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Guido Henke zu TOP 04: Entwurf eines Gesetzes zur Garantieermächtigung des Ministeriums der Finanzen zugunsten der Norddeutschen Landesbank - Girozentrale

„Ein funktionierendes Finanzsystem ist nicht Sache einzelner, sondern es ist ein öffentliches Gut. Geldwertstabilität und Geldversorgung sind öffentliche Aufgaben.

Insofern hat die Finanzwirtschaft nicht nur den privaten Auftrag, Gewinne zu erzielen, sondern auch den öffentlichen Auftrag, die Lebensqualität und den Wohlstand aller in der Gesellschaft, insbesondere der Armen, zu heben.“ So beschreibt es Prof. Friedhelm Hengsbach, katholischer Sozialethiker, Priester, geb. 1937, 1985 bis 2005 Prof. für christliche Sozialwissenschaft bzw. Wirtschafts- und Gesellschaftsethik am Oswald-von-Nell-Breuning-Institut der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main.

Wulf Gallert erklärte bereits am 02.12.2008: „DIE LINKE in Sachsen-Anhalt bekennt sich zum öffentlichen Bankensektor und zur Nord LB als Bank mit ausschließlich öffentlichen Trägern mit Landes- und ohne Bundesbeteiligung.“

Der SoFFin (staatlicher Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) würde mindestens ein ¾ Jahr für die Grundsatzentscheidung benötigen. Diese Prüfung würde bewirken, dass die gesamte Chefetage der Nord/LB nur noch SoFFin-Fragen zu beantworten hätte.

Außerdem würden künftige Entscheidungen der Bank nicht nach Gesichtspunkten der Trägerländer, sondern nach Bundesmaßgaben zu treffen sein.

Sensationell schnell traf die EU-Kommission ihre Bewilligungsentscheidung zu dieser Unterstützungsmaßnahme, und das vor dem Hintergrund, bisher der Öffentlichkeit nicht als besonders landesbankenfreundlich  aufgefallen zu sein.

Offensichtlich führten auch dort die Krisenerfahrungen zu einer Abkehr bisheriger Präferenzen für den Privatbankensektor, eine vielleicht unfreiwillige Stärkung auch linker Argumentationen.

Die Übernahme der Garantien darf allerdings kein Selbstzweck sein. Die Landesregierung und die Nord LB müssen deutlich machen, dass diese Sicherheiten einen spürbaren positiven Einfluss auf die Kreditvergabe an die Realwirtschaft in Sachsen-Anhalt haben. 

Es ist davon auszugehen, das das bisher ausgereichte Kreditvolumen von jährlich 5 Mrd. Euro kaum zu erreichen sein wird. Es hat eine aufmerksame Beobachtung von Reflexionen aus der Wirtschaft auf die tatsächlichen Bedingungen der Kreditgewährungen durch die Nord LB zu erfolgen. Daher muss die Landesregierung aufzeigen, wie sie mit Hilfe der Investitionsbank als Teil der Nord LB effektiv auf die sich anbahnende Rezession reagieren will.

Unter diesen Bedingungen befürwortet DIE LINKE in Sachsen-Anhalt grundsätzlich die Ausbringung einer entsprechenden Garantieübernahme. 

Unsere Befürwortung der Überweisung des Gesetzentwurfes in den Finanzausschuss beinhaltet auch die Erwartung einer - im Vergleich zur dortigen Dezemberberatung - qualitativ besseren Erläuterung zur Besicherung der Landesgarantie mit freien Aktiva
und der Niederlassung nach luxemburgischem Recht, letzteres vor allem, um denkbaren Vorhaltungen eventueller Steuerflüchtigkeit zu entgehen.

Für die landesseitige Unterstützung der Nord/LB spricht auch deren Selbstauskunft, keine Auslandsbeteiligungen in Steuerparadiesen zu unterhalten, um der Steuerpflicht in Deutschland zu entgehen.

