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Gudrun Tiedge zu TOP 14: Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011 im Land Sachsen-Anhalt

Die generellen Bedenken meiner Fraktion zum vorliegenden Gesetzentwurf habe ich bereits bei der 1. Lesung zum Ausdruck gebracht. Ich möchte deshalb in der heutigen Debatte darauf nur noch einmal kurz eingehen.

Unsere Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Volkszählung und die Frage der Verhältnismäßigkeit zwischen der Preisgabe von persönlichen Daten und dem Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger konnten auch in der Anhörung nicht beseitigt werden.
Im Gegenteil – sie wurden zum Teil noch bestärkt.

Unbestritten ist sicherlich bei allen, dass der einzige Nutzer für die Ergebnisse des Zensus der Staat sein wird. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt, die von keinem bisher ausgeräumt wurden. So ergeben sich aus der Erhebung der Daten umfassende Möglichkeiten für die Abbildung von Persönlichkeitsbildern und damit für die soziale Stigmatisierung durch Meldedaten der Agentur für Arbeit. Und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass adressgenau sämtliche Daten einer, also der entsprechenden Person zugeordnet werden können.
Und auszuschließen ist ebenfalls nicht die Möglichkeit der Zweitverwertung der erhobenen Daten. Völlig unverständlich ist und bleibt, warum der Staat das bloße Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung hinterfragt. Das geht den Staat einfach nichts an.

Auf zwei weitere Punkte möchte ich an dieser Stelle noch eingehen, die auch hauptsächlich zu unserer ablehnenden Haltung zum Gesetzentwurf geführt haben.

Zum ersten: Wieder einmal überträgt das Land den Kommunen eine Aufgabe, ohne zu gewährleisten, dass die dafür notwendigen Mittel ausreichend zur Verfügung gestellt werden. Nun streiten Land und Kommunen nicht etwa nur um „Peanuts“. Nein, hier besteht bei der Veranschlagung der Kosten eine Differenz von „sage und schreibe“ mehreren Millionen Euro.
In der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes wurde ausgeführt, das in der verbandsinternen Anhörung ausschließlich kritische Anmerkungen erfolgten.
So befürchten die Kommunen eine massive Unterfinanzierung, die auch dann nicht mehr korrigiert werden kann, wenn die Befragungen abgeschlossen sind, da der 30. Juni 2011 als Zahlungstermin festgeschrieben ist und somit keine Nachfinanzierungen möglich sind.
D.h.: Die Kommunen werden auf diesen Kosten sitzen bleiben, von denen heute noch niemand sagen kann, wie das Finanzierungsproblem gelöst werden soll.

Das zweite Problem ist ein datenschutzrechtliches. So sollen bzw. es wurden bereits für bestimmte Aufgaben private Dritte beauftragt.
Nun mag man ja bei der Bewertung  des Eintütens und Wegschickens der Fragebögen noch großzügig darüber hinwegblicken, dass aber auch die Entgegennahme der ausgefüllten Erfassungsbogen und das Einscannen derselben  durch Dritte erfolgen soll, ist schon mehr als abenteuerlich. Das zeugt von keinem sensiblen Umgang mit Daten von Bürgerinnen und Bürger. Wir wollen niemandem etwas unterstellen, aber der Handel mit Daten ist ein äußerst lukratives Geschäft. Und eine Datei mit Angaben über sämtliche Wohnungen und Gebäude dürfte dabei äußerst interessant sein.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung bleibt letztendlich auf der Strecke. Wir lehnen deshalb den vorliegenden Gesetzentwurf ab.