Hendrik Lange zu TOP 2: AD: Stabile Demokratie, Weltoffenheit und Willkommenskultur
Sehr geehrte Damen und Herren,
bemerkenswert am Antrag der SPD finde ich, dass die CDU das IWH öffentlich rund macht, weil die Wissenschaftler*innen über Fremdenfeindlichkeit als Ansiedlungsproblem sprechen. Jetzt positioniert sich also der Koa-Partner SPD gegen die CDU, zu Recht.
Anrede
Der Befund ist klar:
Die Babyboomer gehen in Rente.
Allein in Sachsen-Anhalt wird die Zahl der Erwerbstätigen um 167000 Menschen sinken. Allein in der Pflege werden 24000 Stellen neugeschaffen bzw. neubesetzt werden müssen. In der KiTa und im Hort fehlen schon jetzt Fachkräfte und das zieht sich durch alle Berufsfelder durch. Und es sei jedem jungem Menschen zugerufen, der hier lebt: Wir brauchen euch alle. Genau so wie wir Menschen mit gebrochener Erwerbsbiographie neue Perspektiven im Beruf geben müssen – die Stadtwerke in Halle haben da ein spannendes Projekt.
Im Antrag ist richtig beschrieben, in der Wissenschaft ist der internationale Austausch, die internationale Zusammenarbeit und die Beschäftigung von internationalen Mitarbeitenden an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen Gang und Gäbe. Zudem ringen alle Hochschulen darum, internationale Studierende für ihren Standort zu gewinnen. Und ja, es gehört schon heute zum traurigen Befund dazu, dass die Fremdenfeindlichkeit, Übergriffe von Nazis und das Gebrüll einer erstarkten Höcke-AfD Ausländische Wissenschaftler*innen abschreckt, sich Studierende fragen, wie sicher sie hier sind und sich weltweit gesuchte Fachkräfte fragen, warum sie sich denn gerade in einem solchen Klima ansiedeln sollen.
In jedem Fachgespräch das wir in den Ausschüssen geführt haben wurde betont, dass die größte Gefahr für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung unseres Landes genau in diesem spalterischen Klima, wie es von rechten aber auch konservativen Kräften geschürt wird, liegt. Ja
die AfD sind eine Gefahr für unsere Wirtschaft.
Wir können aber auch viele Aussagen auf den Auslandsreisen nehmen, die diesen Befund untersetzen. Auf der Delegationsreise haben wir im Silicon Valley so ziemlich bei jedem Besuch gehört, dass die Gewinnung von Fachkräften, aber auch das Ansiedeln von Start Ups nur in einer Atmosphäre gelingt, die von Toleranz, Weltoffenheit und von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Das gehört zur Philosophie von Unternehmen wie Intel einfach dazu und sichert so ihr überleben. Um so unverständlicher sind da die Träume eines ach so wirtschaftskompetenten CDU Politikers, dass der nächste Landtag nur noch aus CDU und AfD besteht. Wer auf so eine Situation hinarbeitet, wie es zur AfD offene Teile der CDU offensichtlich tun, sägt am Fundament der wirtschaftlichen Entwicklung.
Dazu gehören auch Aussagen von Spitzenpolitikern von CDU und CSU. Wer sich im AfD Sprech in Talkshows setzt und von kleinen Paschas redet, wie Friedrich Merz, der arbeitet nicht an der Halbierung der AfD sondern macht die Nazipartei und ihre Politik gesellschaftsfähig. Wer Absprachen mit der AfD treffen will, wie zur Wahl eines Datenschutzbeauftragten macht diese Partei gesellschaftsfähig. Und wer sich bei einem Queerpolitischen Bildungsthema den Größten Applaus von Rechts abholt, wie es leider ein FDP Kollege gemacht hat, macht die Nazipartei und ihre Narrative gesellschaftsfähig und handelt damit wirtschaftsfeindlich und menschenverachtend.
Auch hier gibt es auf Reisen einiges zu lernen. Viele andere Länder sind selbstverständlich stolz auf einen Respektvollen Umgang mit der queeren Community. Das ist nicht nur von hoher Bedeutung für die Würde jedes Menschen. Auch aus Sicht der wirtschaftlichen Entwicklung ist es wichtig, dass sich die Menschen angenommen und respektiert fühlen, wenn sie mitwirken sollen. Dass dagegen ein Klima des Hasses ja der Gewalt – wie es Übergriffe auf CSDs sogar mit toten Transpersonen – geschürrt wird, gehört zum Problem dazu.
