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Kerstin Eisenreich zu TOP 20: Gesunde und kostenfreie Ernährungsangebote für Kinder und Jugendliche

Sehr geehrte Damen und Herren,

gesunde, ausgewogene, nachhaltige und regelmäßige Ernährung sind für die gesundheitliche Entwicklung und das gesamte Wohlbefinden des Menschen eine entscheidende Voraussetzung. Falsche Ernährungsmuster verursachen Mangelerscheinungen und Krankheiten wie Diabetes und Adipositas oder Entwicklungsdefizite und Wachstumsstörungen, die im späteren Leben nicht mehr korrigiert werden können. Um so wichtiger ist es, Kinder und Jugendliche frühzeitig in Kita und Schule an dieses Thema heranzuführen und dies auch praktisch erlebbar zu machen. Das ist eine der besten Vorsorgemaßnahmen für die gesunde körperliche und geistige Entwicklung junger Menschen. Die Situation in Sachsen-Anhalts Kitas und Schulen ist hier deutlich verbesserungswürdig.

Gleichzeitig erleben wir seit Jahren, dass insbesondere an den weiterführenden Schulen der Anteil von Schülerinnen und Schülern, die an der Essensversorgung teilnehmen, weiter zurückgeht. Das hat viele Ursachen. Die Qualität des Essens und ausreichend Zeit zur Esseneinnahme sind zwei Gründe. Aber auch geringe Einkommen in den Familien sorgen dafür, dass viele Kinder und Jugendliche nicht mehr an der Essensversorgung teilnehmen. Diese Situation nimmt weiter dramatische Züge an. Erst hat Corona dafür gesorgt, dass durch die komplizierten Essenslieferungen und Zusatzkosten viele von einer Essensversorgung Abstand genommen haben, nun ist es die aktuelle Inflation, bei der inzwischen Lebensmittel zum größten Preistreiber geworden sind, aber eben auch die Betriebskosten der Versorger, die für einen weiteren Preisanstieg beim Kita- und Schulessen sorgen. Das können sich viele Menschen in Sachsen-Anhalt einfach nicht mehr leisten. Und Armut ist ein Problem in Sachsen-Anhalt. Jedes vierte Kind in unserem Land ist von Armut bedroht. Und längst droht auch Familien und vor allem Alleinerziehenden mit mittlerem Einkommen finanzielle Not.

Die Fraktion Die LINKE findet: Gesunde und ausgewogene Ernährung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen! Das sind wir unseren Kindern und Jugendlichen nicht nur plakativ an einem solchen Tag wie dem heutige Kindertag schuldig. Deshalb sehen wir mit dem heutigen Antrag für gesunde und kostenfreie Ernährungsangebote für Kinder und Jugendliche eine wertvolle Investition, von der alle Kinder und Jugendlichen, die Zukunft unseres Landes, profitieren sollen. Eltern sollen angesichts der enorm gestiegenen Lebensmittelpreise finanziell entlastet werden.

Und ja allen Kindern und Jugendlichen soll nach unserer Ansicht ein gesundes, qualitativ hochwertiges und kostenfreies Essen- und Getränkeangebot in KiTa und Schule zur Verfügung gestellt werden. Dies sei nach der Einschätzung des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlicher Verbraucherschutz (WBAE) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in seinem Gutachten aus dem Jahr 2020 die wichtigste Maßnahme, um nachhaltige Ernährung in Deutschland voranzubringen. Damit werde, so die Einschätzung weiter, bei der sozialen Ungleichheit bei Ernährung und Gesundheit gegengesteuert sowie Ernährungsarmut bei Kindern, Jugendlichen und späteren Erwachsenen vorgebeugt.

Neben den bereits genannten gesundheitlichen Effekten kommt aber auch ein aus unserer Sicht sehr wichtiger sozialer Begleiteffekt hinzu: die gemeinsam eingenommene Mahlzeit. Sie stärkt den sozialen Zusammenhalt und trägt erheblich zum Wohlbefinden bei. So würde Stigmatisierung und Diskriminierung ärmerer Kinder und Jugendlicher verhindert und gleichzeitig das gemeinsame Essen und Genießen als zentrales Gut einer nachhaltigen Ernährung gefördert, heißt es in dem genannten Gutachten weiter. Sicherlich muss auch organisatorisch umgedacht werden: Essenpausen von 20 oder 30 Minuten sind in keinem Fall einer gesunden Nahrungsaufnahme zuträglich.

Im Übrigen verweise ich an dieser Stelle auch gern noch einmal auf unsere Anträge in den Drs. 7/1486 und 8/395, in denen wir ein Programm zur mittel- und langfristigen Einrichtung und Unterhaltung von Eigenversorgungseinrichtungen zur Verpflegung an KiTas und Schulen gefordert haben. Die derzeitige Praxis langer Transportwege und stundenlangen Warmhaltens sind weder zeitgemäß noch ernährungsphysiologisch sinnvoll.

Da Trinkwasser eines der am besten kontrollierten Lebensmittel und zugleich gesund ist, soll das Programm „Trinkbrunnen für deine Schule“ mit Landesmitteln neu aufgelegt werden. Wir können gerne darüber diskutieren, in welcher Form die Trinkbrunnen angelegt werden. Denn sie werden offenbar gut angenommen. Und sie sensibilisieren Kinder und Jugendliche dafür, welche Getränke gesund sind und welche nicht.

Wesentlicher Bestandteil gesunder Ernährung sind Obst und Gemüse, die in Kombination mit Schulmilch von der EU gefördert werden. Nun ist der Mangel von Projektförderungen, dass nicht alle Einrichtungen erreicht werden und die Projekte häufig nach Förderende wieder einschlafen, weil die Schulträger das Programm finanziell nicht weiter tragen können. Hinzu kommt, dass aufgrund der Preissteigerungen bei Lebensmitteln inzwischen immer weniger Kinder an immer weniger Tagen Obst und Gemüse und/oder Milch in den geförderten Einrichtungen verzehren können. Zwar haben wir als Haushaltsgesetzgeber für 2023 hier mehr Geld eingestellt. Trotzdem können die Mehrkosten nicht komplett abgefedert werden. Wir plädieren daher mit unserem Antrag dafür, dass dieses Programm allen Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht wird. Dies würde zugleich die Bemühungen von Einrichtungen unterstützen, die zum Beispiel ehrenamtlich organisiert ein gesundes Frühstück für ihre Kinder anbieten. Im Übrigen hatte die Linksfraktion bereits 2008 in der Drs. 5/1538 ein Programm zur kostenlosen Abgabe von Obst und Gemüse an Schulkinder gefordert.

Die Netzwerkstelle KiTa- und Schulverpflegung wird bei all diesen Vorhaben weiter eine wichtige Rolle bei der Beratung zur Umsetzung einer gesunden Ernährung haben, auch wenn wir sie in unserem Antrag nicht explizit erwähnt haben.

Zweifelsohne ist es wichtig, dass diese Maßnahmen von Bildungsinhalten begleitet werden, die Wissen über gesunde und nachhaltige Ernährung vermitteln. Die Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist ein Baustein, aber wie einfach und nachvollziehbar, quasi greifbar ist es, wenn der Produzent und Lieferant gleichzeitig als Wissenvermittler auftritt. Das dient der Anschauung und dürfte auch im Sinne der Wertschätzung und des Respekts gegenüber vor allem auch regionalen und saisonalen Lebensmitteln und ihren Produzenten, also den Bäuerinnen und Bauern, sein, von dem wir heute morgen in der Aktuellen Debatte gesprochen haben.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.