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Matthias Höhn zu TOP 14: Beitrag des Landes Sachsen-Anhalt zur Qualifizierungsinitiative für Deutschland

Im nächsten Monat, genauer gesagt am 22. Oktober ist es ein Jahr her, dass wir die Qualifizierungsinitiative der Bundesregierung gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder zur Kenntnis nehmen mussten oder durften.

Das Zustandekommen und die Debatte im Umfeld dieses Bildungsgipfels, wie er auch genannt wurde, war in höchstem Maße differenziert. Es ist damals schon nicht zu Unrecht die Frage gestellt worden, was das denn jetzt solle, nachdem man sich gerade bei der Föderalismusreform II dafür entschieden gehabt habe, die Bildungsfragen komplett in die Kompetenz der Länder zu geben. DIE LINKE ist nach wie vor davon überzeugt, dass die Föderalismusreform II, genauer gesagt, das Kooperationsverbot in Bildungsfragen, an dieser Stelle wieder zurückgenommen werden muss. 

Letztlich gab es in Dresden vor gut einem Jahr eine Einigung auf das Papier „Aufstieg durch Bildung“. Es wurden zehn Leitsätze und acht Maßnahmen vereinbart, diese acht Maßnahmen zum Teil auch sehr ausführlich beschrieben.

Ministerpräsident Professor Böhmer hat das Ergebnis des Bildungsgipfels in einer sehr bemerkenswerten Art und Weise kommentiert: „Es war nicht zu erwarten, dass bei einer ersten solchen Konferenz gleich alle Probleme gelöst werden würden. Das wichtigste Ergebnis ist die Vereinbarung gemeinsamer Ziele zur weiteren Entwicklung der Bildungspolitik in Deutschland. Dazu wurde eine Kommission beauftragt, die für die gemeinsame Finanzierung dieser Ziele Vorschläge machen soll. Diese Kommission soll bis zur nächsten Jahreskonferenz der Ministerpräsidenten im Herbst 2009 ein Ergebnis vorlegen.“

Aus der Sicht der LINKEN ist es heute angebracht, im Vorfeld dieser anstehenden Konferenz darüber zu reden, wie es mit diesem wichtigsten Ergebnis aussieht. Ich will noch einmal daran erinnern: Die Zielstellung, die vereinbart worden ist und die nach meinem Kenntnisstand bisher auch nicht zurückgenommen worden ist, lautete, dass wir in der Bundesrepublik gesamtstaatlich anstreben, 10 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und Forschung auszugeben. Ein Ziel, von dem wir weit entfernt sind, wenngleich es nach wie vor richtig ist.

Wenn wir uns der Frage nähern, wie die Diskussion gerade zu dem Thema Bildungsfinanzierung in den letzten Monaten seit dem Bildungsgipfel verlaufen ist, dann kommen wir zu einem sehr differenzierten Bild.  

Weiter mit dem Ministerpräsidenten und seiner Videobotschaft vom 22. August diesen Jahres:  „Trotz der üblichen Drohkulissen können wir bei allem Verständnis für einzelne Belange kein Politikfeld von den Bemühungen ausnehmen, einen soliden Haushalt aufzustellen. Das gilt auch für den Bildungsbereich. Auch wenn dieser hohe Priorität genießen muss, kann es nicht angehen, dass Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich mehr Geld dafür ausgibt als andere, ohne entsprechend bessere Ergebnisse vorweisen zu können.“

Damit sind wir bei dem Thema Ländervergleich, andere sagen dazu Benchmarking. Dann habe ich mir angeschaut, wie die Positionierungen innerhalb der Landesregierung zum Thema Benchmarking sind, ich möchte da zitieren: „Natürlich kann es auch ein Ehrgeiz sein, sich an den jeweils elendsten Verhältnissen in Deutschland zu orientieren und zu versuchen, diese nachzubilden. Bisher hat Sachsen-Anhalt aber als Bildungsland enorm an Reputation gewonnen. Ich möchte, dass das auch weiter so bleibt. Gerade die armen Länder müssen gucken, dass sie den Anschluss gewinnen. Darum müssen sie sich mit aller Kraft um die junge Generation bemühen. Wer langfristig Zukunftspolitik machen will, kann nicht nur durch Benchmarkings versuchen, möglichst gleiche statistische Relationen herzustellen. Er muss politisch Prioritäten setzen und schauen, wie ein vor allem durch demografische Prozesse gebeuteltes Land aus dem Tal herauskommt.“

Herr Minister Olbertz, ich war selten so nahe bei Ihnen wie an diesem 24. Juni. Die Frage stellt sich natürlich, ob diese Botschaft, die ich wohl vernehme, sich am Ende in praktischem Handeln niederschlägt. Das müssen wir leider nach wie vor vermissen.
Auch die Bundeskanzlerin hat bei der Haushaltsaufstellung zum jetzt gültigen Bundeshaushalt noch einmal auf die Zielbeschreibung „10 % BIP“ hingewiesen und wörtlich gesagt: „Das ist eine notwendige Quote.“

Was gilt denn nun und wie sieht der Anteil Sachsen-Anhalts dabei aus, diese Zielstellung „10 % des BIP für Bildung“ in den nächsten Jahren zu erreichen? 

