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Matthias Höhn zu TOP 14: Kooperationsverbot im Bereich der Bildungspolitik aufheben

Wir können und wir müssen mehr tun für die Bildung aller Kinder in unserem Land, unabhängig von ihrer Herkunft, unabhängig vom Bildungsabschluss und der Finanzlage ihrer Eltern. Wir brauchen mehr Bildungsgerechtigkeit und einen gerechten Zugang zu Bildungschancen für alle.

Eigentlich hätten jetzt die Kollegen der CDU klopfen müssen, weil dieses Zitat nicht von mir, sondern von Frau Professor Schavan stammt. Sie hat am 16. März 2010 bei der Eröffnung der Didacta in Köln eine Rede gehalten, aus der ich jetzt vorgetragen habe.
Nicht zuletzt die Zielstellung, die sie formuliert hat, hat sie dazu bewogen, auf Probleme hinzuweisen, die wir in der Bundesrepublik im Bildungsbereich haben.
Unter anderem hat sie in dieser Rede dafür geworben, dass wir in der Bundesrepublik über das Kooperationsverbot, das aus der Föderalismusreform stammt, neu nachdenken und dieses Kooperationsverbot aufheben.

Diese Debatte gibt es schon einige Zeit, nicht nur von Frau Schavan. Ich will nicht darüber spekulieren, ob diese Diskussion, die durchaus auch auf Kritik aus breiten Teilen der Bevölkerung trifft, durch den Landtagswahlkampf in NRW motiviert ist. Das ist mir an dieser Stelle im Grunde auch egal, weil die Debatte sachgerecht und dringend notwendig ist, weil das Kooperationsverbot aus unserer Sicht ein zentraler Hemmschuh in der Entwicklung unserer Bildungslandschaft ist.

Unsere Kritik am Kooperationsverbot ist nicht neu. Wir haben sie bereits formuliert, als über die Föderalismusreform diskutiert und diese beschlossen worden ist. Allerdings ist die Kritik mittlerweile nicht nur bei uns zu finden, sondern deutlich breiter aufgestellt.
Ich will Herrn Kinkel, ehemals Vorsitzender der Freien Demokraten und Außenminister zitieren. Er hat seine Partei aufgerufen, von ihrer bisherigen offiziellen Haltung Abstand zu nehmen: „Ich appelliere deshalb an meine Partei und an die Ministerpräsidenten der Länder, den Widerstand gegen eine Grundgesetzänderung aufzugeben.“

Aus dem rot-grünen Lager war dieser Tage zu vernehmen, dass ein Regierungswechsel in Düsseldorf benötigt werde, um „die Irrsinnsaktion der Föderalismusreform, das Kooperationsverbot im Grundgesetz, erneut auf dem Prüfstand stellen zu können.“

Wenn man sich das anschaut, muss man sich in der Tat mittlerweile fragen, wer das eigentlich beschlossen hat und warum es beschlossen worden ist; denn mittlerweile will es niemand mehr gewesen sein. Ich will das mal positiv werten und sagen: Dann eröffnen sich in der Tat auch neue Chancen für verfassungsändernde Mehrheiten, um in der Sache weiterzukommen.
Ich will noch einmal auf den Reformgehalt der Föderalismusreform zurückkommen, aber voranstellen und deutlich sagen: Meiner Ansicht nach ist der Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland deutlich besser als hin und wieder sein Ruf in derÖffentlichkeit und wir haben gute, nicht zuletzt auch historische Gründe gegen einen überbordenden Zentralismus. Deswegen geht es uns, wenn wir einen solchen Antrag stellen und das Kooperationsverbot thematisieren, auch nicht um die Frage „Föderalismus, ja oder nein?“ sondern es geht uns um die gemeinsame Wahrnahme von Verantwortung für eine gemeinsame Aufgabe, nämlich gute Bildung für alle. Ich habe die Bundeskanzlerin im Zusammenhang mit dem Bildungsgipfel mit den Ministerpräsidenten in gleicher Weise verstanden.