Denn auch das gehört zur Beendigung des Fach- und Arbeitskräftemangels. Wir müssen vielmehr die Menschen einbeziehen, die schon da sind. Wir können uns die vielen jungen Menschen, die unsere Schulen ohne Abschluss verlassen nicht mehr leisten. Statt dessen brauchen wir endlich eine Offensive in der Bildung. Schulsozialarbeit, multiprofessionelle Teams und längeres gemeinsames Lernen sind Rezepte, wie man sie in Finnland ansehen kann. Oder wie jemand in Finnland sagte: Die Modelle sind da und der Erfolg auch – wann wird das von deutschen Politikern nicht nur besichtigt sondern auch umgesetzt? Und zu dieser Wahrheit gehört auch, dass das längere gemeinsame Lernen Teil der Lösung ist. Die Finnen waren klug genug, diesen Teil eines Schulsystems, das wir im Osten kennen, zu übernehmen.
Wir dürfen bei der Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften nicht die gleichen Fehler wie in der BRD der 60er und 70er Jahre machen. Wer meint, man könne Arbeitskräfte passgenau und gesellschaftskonform bestellen, wie im Katalog, liegt vollkommen daneben. Wir müssen uns alle vergegenwärtigen – es kommen Menschen. Menschen mit einem Kulturellen Bedürfnis. Menschen mit einem religiösen Bedürfnis. Menschen die Anschluss suchen und Communities gründen, wie wir es selbstverständlich von Deutschen im Ausland auch kennen. Es sind Menschen, die mit uns leben und arbeiten wollen.
Darum ist es auch wichtig, dass sich Menschen aus anderen Ländern in den Betrieben wohl fühlen. Eine selbstverständliche Kollegialität gehört dabei zu einem Klima des Willkommens dazu. Leider kenne ich Fälle, wo Mitarbeitende aus Afrika sich nicht trauen zum Betriebsfest zu gehen, weil sie Angst vor offensichtlich rechten Mitarbeitenden haben.
Zu einem Willkommensklima gehören aber auch Ausländerbehörden, die ihrer Arbeit auch angemessen nachkommen können, weil sie entsprechend ausgestattet sind. Zudem braucht es einen Bürokratieabbau. Das Klima des Ablehnens und Abwehrens muss durch ein Klima des Willkommens und der Integration weichen. Story Ausländerbehörde Sachsen…
Man merkt dass mich Finnland beeindruckt hat. Die Übersetzerin hat von ihrer Ankunft in Finnland berichtet. Kurz nach ihrer Anmeldung bei den Behörden bekam sie eine Nachricht, wo sie ihre Kinder in den Kindergarten bringen kann. 3 Einrichtungen standen zur Auswahl mit Entfernungsangabe zur eigenen Unterkunft. Wir haben da noch viel Luft nach oben.
Denn eines ist auch klar. Im Gegensatz zu den 60ern werden wir es uns nicht leisten können, dass die Familien auf Dauer getrennt leben. Ein Familiennachzug muss möglich sein. Als Land ist das für uns eine riesige Chance für alle, die hier leben und hier leben wollen, wenn wir jetzt anfangen in Kitas und Schulen und in das soziale Leben zu investieren.
Auch die Anerkennung der Ausbildung muss flexibilisiert werden. Ich meine damit nicht eine Niveauabsekung in Bereichen wo es drauf ankommt, wie Medizin oder Pflege. Aber gerade bei Arbeitskräften kommt es in vielen Branchen mehr auf die Motivation und das tatsächliche Können an, als auf den formalen deutschkonformen Berufsabschluss. Das ist keine leichte Diskussion, aber eine notwendige. Ich habe mich in einem ansehnlichen Gasthof in Köthen mit einem Mitarbeiter aus (indonesien oder den Phillipinen) unterhalten. Sie besuchen neben der Arbeit auch die entsprechende Hotelfachschule. Ich habe gefragt, ob er nach der Ausbildung dort weiter arbeiten möchte. Er hat mich darauf etwas traurig angesehen und gesagt, dass er zu hause in einem 5 Sterne Hotel gearbeitet hat. Das meine ich, wenn ich sagen, dass wir die Lebensleistung und tatsächliches Können berücksichtigen müssen.
Der Fachkräfte und Arbeitskräfte Mangel stellt uns vor enorme Herausforderungen. Wenn wir es aber richtig angehen, ist er eine große Chance, der demographischen Entwicklung entgegenzuwirken. Ich wäre jedoch nicht Politiker der Linken wenn ich nicht darauf hinweisen würde, dass Migration nicht nur aus Nützlichkeitsaspekten betrachtet werden darf. Knäste an den Grenzen Europas sind Menschenverachtend und unser Grundrecht auf Asyl darf nicht weiter ausgehöhlt werden. Vielmehr sollten wir denjenigen, die bei uns Schutz suchen auch die Möglichkeit bieten, in unserer Gesellschaft mitzutun.
Seien wir uns immer gewahr: es kommen Menschen. Menschenwürde, Willkommenskultur und Respekt sind die Grundpfeiler wie ein gutes Miteinander gelingen kann und unser Land nicht nur wirtschaftlich vorankommt.
Danke!