Denn nach Bekanntwerden dieser Praxis bei der HSH Nordbank im vergangenen Monat vermutete Prof. Dr. Rudolf Hickel, es würde sich dort nicht um einen Einzelfall handeln: „Ich vermute sehr stark, dass auch andere Landesbanken in Steueroasen aktiv sind.“

Eine Steuerflucht kann nicht mit betriebswirtschaftlichen Zwängen begründet werden, etwa „um die Refinanzierungsbasis zu stärken oder Kunden vor Ort ins Ausland zu beleiten“ wie der Hamburgische Senat im Januar versuchte zu erklären.

Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel dazu: „Ausflüchte, Skandal“ nicht allein wegen der möglichen Steuerhinterziehung durch die Staatsbank, sondern auch weil die Steueroasen „Schaltstellen für die aktuelle Finanzkrise waren“.

Üblicherweise sind es die Privatbanken, die Wettbewerbsverzerrungen beklagen.

Hier ist das Thema Bad Bank anzusprechen, weil auch die LB davon berührt wird - und sei es nur im Wettbewerb mit de facto per Forderungsausfallübernahme subventionierten Privatbanken.

Beim SoFFin sollen so genannte „Konten“ eingerichtet werden, die Banken wertlose Forderungen abnehmen und so als „Bad Bank“ wirken.

Die Nord LB ist nur zum geringen Teil von diesem Problem betroffen, aber der Kapitalmarkt berücksichtigt dergleichen Hilfsmaßnahmen.

Diese Neuentwicklung auf Bundesebene ist im Verhältnis zur Landesgarantie für Neuemissionen ebenfalls zu beraten.

Im Finanzausschuss ist deshalb die Bedeutung des sich zuspitzenden „Bad-Bank-Themas“ zu diskutieren. Nicht nur wegen der US-Entscheidungen für einen zwei Billionen schweren Generalplan für den Finanz- und Immoliliensektor, dessen Kernstück ein in öffentlich-privater Partnerschaft betriebener „Financial Stability Trust“ ist.

Da Sachsen-Anhalt als Träger Miteigentümer der NordLB ist soll die Landesregierung  sich zu Forderungen der LINKEN zum Verbot von

  • Hedge-Fonds
  • Verbriefungen
  • außerbilanziellen Zweckgesellschaften
  • und anderen Spekulationsinstrumenten 

erklären. Diese sind weder vom ersten oder zweiten Konjunkturpaket untersagt worden. Sie werden maßgeblich für die Verschärfung (nicht für die Ursache oder Auslösung) der Krise mitverantwortlich gemacht.

Eine kurze Anmerkung: Die Seltsamkeiten um die Zahlung des Kaufpreises für die Postbank durch die Deutsche Bank per Neuausgaben von eigenen Aktien mit der Folge einer indirekten 8-%igen Anteilseignerschaft des Bundes an der Deutschen Bank wären mit Blick auf Vorgenanntes ebenfalls sorgfältig zu prüfen.

Von solchen Möglichkeiten träumen alle Kleinunternehmer und Mittelständler: Einfach alle ausgefallenen Rechnungsbeträge per Forderungsabtretung beim  Finanzamt zum Zwecke der Steuerzahlung einreichen können. Viele Insolvenzen und Liquiditätsprobleme wären passè.

Im Zusammenhang mit der Bad Bank steht die Enteignungsdiskussion beim Marktteilnehmer und Wettbewerber Hypo Real Estate, dem der SoFFin seit Oktober 102 Mrd. Euro als Kapitalhilfen und Staatsgarantien ausgereicht hat.