In Artikel 91b des Grundgesetzes gibt es einen sehr begrenzten Katalog für ein gemeinsames Engagement von Bund und Ländern. Ich will die vier Punkte benennen.
Das sind Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen, Vorhaben der Wissenschaft und Forschung an Hochschulen, Forschungsbauten an Hochschulen einschließlich Großgeräten und schließlich, das betrifft den allgemeinbildenden Bereich: „Bund und Länder können aufgrund von Vereinbarungen zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen zusammenwirken.“  

Dieser Katalog ist aus unserer Sicht unzureichend. Ich will auf eine Erfahrung hinweisen, die auch wir in Sachsen-Anhalt gemacht haben, und bei aller Diskussion im Detail war dies, glaube ich, parteiübergreifend eine positive Erfahrung. Wir haben mit dem Ganztagsschulprogramm des Bundes und der Länder auch in Sachsen-Anhalt eine ganze Menge bewegen können. Ein solches Programm wie das Ganztagsschulprogramm wäre unter diesen Vorgaben heute so nicht mehr möglich.

Frau Schavan hat in der von mir genannten besagten Rede auch einen Vorschlag gemacht, in welchem Sinne das Grundgesetz geändert werden könnte: „Bisher gestattet das Grundgesetz Bund und Ländern die Zusammenarbeit im Bildungsbereich nur, wenn es um die Feststellung der Leistungsfähigkeit geht, das heißt bei Studien und Analysen. Was spricht dagegen, dass Bund und Länder sich darauf verständigen, dass sie die Leistungsfähigkeit unseres Bildungssystems nicht nur gemeinsam feststellen, sondern auch gemeinsam sicherstellen wollen?“

Das ist ein Formulierungsvorschlag, der aus meiner Sicht durchaus in die richtige Richtung weist. Wenn wir irgendwann einmal in die Situation kommen, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln, wäre dies sicher ein Vorschlag, dem sich auch meine Partei nicht verschließen würde.  

Die Bundeskanzlerin hat kürzlich eine Wiederbelebung der Föderalismusreform im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzreform, mit den Kommunalfinanzen angekündigt. Ich will ausdrücklich dafür werben, dass wir dies vielleicht auch als Chance sehen, nicht nur über diesen, zugegebenermaßen ebenso wichtigen Bereich in einer neuen Föderalismuskommission zu diskutieren, sondern auch den Bereich des Kooperationsverbotes und dessen Aufhebung an dieser Stelle neu zu thematisieren.

Lassen Sie mich abschließend sagen: Funktionierender Föderalismus geht weit über den Bildungsbereich hinaus und funktionierender Föderalismus braucht eine stabile Basis. Dazu gehört selbstverständlich auch eine stabile finanzielle Basis. Eine stabile finanzielle Basis lässt sich nicht allein durch Bundesprogramme herstellen, sondern dafür brauchen wir eine grundständige Ausstattung der Länder mit einer stabilen Einnahmesituation. Deswegen kommen wir immer wieder an den gleichen Punkt: dass wir in der Bundesrepublik über Steuergerechtigkeit und die Verbesserung der Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte ernsthaft diskutieren müssen. Wir erleben dieser Tage wieder, dass wir die Folgen der internationalen Finanzkrise bei Weitem noch nicht bewältigt haben. Die öffentlichen Haushalte werden nicht in der Lage sein, das ohne eine mutige Steuerpolitik und mehr Steuergerechtigkeit zu schultern.

Unser Antrag zielt darauf ab und will dem Landtag auch die Chance geben, Einmütigkeit zu zeigen, wenn es darum geht, den Föderalismus zu stärken, und ebenso Einmütigkeit zu zeigen, den Bund wieder in die Verantwortung zu nehmen, die den zu leistenden Aufgaben gerade im Bildungsbereich gerecht wird.