Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Gerald Grünert zu TOP 19: Zukunft des Glücksspielrechts in Sachsen-Anhalt

Nach nur knapp 4 Wochen liegt uns heute ein Antrag der Fraktion der FDP zur Zukunft des Glückspielrechts in Sachsen-Anhalt vor.
Nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 08. September 2010 zum Glücksspiel- und Sportwettenmonopol in Deutschland suggeriert der vorliegende Antrag eine nunmehr gegebene, durch diese Entscheidungen mögliche, bisher aber nicht praktizierte weitere Liberalisierung des Glückspiel- und Lotteriewesens. Postwendend finden sich gleich zwei Forderungen. Zum einen die Abschaffung der Vertriebsbeschränkungen für private Anbieter und zweitens natürlich auch die Einführung eines Lizenzmodells für den Bereich Sportwetten.
Dies jedoch, meine Damen und Herren der FDP-Fraktion, haben die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in das Entscheidungsermessen der Länder gelegt und nicht zwingend festgeschrieben.

Wir erinnern uns, mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften und der zweiten Lesung im Landtag vom 13.12.2007 waren die Länder aufgerufen, mit dem Glücksspielstaatsvertrag die gemeinsame Grundlage für die verfassungs- und europakonforme Ausgestaltung des Glücksspielwesens in Deutschland zu schaffen. Bereits damals führte ich zum Gesetzentwurf aus, dass er die Anforderungen an die verfassungsgemäße Ausgestaltung eines staatlichen Wett- und Glücksspielmonopols, die der Bundesverfassungsgerichtshof in seinem Sportwettenurteil vom 28. März 2006 konkretisiert hatte, nicht erfüllt. Dies wurde nunmehr durch den Europäischen Gerichtshof attestiert.

Als oberstes inhaltliches Ziel für die Ausgestaltung eines staatlichen oder privatrechtlichen Modells war die Bekämpfung der Sucht- und Missbrauchsgefahren statuiert worden. Diesem Ziel untergeordnet galt es, eine dem Grundsatz entsprechende Ausformung des Wettmonopols durch eine streng gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Angebote durch private Veranstalter zu erreichen. Das Urteil sagt, dass das staatliche Monopol bzw. Kontrollsystem die Privatanbieter nicht gänzlich vom Markt verdrängen darf, solange es überhaupt solche Angebote gibt.

Was in Luxemburg gerügt wurde ist, dass eben dieses Ziel nicht ernsthaft verfolgt wird und offensichtlich eine aggressive Bewerbung von Glücksspiel und Lotterie betrieben wird, die diesem Ziel widerspricht.
Natürlich dient die Abschöpfung von Erträgen aus dem Glücksspiel und Lotteriewesen der Unterstützung sozialer, kultureller und sportlicher Aktivitäten des Bundes und der Länder, die für diese Bereiche unentbehrlich sind. Jedoch ist die Suchtbekämpfung nicht dazu geeignet, fehlende Bundes- und Landesmittel für diese Bereiche durch eine exzessive Bewerbung von Glücksspiel und Lotterie zu erreichen.

Wenn nun der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Herr Dr. Thomas Bach frohlockt, dass mit den Entscheidungen nunmehr der Profisport ungezügelt in das Wettgeschehen eingreifen kann, dann verkennt er, dass nur durch eine große Basis des Freizeit- und Massensports eine leistungsfähige Spitze des Hochleistungssport über die Landessportbünde ausgeprägt werden kann. Das hat aber mit einer inhaltlichen Ausrichtung des Deutschen Olympischen Sportbundes und nicht mit einer Liberalisierung des Glücksspiel- und Lotteriewesens zu tun

Wenn ein staatliches Monopol im Glücksspiel- und Lotteriewesen aufrecht erhalten bleiben soll, dann sind das Glücksspielangebot zu begrenzen und der natürliche Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken.
Nicht umsonst hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass die deutsche Regelung die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenzt.
Zum eine führen nämlich die Inhaber der staatlichen Monopole intensive Werbekampagnen durch, um die Gewinne aus den Lotterien zu maximieren, und entfernen sich damit von den Zielen, die das Bestehen dieser Monopole rechtfertigen. Zum anderen betrieben oder dulden die deutschen Behörden in Bezug auf Glücksspiele wie Kasino- oder Automatenspiele, die nicht dem staatlichen Monopol unterliegen, aber ein höheres Suchtpotential aufweisen als die vom Monopol erfassten Spiele, eine Politik, mit der zur Teilnahme an diesen Spielen ermuntert wird. Unter diesen Umständen lässt sich das präventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen.

Wenn der Gesetzgeber am staatlichen Monopol festhalten will, was wir als LINKE unterstützen, dann sind die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof umfassend zu erörtern und ist dieses Monopol unter Berücksichtigung von tatsächlich suchtpräventiven Zielen neu auszurichten. Damit wir eine inhaltliche Diskussion zur Sachlage führen können, beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung in den Innenausschuss.