen ernst genommen werden. An dieser Forderung darf das Land nicht festhalten, wenn dadurch eine Kürzung des bisherigen Einsatzes droht. Wir sehen es allerdings auch so, dass die Schulsozialarbeit ein Zukunftsprojekt für die Schulen ist, für das sich auch die Kommunen engagieren müssen. Der geforderte Anteil muss aber der Finanzsituation der Kommunen Rechnung tragen und muss von allen leistbar sein. Wir schlagen einen 10prozentigen Anteil vor und darüber hinaus die Möglichkeit, dass der Aufwand für eigene kommunale Schulsozialarbeit hierauf angerechnet werden kann.  

Zum Schluss will ich noch auf den im Antrag erwähnten Brief des Landesschulamtes an die Schulleiterinnen und Schuleiter vom 19. April eingehen. Darin steht u.a.:

„Ziel ist es, spätestens im April 2024 alle Bewilligungen erteilt zu haben, damit sich die aktuell im ESF-Programm „Schulerfolg sichern“ Tätigen nicht bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend melden müssen.“

Frau Ministerin, das ist hoffentlich nicht ihr Ernst! Ihr Haus will sich ein ganzes Jahr Zeit lassen, um dann die Maßnahmen wieder erst auf den letzten Drücker zu bestätigen. Das ist doch kein Ziel!

Auch wenn in dem zitierten Satz die im Programm Tätigen und deren zum wiederholten Male drohender Gang zum Arbeitsamt immerhin erwähnt werden, scheint man sich im Ministerium trotzdem keine ernsthaften Gedanken über die Situation dieser Kolleginnen und Kollegen und deren Familien zu machen. Die Vorstellung, alle Beteiligten – also auch die Schulen und die Träger ebenso wie die Beschäftigten und ihre Familien müssten nach den permanent wechselnden Projektphasen in den letzten Jahren wieder bis Ultimo warten, ob die Schulsozialarbeit fortgesetzt wird oder zum Ende des nächsten Schuljahres gestrichen wird, ist völlig inakzeptabel.

Wir haben in unserem Antrag als spätesten Termin für die Zustellung aller Bewilligungsbescheide zwar das I. Quartal gefordert, wir erwarten aber von den Schulbehörden, dass spätestens mit dem Beginn der Winterferien, also bis Anfang Februar 2024, alle Bescheide an die Träger rausgehen. Das ist das Mindeste, dass sie hier leisten müssen und das sie den Beteiligten schuldig sind.

Wir brauchen endlich eine Perspektive für die Schulsozialarbeit, die dem tatsächlichen Bedarf und der Situation der Beschäftigten, der Träger und der Schulen gerecht wird. Ohne Vernunft und Augenmaß beim Auswahlverfahren und ohne eine Ergänzung durch ein Landesprogramm wird das nicht gelingen.