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Gudrun Tiedge zu TOP 30: Konzept zur Neuausrichtung von Aussteigerprogrammen

Der vorliegende Antrag der FDP-Fraktion verlangt von der Landesregierung, noch in dieser Legislaturperiode ein Konzept zur Neuausrichtung von Aussteigerprogrammen aus der links- und rechtsextremistischen Szene vorzulegen.

Nun können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass bei der FDP reflexartig bei dem Begriff des Rechtsextremismus im selben Atemzug auch der Begriff des Linksextremismus mit benannt werden muss; ob nun sachlich gerechtfertigt oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Die antragstellende Fraktion erwähnt selbst in der Begründung zu ihrem Antrag die Antwort auf ihre Kleine Anfrage vom 20.07.2009, in der die Landesregierung eindeutig antwortet, dass es kein Aussteigerprogramm für Linksextremisten in Sachsen-Anhalt gibt.
Also, wenn ein solches, auf den Linksextremismus ausgerichtetes Programm bisher nicht existierte, kann es zum einen auch nicht neu ausgerichtet werden und es können zum anderen auch keine Kriterien benannt werden, welche sicherstellen, dass das Aussteigerprogramm stärker angenommen wird.

Nun gab es in der Vergangenheit zahlreiche Diskussionen darüber, ob in einigen Bundesländern die Partei DIE LINKE auch künftig vom Verfassungsschutz wegen angeblicher linksextremistischer Strömungen beobachtet werden solle.
Und ich kann mich gut an eine Fernsehdiskussion im MDR erinnern, in welcher Herr Prof. Jesse auftrat, der ja meint, Fachmann zu sein, wenn es um Einschätzungen von politischen Inhalten unserer Partei geht.
Aber letztendlich - auch von ihm konnte nicht der Beweis erbracht werden, warum es notwendig sei, Teile unserer Partei vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

Auch mit Hilfe von Aussagen im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2009 kann man nicht ansatzweise den Beleg dafür erbringen, dass ein Aussteigerprogramm für die linke Szene notwendig sei. Und ich glaube kaum, dass Sie mit diesem Programm zukünftig all die betreuen lassen wollen, die aus unserer Partei ausgetreten sind.

Um aber ausdrücklich nicht missverstanden zu werden: Wir haben uns stets klar dahingehend positioniert, dass wir jegliche Gewalt, dass wir jegliche Straftaten, seien sie gegen Personen oder Sachen gerichtet, unter dem Deckmantel einer ideologischen Ausrichtung, strikt ablehnen. Gewalt darf kein Mittel politischer Auseinandersetzungen sein.

Kommen wir aber nun zu dem wirklich wichtigen und richtigen Teil des Antrages der FDP, dem Aussteigerprogramm gegen Rechtsextremismus, wo es uns vor allem um die erfolgreiche Unterstützung von Menschen beim Loslösen aus der rechten Szene, beim Ablegen rassistischen Gedankenguts und die Rückkehr in die „normale“ Gesellschaft geht. Ich hatte bereits in meiner Rede zur Aussprache zu unserer Großen Anfrage zum Thema des Rechtsextremismus darauf hingewiesen, dass wir es sehr bedauern, dass dieses Aussteigerprogramm ausgelaufen ist.

Sowohl in den Antworten zu unserer Großen Anfrage als auch in der Antwort auf die Anfrage der FDP geht hervor, dass bislang nur sehr wenige von diesem Programm Gebrauch gemacht haben.

Und schon damals wies ich darauf hin, dass dies insbesondere auch an der Ausrichtung des Konzeptes selber lag. Wer ein solches Programm nur bei der Polizei bzw. beim Verfassungsschutz ansiedelt, braucht sich nicht wundern, wenn es nur äußerst zögerlich angenommen wird. Es fehlte z. B. die Anbindung an die sozialen Dienste. In Niedersachsen hat man sich u. a. der Hilfe von Sozialarbeitern bedient, die sich sehr engmaschig dieses Themas widmen. Und wir haben soviel von Niedersachsen übernommen; nicht alles war gut, aber an dieser Stelle wäre es schon angebracht.

Und, auch darauf habe ich damals bereits hingewiesen, es sollten die Eltern bei der Ausrichtung des Konzeptes mit einbezogen werden. Auch ihnen muss dabei geholfen werden, zum einen mit der Situation klar zu kommen, dass sich ihre Kinder in der rechtsextremen Szene engagieren und zum anderen, sie bei einem Ausstieg aktiv mit einzubinden.

Eines muss uns aber an dieser Stelle auch klar sein: Allein dieses Aussteigerprogramm wird die Gefahr, die der Rechtsextremismus für die Demokratie in unserem Land bedeutet, nicht bannen.

Die breite gesellschaftliche Akzeptanz dafür, was ein Herr Sarrazin an fremdenfeindlichen und menschenverachtenden Äußerungen von sich gibt, muss uns alle zum Nachdenken bewegen. Sie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Viele befürwortende Aussagen zu dem genannten Herrn sind eine beredtes Zeugnis dafür.

Und dieser Gefahr müssen sich alle demokratischen Parteien gemeinsam stellen, gemeinsame Konzepte erarbeiten und umsetzen – und das ohne ideologische Scheuklappen.