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Gudrun Tiedge zu TOP 17: BKA-Gesetz hält Kriterien der Grundgesetzkonformität und Wahrung von Grundrechten nicht stand

Für kurze Zeit konnte man sich der Illusion hingeben, dass Vernunft in die Sicherheitspolitik der BRD Einzug gehalten hat, denn im Bundesrat wurde das BKA-Gesetz - zu guter letzt durch die ablehnende bzw. enthaltende Haltung der SPD in mehreren Bundesländern - abgelehnt.

Nur - diese Vorstellung war leider nur von kurzer Dauer und zerplatzte wie eine Seifenblase. Zu keinem Zeitpunkt ging es der SPD um eine Komplettablehnung des bereits vom Bundestag beschlossenen Gesetzes. Denn das Gesetz als solches wurde nie in Frage gestellt. Vielmehr war von vornherein klar, dass nur kosmetisch nachgebessert und korrigiert werden sollte. Aber was nützt die beste Kosmetik, wenn der Untergrund bereits auf wackligen Füssen steht.

Eine große Chance wurde verpasst, den unsäglichen Sicherheitswahn eines Herrn Schäuble zu stoppen.

Niemand in diesem Land verharmlost die Gefahr, die von  Terroristen ausgeht.
Aber Gradmesser für die Sicherheitspolitik in diesem Lande darf nicht sein, was Herr Schäuble oder die Innenminister der Länder wollen, sondern einzig und allein das, was das Grundgesetz gebietet. Aber genau das passiert nicht mit dem vorliegenden BKA-Gesetz. Hier wird das Grundgesetz total auf den Kopf gestellt.

Und da verwundert es schon sehr, wenn nach erfolgter Ablehnung des Gesetzentwurfes im Bundesrat der Bundesinnenminister in einem Interview erklärt:
„Auch unter den gesetzlichen Gegebenheiten ist Deutschland ein sicheres Land. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund.“

Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich diese Worte nicht selber im Fernsehen vernommen hätte.

Ja, warum in aller Welt braucht Deutschland dann ein BKA-Gesetz? Wer, wie die Bundesregierung noch nicht einmal eine Definition für Terrorismus vorweisen kann, der wird auch nicht in der Lage sein, diesen zu erkennen, zu verhindern und dessen Ursachen zu bekämpfen. Mit einem Abbau von Bürgerrechten ist dem Terrorismus jedenfalls nicht zu begegnen.

Uneingeschränkt können wir den 3 Hauptkritikpunkten, die der Innenminister Hövelmann in seiner Pressemitteilung vom 18. November 2008 aufgeführt hat und die aus Ländersicht nochmals zu überarbeiten sind, beipflichten.

1. Zur Online- Untersuchung:

Herr Hövelmann unterstrich seine grundsätzlich kritische Haltung zum Instrument der Online-Untersuchung. Verfassungsrechtliche Probleme seien mit den Händen greifbar. DIE LINKE hat hierzu absolut keine andere Auffassung.

Aber auch mit einem Richtervorbehalt bleibt die Online-Untersuchung eine der größten Eingriffe in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger.
Einen wirklichen Schutz persönlicher sensibler Daten vor Missbrauch weist das Gesetz nicht aus. Für diesen massiven Eingriff in die Grundrechte kann es keinerlei Verständnis oder Zustimmung geben.
Also, in letzter Konsequenz dürfte diesem Punkt auch jetzt nicht zugestimmt werden.

2. Zum so genannten Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern:

Die Trennung zwischen internationalem und nationalem Terrorismus ist Augenwischerei. Und die Festlegung, dass das BKA zukünftig nur in Fällen des internationalem Terrorismus die Ermittlungen aufnehmen darf, ist lediglich dem Willen geopfert, das Gesetz „auf Teufel komm` raus“ einzuführen. Auch hier müsste Sachsen-Anhalt folglich ablehnen.
Aber bereits in der aktuellen Debatte zeichnet sich ab, woran den Bundesländern wirklich gelegen ist: Ihr Focus liegt vor allem auf einer klaren Bund-Länder-Kompetenzaufteilung. Im Klartext wird hier also ein Possen- und Ränkespiel um Kompetenzen veranstaltet.

