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Harry Czeke zu TOP 06: Beitragsverfahrenspraxis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft

Die Fraktion DIE LINKE wie auch ich persönlich haben die Änderung der Beitragsverfahrenspraxis der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft mit Unbehagen und Unverständnis zur Kenntnis genommen, da hiervon gerade sehr viele kleine Waldbesitzer betroffen sind. Wenn man über etwaige Folgen dieser Handhabung nachdenkt und gerade das kleinstrukturierte Waldeigentum zur Disposition gestellt werden könnte, ist diese Angelegenheit für uns nicht allein eine finanztechnische, sondern auch eine politische Frage.  

Ich möchte aus einem Schreiben einer Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zitieren. Unter viertens steht hier: „In Ansehung der forstlichen Ertragslage hat Ihre Anfrage zudem für die Mehrzahl der kleinen Waldbesitzer existenzielle, ja substanzverzehrende Bedeutung. Es erstaunt, dass schon dieser Umstand nicht vorab Berücksichtigung fand.“  

Daher ist es uns wert, dieses Thema, das gegenwärtig im Waldbesitzerverband und in den FBG hitzig diskutiert wird, in diesem Hohen Hause anzusprechen, um dann im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über weitere Verfahrensweisen zu diskutieren.

Worum geht es? Für diejenigen, die damit weniger zu tun haben: Als Mitglied in einer Forstbetriebsgemeinschaft hatte ein Waldbesitzer/eine Waldbesitzerin 30 € Jahresbeitrag an die FBG als juristische Person zu bezahlen. Ab 1. Januar 2010 wird gefordert, dass jedes Mitglied, also jedes besitzende Mitglied der Forstbetriebsgemeinschaft, als forstwirtschaftlicher Unternehmen eingestuft wird und unabhängig von der Flächengröße einen Beitrag von 40 € zu bezahlen hat. Der Flächenbeitrag kommt dann noch dazu.

Der erforderliche Grund- und Flächenbeitrag der Privatwaldbesitzer wurde über die Forstbetriebsgemeinschaften bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft entrichtet. Die Mitglieder der FBG genossen damit den Versicherungsschutz. Künftig sollen die Beiträge von allen Mitgliedern, unabhängig von der Größe und dem Bewirtschaftungszustand ihrer Waldfläche, erhoben werden.  

Diese Beitragsverfahrenspraxis ist aus unserer Sicht abzulehnen, weil sie in keiner Weise den Besonderheiten der Waldbewirtschaftung entspricht und damit in ihrer Undifferenziertheit zugleich unangemessen und ungerecht ist.  
Es ist bekannt, dass die Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft, hier der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, eine Pflichtmitgliedschaft aller Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer ist, der sie sich nicht entziehen können. Aber gerade deshalb fordern wir hierbei Angemessenheit und differenziertes Herangehen.  
Bei einer Krankenversicherung ist es auch so, dass bei einer extrem starken Beitragserhöhung ein Wahlrecht eingeräumt wird. Das hat man hierbei nicht. Es ist also eine Pflichtmitgliedschaft vorgesehen.  

Aus der Natur der Sache heraus werden Waldflächen nicht kontinuierlich, sondern in sehr sporadischen Zeitabständen bewirtschaftet. Das heißt, sie werden über Jahre oder Jahrzehnte nicht bewirtschaftet oder nur in begrenztem Umfang, wenn es beispielsweise um Waldsicherungsmaßnahmen oder Ähnliches geht. Abgesehen von einzelnen Waldschutz- und Pflegemaßnahmen haben meist erst Generationen später einen akuten Arbeitsbedarf im Wald, wenn zum Beispiel die eigenen Enkel die Früchte der Arbeit ihrer Großeltern einfahren dürfen und können.  

In diesem Sinne stellen sich zum Beispiel Risiken im Unfallgeschehen im Falle von Holzeigenwerbung sehr differenziert dar, was in der Höhe und der Art der Beitragsentrichtung angemessene Berücksichtigung finden sollte. Hierbei ist andererseits die Verfahrenspraxis, wenn ausschließlich Lohnunternehmen, die ebenfalls berufsgenossenschaftspflichtig sind, für Waldarbeiten herangezogen werden. In diesem Fall werden Beiträge doppelt erhoben. Aus unserer Sicht ergibt sich aus dieser Situation heraus außerdem eine gewisse Gefahr für den Erhalt des kleinteiligen Waldeigentums, was wir sehr bedauern würden.  

Dies alles sind Fragen, die es mit den Betroffenen zu klären gilt, denen wir uns als Politiker zuwenden und bezüglich derer wir uns auch positionieren sollten. Für uns als DIE LINKE gilt beim Beitrag das Gebot der Gerechtigkeit und Angemessenheit. Das erwarten übrigens auch die privaten Waldeigentümer, ihr Interessenverband und die Forstbetriebsgemeinschaften, die ausdrücklich darum gebeten haben und auch der Berufsgenossenschaft schriftlich angezeigt haben, dass sie die Gesamtsituation im politischen Raum thematisieren werden.

Zum Gebaren der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft noch ein Hinweis: Es sind nicht alle Forstbetriebsgemeinschaften kontaktiert worden. An dieser Stelle zitiere ich wiederum aus einem mir vorliegenden Schreiben der Forstbetriebsgemeinschaft Nielebock an die Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland: „Sehr geehrte Damen und Herren! Am vergangenen Freitag informierten Sie telefonisch die Finanzbearbeiterin unserer Forstbetriebsgemeinschaft über die vorgesehene Neuordnung der Beitragsgestaltung an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft. Diese gemachten Auskünfte nahm ich mit Befremden und Unverständnis zur Kenntnis.“

Wie würden Sie reagieren, wenn Sie jemand anruft, Ihnen eine Kontomitteilung macht und sagt: In Zukunft zahlen Sie ein paar Euro mehr? Das ist doch keine Verfahrenspraxis. Es hat sich auch nicht die Anforderung an die Berufsgenossenschaft geändert, sodass eine Betragserhöhung derzeit nicht angezeigt ist.