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Heidelinde Penndorf zu TOP 06: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes

Nun gehen wir schon das dritte Jahr mit dem Gesetz und seinen Änderungen zur Wahrung des  Nichtraucherschutzes im Land Sachsen-Anhalt schwanger. Und das beruht allein auf der Tatsache, dass das Gesetz in Hast und Eile durch die Ausschüsse und durchs Parlament gepeitscht wurde.
Fast alle gesetzlichen Inhalte, die nun Änderungen unterliegen, wurden entweder im Sozialausschuss oder hier im Parlament von uns gefordert - wir hätten uns viel Zeit und dem Steuerzahler viel Geld sparen können.

Konfuzius hat den Satz geprägt:  Viele Fehler entstehen durch Eile.

Und genau dass ist passiert mit diesem Gesetz, man kann auch sagen, es wurde mit der heißen Nadel gestrickt, um mit dem Volksmund zu reden.

Die Beratung im Sozialausschuss am 05. Dezember 2007  kam einer mittleren Katastrophe nahe, denn die Fragen und Änderungsvorschläge der Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für Recht und Verfassung und des Innenausschusses blieben zum größten Teil unberücksichtigt und ungeklärt. Stattdessen wurde in der abschließenden Beratung des Sozialausschusses ein Änderungsantrag durchgebracht, der - völlig entgegen offiziellen Verlautbarungen der Sozialministerin zur Frage des Selbstbestimmungsrechts alter und behinderter Menschen in Heimen - diesen in ihrem allein genutzten Zimmer, also ihrem Zuhause, auf Lebenszeit, das Rauchen verbietet. Und das mit der Begründung, das sei ja sowieso schon immer so geregelt gewesen. DIE LINKE lehnte diese Änderung ab, weil der Privatsphäre eines Menschen, und zwar auch eines behinderten und eines alten, besonderer Schutz gebührt.

Das Verhalten der Koalitionsfraktionen offenbarte wenig Sensibilität für den Paradigmenwechsel in der Behinderten- bzw. Seniorenpolitik, der darauf abzielt, auch diesen Menschen gleichermaßen Teilhabe und Selbstbestimmung zu sichern.

Aber darüber haben CDU und SPD sicher nachgedacht, denn Sie haben ja nun im Gesetz zur  Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes diese  Selbstbestimmungseinschränkung  im Satz 3 korrigiert.

Am 05. Dezember 2007 im Sozialausschuss hat DIE LINKE beantragt, die Beratung des Gesetzes noch nicht abzuschließen, doch unser Antrag wurde abgelehnt. Deshalb haben wir zur Landtagssitzung am 14. Dezember 2007 mehrfach und deutlich darauf hingewiesen, dass das Gesetz zur Wahrung des Nichtraucherschutzes in unserem Land noch nicht entscheidungsreif sei und stellten den Antrag, die Beschlussempfehlung in den federführenden Ausschuss zurück zu überweisen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt, genau so wie unsere Anträge Drucksache Drs. 5/783 und Drs. 5/487 für die Einrichtung separater Raucherräume.

Erst das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat mit dem Urteil vom 22. Oktober 2008 die Koalitionsfraktionen, gezwungen, doch noch einmal gründlich nachzudenken. Das Gericht forderte zudem, bis zum 31. Dezember 2009 eine gesetzliche Neuregelung zu schaffen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt.

Bei meiner Recherche habe ich festgestellt, dass Sachsen-Anhalt nicht das einzige Bundesland ist, welches das Gesetz novelliert. Auch Berlin, Bayern, Niedersachsen, Nordrheinwestfalen und Mecklenburg-Vorpommern haben ihre Nichtraucherschutzgesetze nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erneuert.

Deshalb fordert  DIE LINKE nach wie vor eine bundeseinheitliche Regelung. Denn der Nichtraucherschutz sollte wahrlich kein Gegenstand eines föderalen Wettbewerbs sein. Es  zeigt sich nun endgültig, dass eine bundeseinheitliche Regelung für ein Rauchverbot ohne Ausnahme vernünftiger wäre als der Flickenteppich aus verschiedenen Länderregelungen mit diversen Ausnahmen. Weil sich aber die Bundesregierung ihrer Verantwortung entzogen hat, muss eine Novellierung des Gesetzes in Sachsen-Anhalt  in allen Bereichen den Gleichheitsgrundsatz beachten und die Balance zwischen Selbstbestimmungsrecht und Nichtraucherschutz gewährleisten.

Ein der LINKEN wichtiger  Aspekt ist, dass gesetzlicher Nichtraucherschutz mit einer zielgerichteten Präventionsarbeit in Schulen und Freizeiteinrichtungen verknüpft wird und den RaucherInnen Möglichkeiten kostengünstig oder kostenlos angeboten werden, suchtfrei zu werden und zu bleiben.

Kultusminister Olbertz  hat in der letzten Sozial-Ausschusssitzung - wenn auch in einem anderen  Zusammenhang - gesagt, er arbeite nicht gern mit Verboten, die Öffentlichkeit müsse mehr für die anstehende Thematik sensibilisiert werden.

Das hat mich zum Nachdenken angeregt. Verbote locken Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene jedes Alters, sie zu übertreten, ohne dabei erwischt zu werden.
Darin besteht der Reiz, der Nervenkitzel - und sind wir alle mal ehrlich zu uns selbst: Wer von uns hat noch kein Verbot übertreten?

Man erreicht mehr, wenn das Thema Nichtraucherschutz im positiven Sinne in der Öffentlichkeit sensibilisiert wird.
Überzeugung ist besser als ein Verbot und wir sollten mit der Europäischen Kommission mitgehen, die im Mai 2006 eine Imagekampagne für das Nicht-Rauchen Jugendlicher startete.
In dieser Kampagne wird kein Verbot ausgesprochen oder mit dem erhobenen Zeigefinger hantiert - vielmehr wird etwas erlaubt, was Jugendlichen in der Regel nicht gestattet ist: nein zu sagen. Nein zu Drogenmissbrauch und Abhängigkeit, nein zu Gruppenzwang und Uniformität, nein zu Zigaretten und Nikotin.
Wirkliche Freiheit ist die Freiheit, nein zu sagen. Das ist die Aussage der Kampagne. Das sind Präventionsmaßnahmen und das ist Gesundheitsförderung, welche Kinder und Jugendliche ansprechen und die auch genutzt werden sollten. Die persönlichen Ressourcen (z.B. persönliche Stärken, Fähigkeit "nein" zu sagen) müssen gefördert  werden. Nicht nur die einzelne gefährdete Person, sondern der ganze soziale Kontext - Familie, Kindergarten, Schule, Vereine und Gemeinde - sollten gegen einen Einstieg in den gefährdenden Nikotinkonsum mobilisiert werden.
Nicht punktuelle oder einzellfallbezogene Maßnahmen, sondern Konzepte, die über einen längeren Zeitraum und nachhaltig angelegt sind, sollten implementiert werden.
DIE LINKE erwartet von der Landesregierung gerade auf den Gebieten der Prävention, Gesundheitsförderung und Nichtrauchertherapien konkrete Vorschläge.

Noch eine persönliche Bemerkung: Ich empfinde es als Gast eines Speiserestaurants als sehr angenehm, dass dort nicht mehr geraucht wird. Und ich habe auch nicht den Eindruck, dass es in diesem Bereich weniger Gäste gibt, im Gegenteil.

DIE LINKE stimmt einer Überweisung in die Ausschüsse zu.