3. Zum Zeugnisverweigerungsrecht:

Ich zitiere an dieser Stelle den Innenminister: „Ich begrüße, dass entsprechend der Forderung des Bundesrates ein ausnahmsloses Zeugnisverweigerungsrecht für Strafverteidiger, Geistliche und Abgeordnete in den Gesetzentwurf aufgenommen wurde. Umso unverständlicher ist es,  dass dieses Recht für Journalisten und Ärzte nicht gelten soll.“
Ja, auch hier keine andere Auffassung. Denn nach wie vor gilt, verweigern etwa Journalisten die Herausgabe von Materialien, drohen ihnen Zwangsgeld und Beugehaft. Das schafft ein nicht zu akzeptierendes 2- Klassen-System unter den Berufsgeheimnisträgern. Und es stellt sich automatisch die Frage: Sollen hiermit bestimmte Berufsgruppen, wie z.B. Journalisten an die Kandare genommen werden?

Das BKA-Gesetz ist und bleibt also ein rechtsstaatliches Desaster!

Demzufolge müsste das Gesetz, wenn es dann voraussichtlich am 19. Dezember 2009 wieder in den Bundesrat kommt, durch die Landesregierung von Sachsen- Anhalt konsequenterweise abgelehnt werden. Und genau das erwarten wir.

Terroristische Anschläge wird man durch dieses Gesetz nicht verhindern können.

Den gläsernen Terroristen gibt es nicht, es gibt nur den Verdächtigen.
Und wenn jeder jederzeit zu einem Verdächtigen werden kann, schafft das nicht mehr Sicherheit sondern im Gegenteil ein Klima von Repression und Angst und es schafft den gläsernen Bürger.

Ziel einer fortschrittlichen Sicherheitspolitik muss es sein, das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit einzuhalten. Dazu bedarf es z.B. einer Analyse der Notwendigkeiten.

Und dazu bedarf es aus unserer Sicht eines  sofortigen Moratoriums für die Sicherheitsgesetzgebung in diesem Land. Einen entsprechenden Antrag hat unsere Bundestagsfraktion bereits im April diesen Jahres eingebracht.

Dieser beinhaltete u.a.

  • den Einsatz einer unabhängigen Expertengruppe, in der Bürgerrechts-, Rechtsanwalts-, Journalisten-, Richter- und Datenschutzvereinigungen und -verbände sowie Gewerkschaften vertreten sind.
  • die Prüfung bereits beschlossener Gesetze, deren Inhalt eine Einschränkung des Rechts auf die „Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ nahe legt, auf Verträglichkeit mit diesem neuen Grundrecht.
  • und schließlich den Verzicht auf die Vorlage neuer Sicherheitsgesetze, die das neue Grundrecht tangieren könnten, und dabei insbesondere den Verzicht auf die Verabschiedung eines neuen BKA-Gesetzes bis zur Veröffentlichung des Abschlussberichtes der Expertengruppe.

Die Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik Deutschland erwarten zu recht, dass die vom Gesetzgeber beschlossenen Gesetze im Einklang mit dem Grundgesetz stehen. Und genau das garantiert das neue BKA-Gesetz in keiner Weise, denn es stellt einen gravierenden Einschnitt in die Grundrechte dar und ist somit nicht grundgesetzkonform.

Nun geht der Bundesinnenminister mit seinen Vorschlägen und Wünschen sogar soweit, das Grundgesetz und damit die verfassungsrechtlichen Abstimmungsregeln ändern zu wollen und so anzupassen, damit seine undemokratischen Gesetze problemlos den Bundesrat passieren. Wie sagte doch Herr Schäuble? „Deutschland ist ein sicheres Land.“

Vielleicht sollte aber mittlerweile das Land vor den Sicherheitsvorstellungen dieses Innenministers geschützt werden, damit die Bundesrepublik ein sicheres und freies Land bleibt.

Wir beantragen die punktuelle Abstimmung unseres Antrages.