Zum Vergleich: Der aktuelle Börsenwert liegt bei rd. 220 Mio. Euro

Die Investorengruppe von Flowers „nehme das Angebot zu Gesprächen an“ hieß es generös in der letzten Woche. Denn „durch eine Einigung mit Flowers, der rund 25 % der Anteile der HRE-Anteile hält, könnte eine rasche Beteiligung des Staates erleichtert werden.“

Viel zu verlieren hat Flowers ohnehin nicht mehr. Der für 22,50 Euro je Aktie erworbene Anteil wird z.Zt. mit 1,30 Euro pro Stück gehandelt. Aus 1,3 Mrd. Euro wurden 70 Mio. Euro- und ohne Staatshilfen wären es Null. Von den unkalkulierbaren Eruptionen, die eine Insolvenz auslösen und so weitere Finanzvermögen – auch von Christopher Flowers – vernichten würde, ganz zu schweigen.

Auffallend ist die Rolle des privaten Investors Flowers: Bei der HSH besteht keine Bereitschaft zur Kapitalerhöhung und bei HRE sollen die Anteile nicht verkauft werden.

Die notwendige Enteignungsdebatte verläuft ohnehin unehrlich. Enteignet wurden bislang nur die Steuerzahler und nicht - wie an den  Beispielen HRE und HSH sichtbar -  die Aktionäre. Deren Werte werden erhalten. Aber um deren „Vertrauen“ sorgt sich die Politik.

Dazu soll ein euphemistisch „Rettungsübernahmegesetz“ genannter Entwurf greifen, um die Schulden zu verstaatlichen. Die Regelung in Art. 14 III GG zur Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit datiert aus dem Jahre 1949 und löst nun Glaubenskriege aus. Der Bürger hat trotz allem zu zahlen.

Genügen die bisherigen Staatsgarantien für die Banken aus beiden Konjunkturpaketen?

Der Interbankenhandel bleibt bescheiden, in Großbritannien und den USA wurden zusätzliche Finanzhilfen bisher unvorstellbaren Ausmaßes angekündigt, weil die Risiken erst nach und nach sichtbar werden (dürfen).

Wie wird sich dann die Landesregierung in einer vergleichbar eskalierenden Situation verhalten?

Wie sind Bund und Land zu diesen enormen finanziellen Hilfsmaßnahmen zu befähigen?

Das bisherige Konzept lautet: Steuern `runter, Schulden `rauf und dazu eine Haushaltskonsolidierung einschließlich Verschuldungsbremse - also die Eier legende Wollmilchsau?

Soll das „Jahrzehnt der Entstaatlichung“ (Prof. Dr. Peter Bofinger, Inhaber Lehrstuhl VWL an der Uni Würzburg) mit all seinen schlimmen Auswirkungen fortgesetzt werden?

Werden nur Massesteuern marginal gesenkt erbringt das  mehr für eine gute Stimmung als tatsächlich zur Stärkung der Binnennachfrage.

Denn das hieße im Gegenteil die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes und deutliche Anhebungen von SGB-II-Sätzen und Renten. Dann kämen staatlichen Hilfen auch in unserer kleinteiligen Wirtschaft an und würden spürbare Verbesserungen für die Menschen erzeugen – nicht nur stimmungsmäßig im Vorwahlkampf, sondern real. Insbesondere, nachdem während des „Aufschwungs bis September 2008“ (für wen eigentlich?) beim Normalverbraucher kein Aufschwung ankam.

DIE LINKE sieht die große Gefahr, mit der Bankenstützung auch in Sachsen-Anhalt klammheimlich die bisherige Umverteilungspolitik unter den neuen Deckmantel der staatlichen Eingriffe prinzipiell fortzusetzen. Diese Krise darf kein Testlauf für neue Formen der Risikoverlagerung auf die Menschen sein, um für jene Neuverpackungen dann auch noch öffentliche Zustimmung zu heischen.

Der eingangs zitierte Sozialethiker Prof. Hengsbach traut „ den Finanzeliten nicht mehr über den Weg“. Es liegt auch in unserer Verantwortung, die Vorgaben für diese Eliten zu verändern und auf diese Weise die Beachtung des Allgemeinwohls zu gestalten.