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Eva von Angern zu TOP 13: Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft in Sachsen-Anhalt (Unter-suchungshaftvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt - UVollzG LSA)

Dank der Föderalismuskommission dürfen wir uns heute mit diesem Gesetzentwurf befassen. Ich werde die Kritik der LINKEN daran, dass wir als Länder jetzt den Strafvollzug zu regeln haben, nicht wiederholen. Es ist auch schon von der FDP angedeutet worden.

Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht für die Untersuchungshaft kein Sondergesetz gefordert. Trotzdem halte ich aufgrund der Sondersituation, in der sich die U-Häftlinge befinden, ein solches Sondergesetz für sinnvoll: U-Häftlinge gelten als unschuldig.

Die U-Haft dient vor allem der Sicherung des Strafverfahrens und ist keine Strafe. Wir haben es hierbei allerdings mit einer ständigen Abwägung zwischen den Grundrechten des Bürgers auf der einen Seite und den Sicherheitsinteressen des Staates auf der anderen Seite zu tun. Die U-Haft ist auf maximal sechs Monate begrenzt.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf muss man sich in Bezug auf den vorliegenden Gesetzentwurf die Frage stellen: Handelt es sich bei den darin enthaltenen Vorgaben um Regelungen, die an der Unschuldsvermutung orientiert sind?

Zunächst möchte ich auf die Begründung zu dem Gesetzentwurf und hier insbesondere auf den darin enthaltenen Abschnitt 3, auf die Kosten eingehen. In diesem Abschnitt heißt es sinngemäß, dass der Ausbau der vollzuglichen Angebote derzeit an finanzielle Grenzen des Landeshaushaltes stößt. Das ist ja teilweise sehr gut gemeint, bleibt aber aufgrund mangelnder Ressourcen zeitweise schwierig umsetzbar.

Das ist ein rein fiskalischer Ansatz, der sich in dem Gesetzentwurf so niederschlägt, dass es sich vor allem um Kannvorschriften - gerade im sozialen Bereich - handelt. Das heißt, die Möglichkeiten, mit den U-Häftlingen zu arbeiten, sind in das Ermessen der Anstalten gestellt. Das bedeutet aber auch, dass wir als Gesetzgeber die Verantwortung an die Anstalten abgeben.

Deswegen erlaube ich mir an dieser Stelle einen Blick auf die Personalsituation im Strafvollzug zu werfen. Die Enquetekommission hat sich mit diesem Thema bereits im Oktober 2008 befasst. Ich möchte die Ministerin an dieser Stelle wie folgt zitieren: „An dieser Stelle ist zu bemerken, dass wir noch nicht in allen Anstalten das gewährleisten können, was verfassungsrechtlich eigentlich vorgeschrieben ist."

Das Kernproblem, das nach wie vor besteht, ist der Altersdurchschnitt der Bediensteten, der bei ca. 45 Jahren, in einigen Einrichtungen bei
49 Jahren liegt. Das bedeutet ganz konkret, dass bis zum Jahr 2020 ca. 40 % der Beschäftigten den aktiven Dienst verlassen werden.

Selbst mit dem zu erwartenden Rückgang der Gefangenenzahl reichen die geplanten Neueinstellungen nicht aus. Die Frau Ministerin sprach in der
Enquetekommission von einer Personalunterdeckung. Dies wurde von Interessenvertretungen wie dem Richterbund und dem Bund der Strafvollzugsbeamten bestätigt.

Das Justizministerium brachte damals zum Ausdruck, Lösungen würden in Umstrukturierungen und Anstaltsschließungen zu finden sein. Darüber müssen wir zu gegebener Zeit im Ausschuss für Recht und Verfassung reden.

Es wurde von Ihnen außerdem der Neubau einer JVA angeregt. Rechtspolitisch kann ich das sicherlich unterstützen, finanzpolitisch ist das natürlich erst einmal ein mittlerer Gau für den Haushalt. Diese Probleme müssen wir im Hinterkopf haben, wenn wir den vorliegenden Gesetzentwurf
behandeln.

Ich möchte noch kurz auf wenige Punkte aus dem Gesetzentwurf eingehen.

Es betrifft zum einen die in § 6 geregelte soziale Hilfe. Ich finde es sehr positiv, dass hiernach durch die Anstalten Stellen zur Vermeidung der U-Haft benannt werden sollen. Ich möchte deswegen anregen, zur Anhörung Vertreter der Koordinierungsstelle für die U-Haft-Vermeidung einzuladen.

Ich habe in der letzten Legislaturperiode im Jahr 2006 eine Kleine Anfrage gestellt, in der ich wissen wollte, wie viele Jugendliche und Heranwachsende sich in U-Haft- Vermeidungs-Projekten befinden. Die genauen Zahl konnte damals nicht genannt werden. Bundesweite Studien zeigen, dass wir nach wie vor damit zu tun haben, dass diese Möglichkeit nur sehr selten genutzt wird. Ich finde, das ist schade, weil U-Haft
durch solche Projekte gänzlich verhindert werden kann und solche informellen Maßnahmen weitaus positivere Wirkungen haben.

Abschließend möchte ich nur noch sagen, dass das in § 33 geregelte Recht auf Besuch und dessen Ausweitung von uns als sehr positiv eingeschätzt wird. Das betrifft insbesondere auch die Tatsache, dass die Zeiten der Besuche von Kindern oder bei Minderjährigen von ihren Eltern nicht angerechnet werden. Das ist sehr positiv.