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Matthias Höhn zu TOP 06: Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt

Selten hat ein Gesetzentwurf, den eine Oppositionsfraktion, wie das jetzt geschieht, in den Landtag einbringt, im Vorhinein eine solche breite politische Unterstützung gefunden. Insofern will ich schon einmal vorab sagen, dass ich den Beratungen anders als in der jüngeren Vergangenheit sehr optimistisch entgegensehe.

Ich habe mich einmal bei den anderen Parteien umgeschaut und habe bei den Kollegen der CDU gefunden, was sie auf ihrem Landesparteitag im vergangenen Jahr in Stendal beschlossen haben. Unter den Beschlüssen findet sich ein Bildungspapier unter der Überschrift „Die richtige Schule für jede und jeden", und darin lese ich: „Die CDU verlangt insbesondere folgende Maßnahmen:" Darunter findet sich der Anstrich: „Befreiung von Schülerbeförderungskosten in allen Klassenstufen". Herzlichen Glückwunsch!

Dann habe ich natürlich geschaut, was der Koalitionspartner dazu gesagt hat. Das muss man bei dieser Koalition immer noch einmal nachschauen, weil Einigkeit nicht vorausgesetzt werden kann. Kollegin Mittendorf hat nach der Verabschiedung dieses von mir eben zitierten Papiers erklärt: „Das Papier enthält eine Reihe von bildungspolitischen Zielsetzungen, die bei der SPD schon seit Jahren auf der Agenda stehen. Dazu zählen insbesondere der bedarfsgerechte Ausbau der Ganztagsschulen, die Erhöhung der Eigenverantwortung der Schulen, der Erhalt der Schulstandorte, die Befreiung von den Schülerbeförderungskosten in der Sekundarstufe II."

Sie sagt dann: „In diesen Punkten werden wir sicherlich gemeinsam tragfähige Lösungen im Sinne einer Systemoptimierung finden." Wir haben also schon die zweite Partei gefunden, die neben meiner Partei diese Regelung unterstützt.
Kollegin Budde hat im April in der Zeitung noch einmal erklärt: „Wir wollen nach wie vor die Kostenfreiheit in Höhe von 100 %."

Ich will bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs dann doch noch einmal an die Geschichte des Themas Schülerbeförderung in diesem Landtag erinnern. Wir müssen weit zurückgehen. Der erste Antrag, eine Entlastung bei den Schülerbeförderungskosten zu erreichen, datiert vom 31. August 2005. Dieser Antrag wurde in die Ausschüsse überwiesen. Es passierte nicht viel. Daraufhin hat DIE LINKE einen zweiten Antrag gestellt. Das war am 12. Januar 2006. Am 16. Februar 2006 hat der Landtag beschlossen, die Landesregierung aufzufordern, mit den kommunalen Spitzenverbänden darüber ins Gespräch zu kommen, was man denn tun könne. Das Ergebnis war nicht wirklich umwerfend.

Am 20. Oktober 2006 hat der Landtag wiederum einen Beschluss gefasst. Darin wurde die Landesregierung beauftragt, in den Ausschüssen über den Stand der Schülerbeförderung und über geplante Aktivitäten zur Verbesserung der Schülerbeförderung zu berichten. Dazu gibt es einen Bericht der Landesregierung vom 5. Januar 2007. Auch hier wird der geneigte Leser nicht sehr viel in der Sache finden.

Daraufhin hat meine Fraktion bei den Beratungen über den Doppelhaushalt 2008/2009 im Herbst 2007 erneut Anträge zum Thema Schülerbeförderung gestellt, sowohl bezüglich einer Untersetzung im Haushalt als auch bezüglich des Haushaltsbegleitgesetzes. Die Anträge sind abgelehnt worden. Stattdessen gab es einen Entschließungsantrag, in dem die Landesregierung nun zum dritten Mal vom Landtag aufgefordert wurde, über den derzeitigen Stand der Planungen zur Schülerbeförderung und in diesem Zusammenhang über Fahrtzeiten, Kosten und Aspekte der Verkehrssicherheit und der Organisation des ÖPNV zu berichten.

