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Eva von Angern zu TOP 13: Aktuelle Debatte „Lage der Beschäftigten im Gesundheitswesen und der Krankenhäuser während der Corona-Pandemie

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mehr als 80.000 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie an Covid19 verstorben.

Eine schreckliche Zahl und hinter jeder dieser Zahl steht ein persönliches Schicksal, stehen trauernde Angehörige, denen ich mein herzliches Beileid ausspreche.

Viele Erkrankte konnten und können gerettet werden.

Dank der zügigen Entwicklung von Impfstoffen – auch wenn hier selbstverständliche unsere Forderung nach Freigabe der Impflizenzen bleibt, um noch mehr Menschen schneller mit Impfstoffen versorgen zu können.

Viele Erkrankte haben ihr Leben aber auch dem hohen aufopferungsvollen Engagement von Ärztinnen und Pflegekräften zu verdanken.

Ihnen gilt heute mein Dank und unsere Debatte, denn die Lage ist ernst.

Anlass der von uns heute beantragten Aktuellen Debatte und des Antrages war die alarmierende Berichterstattung in der Presse über die hohe Anzahl der belegten Intensivbetten im engen Zusammenhang mit besorgniserregendem Personalmangel.

Nun kann die Öffentlichkeit zunächst die Aussage des Pressesprechers des Sozialministeriums beruhigen, dass derzeit noch keine Engpässe zu verzeichnen seien.

Doch kluge Politik ist vorausschauend und ehrlicherweise sind wir nach 15 Monaten Pandemie nicht mehr im Bereich „vorausschauende Politik“.

Zumeist geht es nur noch um Reaktion und um Schadensbegrenzung.

Die Probleme, mit denen wir gerade jetzt im Gesundheitswesen massiv konfrontiert sind, sind hausgemacht.

Die Grundlagen wurden gelegt, als mehr und mehr Kommunen sich von ihren Krankenhäusern trennen mussten und privatisieren mussten.

Privatisierung ist eben entgegen konservativer und vor allem neoliberaler Ansicht kein Allheilmittel.

Vor allem nicht für die Patientinnen und die Beschäftigten. Bei einem kürzlich geführten Gespräch am Harzklinikum Dorothea Erxleben habe ich den Hinweis beklommen, dass sogar internationale Investoren unseren Gesundheitsmarkt entdeckt haben.

Mich stößt schon das Wort „Markt“ ab. Es geht um Profit und um nichts anderes!

Das muss uns in Hab-Acht-Stellung versetzen!

Ich hatte kürzlich ein wiederholtes Gespräch mit Betriebsräten von AMEOS. Ich kann Ihnen sagen, dass ich mich selbst als Oppositionspolitikerin dafür schäme, wie selbst in der Zeit der Pandemie mit unserem Pflegepersonal umgegangen wird!

Mindestlohn für Pflegebeschäftigte, die nur über frei zu verhandelnde Zulage zu einem höheren Entgelt kommen.

Das kann doch nicht unser Ernst sein.

Das sind Menschen, die nicht nur momentan, sondern die sich täglich für andere Menschen und ihre Gesundheit aufopfern.

Da kann ich verstehen, dass selbst bei hoch engagierten Beschäftigten, die ihre Arbeit lieben, die Motivation auf der Strecke bleibt.

Ihre Motivation, Ihre Leidenschaft ist es, die wir dringend fördern und unterstützen müssen.

Die Präsidentin der Landdesärztekammer Frau Dr. med. Simone Heinemann-Meerz äußerte sich kürzlich gegenüber den Medien:

Sie wies daraufhin, dass bereits seit Jahren ein Personalmangel in diesem Sektor herrsche und dieser Mangel durch die Pandemie immer drastischer werde.

Der Arbeitsmarkt für Pflegeberufe sei mittlerweile leergefegt. Deutliche Worte: „Es sind keine da.“ Selbstverständlich ist bekannt, dass für die Betreuung eines Intensivbettes mehr als drei Pfleger nötig sind. Deshalb forderte sie klare Anreize.

Das sind: bessere Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen, genügend Erholungszeiten.

