Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Eva von Angern zu TOP 17: Bedarfsfeststellung von Kindertageseinrichtungen

Der Antrag geht auf ein Schreiben der Stadt Aschersleben vom Dezember 2009 zurück, das allen Fraktionen zugegangen ist. Der Oberbürgermeister macht damit aus seiner Sicht auf ein Problem aufmerksam, das in seiner Kommune besteht. Er stellt die Frage, ob die öffentliche Finanzierung einer Kindertagesstätte von ihrem tatsächlichen Bedarf abhängig gemacht werden sollte, und unterbreitet den Vorschlag, das Landesrecht entsprechend zu ändern.  

Auch wir sind noch nicht zu einer Lösung gekommen, sonst würde heute ein anders formulierter Antrag vorliegen. Im Antrag wird vielmehr versucht, Fragen zu stellen und eine Diskussion im Ausschuss anzuregen, in deren Ergebnis eventuelle Handlungsoptionen erst zu bestimmen wären. Daher wird in dem Antrag ein Prüfauftrag an die Landesregierung formuliert. Das Land stellt im Jahr 2010  167 Millionen Euro für die Kinderbetreuung zur Verfügung. Nach § 11 Abs. 2 des Kinderförderungsgesetzes steuern die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Landkreise und kreisfreien Städte, zusätzlich zu diesem Geld 53 % der Landespauschale zur Gesamtfinanzierung bei. Die restlichen Anteile an der Gesamtfinanzierung sind die Elternbeiträge, der bis zu fünfprozentige Eigenanteil der freien Träger und der Defizitanteil, der von den Gemeinden getragen werden muss.  

Ein Blick in den neuen Länderreport frühkindlicher Bildung der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass die Landkreis- und Gemeindeanteile immerhin ca. 50 % der Gesamtfinanzierung der Kinderbetreuung in Sachsen-Anhalt ausmachen. Nach § 11 Abs. 4 des Kinderförderungsgesetzes sind die leistungsverpflichteten Gemeinden zur Zahlung des Betriebskostendefizits verpflichtet. Sie sollten dazu Verträge mit den freien Trägern abschließen. Die Notwendigkeit und Angemessenheit des Betriebskostendefizits hängt von den Kosten ab, die die Gemeinde selbst als Träger einer Kita aufzuwenden hätten. Soweit das Gesetz.

Die konkreten Vertragsverhandlungen zwischen den Gemeinden und den freien Trägern hier im Land gestalten sich auf höchst unterschiedliche Weise. Das geht vor Ort einerseits einvernehmlich über die Bühne, solange das Geld in dem Bereich reicht. Andererseits ist diese Frage aber auch immer ein immenser Zankapfel. Dennoch ist diese Regelung grundsätzlich gut so. Das ist kommunale Selbstverwaltung. Das spiegelt auch die Vielfalt in der Betreuungslandschaft im Land Sachsen-Anhalt wider.

Genau an diesem Punkt setzt das Schreiben der Stadt Aschersleben an. Der Hintergrund war, dass die Stadt Aschersleben in einem Verwaltungsgerichtsverfahren im Jahr 2008 unterlegen war und zu einer Nachzahlung zur Deckung des Betriebskostendefizits an einen örtlichen freien Träger aufgefordert wurde. Mit Verweis auf die derzeitige Rechtslage ist die Begründung der Stadt, dass sie genügend freie eigene Platzkapazitäten im Stadtgebiet vorgehalten habe, vom Gericht damals abgelehnt worden.

Wir sollten im Ausschuss klären, ob hinsichtlich dieser Frage in Sachsen-Anhalt Regelungsbedarf besteht, ob der festgestellte örtliche Bedarf einer Kindertageseinrichtung die Voraussetzung für die öffentliche Förderung durch das Land und auch durch die Kommunen sein soll.

Wissenswert wäre in diesem Zusammenhang auch, wie die Praxis in anderen Bundesländern funktioniert. Bei einem Blick in die Gesetze der Länder Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen ist festzustellen, dass in den jeweiligen Landesgesetzen eine Bedarfsplanung festgeschrieben worden ist.

Zu prüfen ist darüber hinaus, ob Sachverhalte wie in Aschersleben auch in anderen Kommunen in Sachsen-Anhalt bestehen. Wer die „Volksstimme“ aus dem Harz bekommt, der konnte sehen, dass es im Vorharz, konkret in Harsleben, zu konkreten Diskussionen aufgrund eines möglichen Neubaus eines Kindertageseinrichtung durch einen freien Träger kommen wird.

Auch wir haben über das Für und Wider des Antrags heftig diskutiert. Um es ganz klar zu sagen: Wir sind uns des Subsidiaritätsprinzips in der Jugendhilfe bewusst und stehen auch dazu. Das ist ein sehr hohes Gut, das auch wir erhalten wollen. Wir sehen in den freien Trägern einen wichtigen und unersetzlichen Partner, der täglich engagiert und eben auch sehr ideenreich soziale Arbeit leistet und damit auch ein wichtiger Motor in der Kommune ist.

Trotzdem gilt neben den Prinzipien der Freiwilligkeit und der Subsidiarität in der Kinder- und Jugendhilfe der Grundsatz der Bedarfsgerechtigkeit: Angebote und Leistungen der Jugendhilfe, egal ob in kommunaler oder in freier Trägerschaft, müssen eben bedarfsgerecht ausgestaltet sein. Daher ist es legitim, dass wir diese Frage in den parlamentarischen Raum geholt haben und heute im parlamentarischen Raum erörtern.

Die Frage ist, ob die kommunale Selbstverwaltung durch das Kinderförderungsgesetz eingeschränkt wird. Weil es ein Landesgesetz ist, müssen wir uns im Landtag damit beschäftigen.