DIE LINKE hat, als wir über die zehnte Novelle zum Schulgesetz diskutiert haben, erneut einen Antrag eingebracht, die Kostenfreiheit bei der Schülerbeförderung herzustellen. Der Antrag ist wiederum abgelehnt worden. Stattdessen wurde von der Koalition erneut ein Entschließungsantrag vorgelegt, in dem von der Landesregierung bis Ende 2008 ein Konzept gefordert wurde. Dieses Konzept lag Ende 2008 nicht vor. Es ist um eine Verlängerung bis Mitte 2009 gebeten worden. Ich kenne es bis heute nicht.

Das letzte Kapitel dieser langen Geschichte ist der Nachtragshaushalt 2009, über den wir vor wenigen Wochen beraten haben. Hier ist durch unsere Fraktion wiederum die Kostenfreiheit beantragt worden. Die Landesregierung hat bei diesem Nachtragshaushalt einen Schritt nach vorn gemacht und die Mittel dafür eingestellt. Dann hatten wir bei den Beratungen über den Nachtragshaushalt die sonderbare Situation, dass sich die Koalitionsfraktionen, zumindest ein Teil der Koalitionsfraktionen, darüber beklagt haben, dass die Mittel ohne Konzept eingestellt worden seien.

Soweit zur Genesis bei dem Thema Schülerbeförderung. Ich möchte ganz deutlich sagen, dass dies kein Ruhmesblatt für den Landtag ist.

Nun haben wir die Koalition im Hinblick auf die Einstellung der Mittel in den Nachtragshaushalt beim Wort genommen und haben einen Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht. Er liegt heute zur ersten Beratung vor. Nach wie vor geht es uns darum, dass alle Schülerinnen und Schüler, solange sie den Schülerstatus haben, von den Kosten der Schülerbeförderung vollständig befreit werden. Wir reden in der Bildungspolitik allerorten und in allen Parteien von Chancengleichheit. Wenn Sie sich das von mir zitierte CDU-Bildungspapier ansehen, dann werden Sie dieses Wort auch sehr oft finden. Chancengleichheit entscheidet sich nicht nur in der Frage des Geldes, aber eben auch in der Frage des Geldes.

Wenn man sich die Einkommenssituation in unserem Bundesland anschaut, dann weiß man, dass für sehr viele Familien die Frage der Kosten der Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II eine sehr entscheidende Frage ist. Es ist aus unserer Sicht dringend notwendig, dass der Zugang zur Sekundarstufe II nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig gemacht wird.

Nun wird immer wieder die Finanzierbarkeit solcher Forderungen thematisiert. Auch dazu ein Zitat, und zwar hat der Herr Finanzminister am 21. Januar 2009 unter den Vorzeichen der Krise und eines drohenden Nachtragshaushaltes ein Interview in der Volksstimme gegeben. Dabei ist er gefragt worden: „Sind, wie von Ihnen in Aussicht gestellt, kostenlose Bücher, Mittagessen und Schulbusse, für alle Schüler noch möglich? Bullerjahn: Die Ziele sind realistisch." Er hat Recht. Der Landtag muss nur endlich den Willen aufbringen, das auch zu beschließen.

Wir haben hier in den letzten Jahren sehr ausführlich über dieses Thema geredet. Ich konstatiere zumindest eine Bewegung in den Koalitionsfraktionen und in den sie tragenden Parteien beim Thema Schülerbeförderung und mittlerweile auch eine öffentliche Positionierung aller drei großen Volksparteien zur Kostenfreiheit der Schülerbeförderung. Nun wird der Minister gleich einen Gesetzentwurf einbringen. Eines will ich schon jetzt sagen: Wir haben zwei Parteien in dieser Koalition, die erklärt haben: Wir wollen die Kostenfreiheit. Wir wollen die Null bei den Kosten der Schülerbeförderung. In harten Verhandlungen sind 100 € herausgekommen. Das erinnert mich ein wenig an die Mehrwertsteuer. Der Minister wird den Gesetzentwurf der Landesregierung einzubringen. Es ist leider kein Entwurf, der sich auf die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien stützt.