Als LINKE fordern wir kurzfristig eine einmalige Corona-Sonderzahlung für nichtärztliche beschäftigte in der Gesundheitsversorgung. Der Corona-Bonus des letzten Jahres hat seine Wirkung deutlich verfehlt.

Auch wenn ich grad ausschließlich über das Personal in Krankenhäusern spreche, umfasst unsere Forderung auch weitere Bereiche:

 

  • Beschäftigte in Senioren- und Pflegeinrichtungen
  • Eingliederungs- und Behindertenhilfe
  • MTAs, Heilmittelerbringerinnen
  • Beschäftigte der Kinder- und Jugendhilfe
  • Reinigungs- und Servicekräfte

 

Bei meiner Bereisung durch Sachsen-Anhalt erlebe ich derzeit nicht etwa nur Frust oder Unzufriedenheit. Nein, ich erlebe hoch engagierte Menschen aus all diesen Bereichen. Die machen sich einen Kopf, wollen helfen und vor allem für andere Menschen da sein.

Die machen einen tollen Job und fühlen sich aber teilweise allein gelassen und verlassen. Schauen Sie in Kitas, in die ambulanten Hilfen, Behinderteneichrichtungen. Sprechen Sie mit den Menschen. Sie leisten teilweise übermenschliches und auch sie haben Angst vor Ansteckung.

Da ist es das Mindeste, dass wir nicht nur klatschen, sondern ihnen auch eine zumindest kleine finanzielle Anerkennung geben.

Dies allein schützt natürlich nicht vor Altersarmut. Daher brauchen wir langfristig allgemeinverbindliche Tarifbindungen für Pflegebeschäftigte.Wir unterstützen die diesbezüglichen Forderungen der Gewerkschaften ausdrücklich! Der Versuch der Einführung für den Bereich der Altenpflege in Anfang des Jahres im Bund an der Caritas gescheitert.

Das ist im höchsten Maße für die Beschäftigten bedauerlich und ich kann die Enttäuschung der Arbeitnehmerinnenseite verstehen. Wir brauchen gerade in diesem Bereich ein Ende des Lohndumpings! Deshalb ist es gut, dass die Gewerkschaften dran bleiben.

Denn es geht eben auch um die Attraktivität dieses Berufes. Nun beobachten auch wir DANK der täglichen Lagemeldung aus dem MASI die Entwicklung der Intensivbettenbelegung.

Meine Fraktion hat immer den Ansatz vertreten, dass allein ein Blick auf die Inzidenzwerte nicht ausreichen ist und auch wenn kaum noch über ihn gesprochen wird, aber dass der R-Wert seit Tagen unter 1 liegt, ist durchaus ein Hoffnungsschimmer.

Interessant ist übrigens beim Blick auf die Zahlen, dass die registrierte Anzahl der Intensivbetten erheblich schwankt. Hier kann die Sozialministerin sicher im Zuge dieser Debatte Aufklärung für die Öffentlichkeit leisten.

Ist das Abmelden von Intensivbetten allein dem fehlenden Personal geschuldet oder gibt es hierfür andere Gründe?

Wie ist die Tatsache einzuschätzen, dass die derzeitige Belegung der Intensivbetten mit COVID19 Patientinnen der Zahl aus dem Sommer letzten Jahres entspricht?

Wir hatten im letzten Sommer eine zumindest als „entspannter“ einzuschätzende Situation. Langfristig regt meine Fraktion übrigens an, dass zu dem  nicht vorhandenen Monitoring über die Auslastung der Intensivbetten vor der Pandemie nicht zurück gekehrt werden sollte.

Sie müssen Bestandteil der Krankenhaus-Planung sein.

Tatsache ist, dass in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren und auch in der Zeit der Pandemie Betten abgebaut wurden. Die Bewertung hierzu ist unterschiedlich. Wir halten das vor dem Hintergrund, dass Sachsen-Anhalt überwiegend ländlicher Raum ist, für inakzeptabel.

Daher fordern wir auch, dass nicht nur keine Krankenhäuser geschlossen werden, sondern auch keine Betten mehr abgebaut werden.

Wir brauchen dringend ein Umdenken in der Gesundheitspolitik: Es geht um die Gesundheit der Menschen und nicht um Profit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!