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Stefan Gebhardt zu TOP 01: Entwurf des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) einschließlich Begründung für den Abschluss des Staatsvertrages

Ein großer Wurf sollte es werden – die Neuregelung der Rundfunkfinanzierung in Deutschland. Seit vielen Jahren angekündigt, liegt nun der Entwurf eines Staatsvertrages vor, der die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu regelt und ab 2013 in Kraft treten soll.

Und wie das bei Rundfunkstaatsverträgen, die zwischen Ministerpräsidenten ausgehandelt werden, nun einmal so ist: Möglichst alle Seiten sollen sich darin wieder finden, keiner darf zu stark belastet werden und ausfinanziert soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch sein – dies geht offensichtlich nur mit einem Kompromiss, und Kompromisse sind nur in den seltensten Fällen ein großer Wurf.

Der größte Umbruch in der Rundfunkfinanzierung findet mit Sicherheit dahingehend statt, dass ab dem 15. RfÄStV ein Geräte unabhängiger Beitrag statt einer Geräte abhängigen Gebühr fällig wird. In diesem Zusammenhang soll auch die Unterteilung in Radio- bzw. Grundgebühr einerseits und Fernseh- bzw. Vollgebühr andererseits wegfallen. Diese grundsätzliche Entscheidung wird auch von der Linksfraktion begrüßt, denn er ist in sich logisch, entspricht der technischen Entwicklung und der Mediennutzung.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklung von Rundfunkempfangsgeräten nicht mehr dem Stand entspricht, der vor 60 Jahren aktuell war, und wir einen hohen Grad an Medienkonvergenz zu verzeichnen haben. Man kann heute mit PC, Laptop, Handy, smartphone oder dem iPad sowohl Radio- als auch Fernsehinhalte empfangen, obwohl diese Geräte keine klassischen Rundfunkempfangsgeräte sind. Sie wurden originär nicht dazu entwickelt, Rundfunk zu empfangen, aber sie können dies ohne jeden Zweifel tun. Man kann davon ausgehen, dass jedermann heutzutage in der Lage ist, mit irgendeinem Gerät Rundfunk zu empfangen und das alles zeit- und ortsunabhängig.

Und uns allen dürfte hierbei klar sein, dass die technische Entwicklung weiterhin sehr rasant voranschreiten wird. Insofern betrachten wir es auch als konsequent, von der bisherigen Gebührenlogik auf eine künftige Beitragslogik umzusteigen. Eine Gebühr bezahlt man dann, wenn ich eine bestimmte Leistung konkret entgegen nehme. Im Gegensatz zum Beitrag, den ich dann entrichte, wenn mir eine konkrete Leistung zur Verfügung gestellt wird und ich sie jederzeit nutzen kann.

Dieses Grundanliegen wird von der LINKEN geteilt, da es auch aus unserer sicht eine Voraussetzung dafür ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch zukünftig eine solidarische Finanzierung bekommt, die gewährleistet, dass er seinen gesetzlichen Auftrag auch erfüllen kann.

Offen ist da noch die Frage, wen oder was ich bei der Finanzierung als Bemessungsgrundlage heranziehe. Bisher war es das Rundfunkempfangsgerät, welches gebührenpflichtig war. Bei der künftigen Bezugsgröße für den Beitrag gibt es zwei Möglichkeiten, die Geräte unabhängig sind: entweder die Person oder der Haushalt bzw. die Betriebsstätte.

DIE LINKE hätte einer Personen bezogenen Beitragserhebung den Vorrang vor einer Haushaltsgebühr gegeben. Die Haushaltsgebühr, auf die sich die Ministerpräsidenten verständigt haben, ist aus unserer Sicht problematisch.
Sie ist deshalb problematisch, weil Doppelzahlungen von Personen hierbei nicht ausgeschlossen werden können. Das bringt das System einer Haushaltsabgabe automatisch mit sich.

Lassen Sie mich dir Ungerechtigkeit, die wir hierbei erkennen können, an zwei Beispielen deutlich machen. Das haben wir auf der einen Seite einen Vier-Personen-Haushalt, vielleicht sogar eine Wohngemeinschaft, mit vier erwachsenen voll verdienenden Bewohnern. Jeder Bewohner besitzt für sich Fernseher, Radio, Handy und PC.
Dieser Vier-Personen-Haushalt muss nur einmal für seinen Haushalt einen vollen Rundfunkbeitrag leisten. Jeder der vier Bewohner bezahlt quasi ein Viertel. Auf der anderen Seite habe ich einen Singlehaushalt. Diese eine Person besitzt ebenfalls ihre Empfangsgeräte in seinem Hauptwohnsitz, hat aber auch noch einen Zweitwohnsitz aus beruflichen Gründen in einer anderen Stadt. Vielleicht hat derjenige auch noch ein Wochenendgrundstück. Und er ist vielleicht auch Geschäftsführer einer Firma und demzufolge Besitzer einer Betriebsstätte.