Im Oktober 2009  soll ein Finanzierungsvorschlag bei der Ministerpräsidentenkonferenz auf den Tisch gelegt werden. Die Landesregierung hat ihren Haushaltsplanentwurf bereits vorgestellt. Die Frage ist natürlich, ob dieser Haushaltsplanentwurf für die nächsten zwei Jahre dieser Zielstellung folgt oder nicht. Mein Eindruck: Er folgt dieser Zielstellung nicht.

Da sind wir wieder an der Stelle angekommen, an der wir heute Morgen schon einmal waren: Haben wir denn die finanziellen Mittel zur Verfügung, um Aufgaben zu finanzieren, die wir übernommen haben oder übernehmen wollen? Wenn wir über 10 % des BIP reden, dann heißt das: Wir reden nicht nur über die Finanzierung der Aufgaben, die wir uns schon gestellt haben, sondern wir reden darüber, dass die Länder, die Kommunen und auch der Bund neue Aufgaben übernehmen wollen. Dann kommen Sie um die Diskussion über die Rahmenbedingungen ohne Zweifel nicht herum.

Dann sind wir auch wieder bei der Diskussion, dass wir die Einnahmen des Staates erhöhen müssen. Ansonsten ist diese Zielstellung nicht zu erfüllen. Wer glaubt, sie auf andere Weise erfüllen zu können, der möge es darstellen. An die finanzpolitische Wunderheilung der FDP glaube ich nicht. Ich glaube nicht, dass wir es hinbekommen, mit weniger Steuern mehr für die Bildung auszugeben. Ich glaube, wir müssen in der Tat über Steuererhöhungen reden bei denjenigen, die es verkraften können. Davon gibt es in der Bundesrepublik eine ganze Menge.

So viel zum Bereich der Finanzierung. Ich möchte noch einige andere Punkte ansprechen, die vor knapp einem Jahr in Dresden vereinbart worden sind. Die Vereinbarung spricht von bestmöglichen Startbedingungen für jedes Kind. Dazu die Frage: Sind diese Startbedingungen für jedes Kind in Sachsen-Anhalt gegeben?

Sie sind es nicht. Es bleibt dabei, dass die Ungleichbehandlung bei der Frage der Ganztagsbetreuung in Sachsen-Anhalt ein Nachteil ist, wenn es darum geht, Aufstieg durch Bildung zu realisieren.

Die Vereinbarung spricht davon, dass jeder einen Schul- und Berufsabschluss schaffen soll. Ist das in Sachsen-Anhalt so? Wir haben hier erheblichen Handlungsbedarf.

Die Vereinbarung spricht davon, dass mehr junge Menschen ein Studium aufnehmen sollen. Das habe ich nun mit besonderer Freude gelesen, weil ich mich sehr gut daran erinnere, dass nicht zuletzt auch meiner Fraktion vorgeworfen wurde, wir würden die Berufsausbildung gering schätzen und glauben, dass jeder das Abitur machen und studieren müsse.

Aber ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass im letzten Jahr als Zielmarke 40 % vereinbart worden sind. Wir liegen in Sachsen-Anhalt im Moment bei deutlich unter 30 %. Deshalb wäre meine Frage auch mit Blick auf die Situation an den Hochschulen, wie wir diese 40 % in Sachsen-Anhalt erreichen wollen und was die Landesregierung dafür zu tun gedenkt.

Die Vereinbarung spricht davon, dass mehr Menschen für naturwissenschaftlich­technische Berufe begeistert werden sollen. Wir haben durchaus mit Freude zur Kenntnis nehmen können, dass Sachsen-Anhalt bei den letzten Pisa-Erhebungen, bei denen es vor allem um den naturwissenschaftlichen Bereich ging, zugelegt hat.

Es ist allerdings nach wie vor ein Problem, die jungen Menschen dafür zu gewinnen und zu motivieren, genau in diesem Bereich, in dem sie durchaus gute Leistungen erzielen, ein Studium aufzunehmen und sich diesem Berufsfeld zu nähern. Das heißt, wir müssen auch darüber reden, wie wir über eine Verbesserung der Angebote in den Schulen und neben den Schulen - Stichwort Polytechnik - die Studierneigung für die MINT-Fächer erhöhen können.

Letztlich bleibt auch hier die Aufgabe, endlich mehr Frauen dafür zu gewinnen, diese Fächer zu studieren und auf diesen Gebieten Karriere zu machen.

Die Qualifizierungsinitiative des vergangenen Jahres war überschrieben mit „Aufstieg durch Bildung“. Ein Bildungssystem darf soziale Unterschiede - wenn wir über Aufstieg reden, reden wir auch über soziale Unterschiede - nicht vertiefen oder sogar vererben, es muss dabei helfen, diese zu überwinden. Das ist dann Aufstieg. Davon sind wir leider noch ein ganzes Stück entfernt.