Während beim davor beschriebenen Vier-Personen-Haushalt jede Person nur ein Viertel an Rundfunkbeiträgen zahlt, zahlt die Person im Singlehaushalt einen vollen Beitrag für den Hauptwohnsitz, einen vollen Beitrag für den Nebenwohnsitz, für das Wochenendgrundstück und für seine Betriebsstätte. Hier wird das Gerechtigkeitsdefizit gut sichtbar, und wie gesagt, wir hätten schon allein aufgrund dieser Ungerechtigkeiten einer Personenabgabe den Vorrang gegenüber einer Haushaltsabgabe gegeben. Denn der Nutzer von Rundfunk ist immer die Person und nie der Haushalt oder die Betriebsstätte.
Die Person hat ihre Sinnesorgane Augen und Ohren, und sie kann damit nur einmal hören und einmal sehen – es wäre nur logisch, wenn sie auch nur einmal bezahlen müsste.

Wie bereits gesagt: Die Ministerpräsidenten haben sich auf die Haushaltsabgabe verständigt und haben ein Modell vorgelegt, wie die künftige Beitragsfinanzierung funktionieren soll. Während der Anhörung im Fachausschuss wurde Kritik besonders von den Handwerksvertretern und den Vertretern von klein- und mittelständischen Betrieben deutlich, und zwar an der Ausgestaltung der Beitragspflichtigkeiten für Betriebsstätten.
Hauptkritik war zum einen die Tatsache, dass man pro Anzahl von Beschäftigten Rundfunkbeiträge zu entrichten hat, vor allem aber. dass zusätzlich auch noch die dienstlich genutzten Kraftfahrzeuge als Beitragsbemessungsgrundlage herangezogen werden sollen. Diese Regelung soll nun mit dem vorliegenden Antrag beseitigt werden.
Begründet wird dies im Antrag selbst damit, dass hier die angestrebte Geräteunabhängigkeit nicht mehr gewährleistet sei. Das Anliegen teilen wir, die Begründung jedoch nicht. Denn auch die Rundfunkbeitragspflicht für Kfz würde vollkommen Geräte unabhängig erfolgen, denn es spielt überhaupt keine Rolle, ob sich im entsprechenden Fahrzeug ein Rundfunkempfangsgerät befindet. Egal ob mit oder ohne Autoradio – das Kfz wäre rundfunkbeitragspflichtig. Und insofern wäre auch diese Regelung Geräte unabhängig. Sie wäre allerdings trotzdem nicht logisch. Denn wieso soll man für ein Kfz, wenn man es dienstlich nutzt, einen Rundfunkbeitrag zahlen? Mit welcher Begründung? Weil es vier Räder und ein Lenkrad hat? Oder weil es ein Nummernschild trägt? Mir konnte man bisher keinen logischen Grund mitteilen. Wie sähe es denn mit anderen Fahrzeugen aus? Mit Traktoren, mit Mähdreschern oder Gabelstaplern? Die müssten mit der gleichen Logik dann auch beitragspflichtig werden.
Oder wie es ein Vertreter während der Ausschussanhörung genannt hat: „Mit der gleichen Logik, mit der man Dienst-Kfz zur Rundfunkfinanzierungen heranzieht, müsste man auch die Gummistiefel von Landwirten rundfunkfinanzierungspflichtig machen.“

Mit solchen unlogischen Bemessungsgrundlagen schafft man vor allen ein erklärtes Ziel bei der Umgestaltung der Rundfunkfinanzierung nicht: nämlich das große Ziel, eine Akzeptanzerhöhung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei den Gebührenzahlerinnen und -zahlern.
Insofern werden wir diesen Antrag nicht ablehnen, ein Teil der Fraktion wird ihm zustimmen, ein anderer Teil sich enthalten. Wenn eine solche Regelung durchgesetzt werden kann, wird die neue Rundfunkfinanzierung zwar noch nicht richtig gut, aber ein ganzes Stück logischer und insofern auch besser.