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Edeltraud Rogée Schwarzarbeit in Sachsen-Anhalt zu TOP 03:

Das Thema ist gut und wichtig, und es ist sehr komplex. Die große Anfrage der FDP bietet die Gelegenheit, über das Thema Schwarzarbeit und die so genannte Schattenwirtschaft zu reden.

Zur Antwort der Landesregierung: Auf den ersten Blick könnte man sagen, insgesamt ein interessantes Informationsmaterial. Die Begriffserklärungen und die Auflistung der Gesetze sind ein gutes Informationsmaterial zur Bewertung der Schwarzarbeit.
Leider bleibt die Landesregierung wie in anderen großen Anfragen sehr oberflächlich.

Deshalb tun sich einige  Frage auf:
Warum können keine konkreteren Analysen gemacht werden? Fehlt das Personal? Warum werden die statistischen Größen nicht erfasst? Werden die Kontrollen eigentlich Systematisch gemacht? Nach welchem System?

Es wird zu oft festgestellt, dass keine konkreten Zahlen für Sachsen-Anhalt vorliegen. Es wir zu oft auf Bundeszahlen abgestellt.

Dem Thema Schwarzarbeit kann man sich aus verschiedenen Richtungen nähern,
wirtschaftspolitisch und steuerrechtlich oder sozialpolitisch oder auch arbeitsrechtlich und strafrechtlich.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht  wird deutlich, dass die Schwarzarbeit gefühlsmäßig als riesiges Problem wahrgenommen wird, aber das Belegen durch Zahlen und ihre Entwicklung schwer möglich sind, siehe z.B. Seite 8 der Antwort auf die Große Anfrage: „Auf Basis von Umfragen kommen zurückhaltende Schätzungen auf eine Größenordnung der Schwarzarbeit von 4,1 % des BIP im Jahr 2001 oder von 3,1 % im Jahr 2004.“  Mir ist nicht klar, wer wird da eigentlich gefragt? Der Schwarzarbeiter?

Nach Schätzung von Prof.  Schneider ist die Schattenwirtschaft in den Jahren 2003 - 2006 rückläufig gewesen, für das Jahr 2007 allerdings etwas auf 348 Mrd. € angestiegen. Der Grund war nach seiner Einschätzung die höhere Mehrwertsteuer.
Es wird angenommen, dass es in Deutschland etwa 10 Mio. nebenberufliche Schwarzarbeiter gibt, die durchschnittlich 400 Stunden pro Jahr tätig sind, dies entspricht umgerechnet 2,7 Mio. Vollzeitstellen. Auch von bis zu 6 Mio. Vollzeitstellen ist die Rede. 

Das Hauptzollamt Magdeburg hat folgende Schadenssummen  nicht entrichteter Sozialabgaben festgestellt:

  • 19,22 Mio. €
  • 16,20 Mio. €
  • 12,82 Mio. €

Der Prüfbezirk Sachsen-Anhalt der Deutschen Rentenversicherung Bund teilte die Ergebnisse der Bekämpfung von Schwarzarbeit, unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung, Lohndumping sowie Scheinselbständigkeit (Sonderprüfung nach § 107 SGB IV) für das Berichtsjahr 2007 wie folgt mit: Von 103 bearbeiteten Fälle, die nur einen Bruchteil ausmachen, wurden 3.233.524 € Beitragsnachforderungen und 1.057.915 € Säumniszuschläge erhoben.

Für Schwarzarbeit sind immer zwei Parteien verantwortlich. Eine, die schwarz arbeiten lässt und eine, die schwarz arbeitet. Wenn einer von beiden nicht mitmacht ist Schwarzarbeit auch nicht möglich. Deshalb ist es richtig, auch beide zur Verantwortung zu ziehen, auch wenn das den Anschein hat, das das ungerecht ist, weil viele Menschen in Existenznöte sind und sich dadurch schneller in rechtswidrige Jobs drängen lassen.
Kann man ihnen das vorwerfen? Nein, aber es rechtfertigt auch nicht, dass Arbeitsverhältnisse ohne Sozialversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung sowie ohne Steuerabgaben ausgeführt werden.

Aus meiner Sicht hat steigende oder sinkende Schwarzarbeit direkt etwas mit wachsender Arbeitslosigkeit und steigender Armut zu tun. Je größer die Not ist, desto geringer ist die Moral und desto größer ist die Bereitschaft, Arbeit um jeden Preis anzunehmen. Leider gibt es eine Reihe von Unternehmer, die diese Notlagen für sich ausnutzen. Das Angebot zur Schwarzarbeit wird von Arbeitgebern gemacht.

Bei der Umgehung des geltenden Rechts sind neben dem Baugewerbe, das Taxi- und Transportgewerbe sowie das Hotel- und Gaststättenwesen die Schwerpunktbereiche. Auch wenn nicht augenfällig, wird in vielen anderen Branchen schwarzgearbeitet, nur um den Job zu behalten. Im Einzelhandel wird eine hohe Anzahl von Arbeitsstunden nicht bezahlt. Es werden Arbeitsverträge für 6 Stunden Arbeitszeit vereinbart und 10 Stunden gearbeitet, wo von eben nur 6 bezahlt werden. Oder die Stunde Vor- und Nachbereitung auch in anderen Dienstleistungsbereichen, die nicht bezahlt werden, sind Schwarzarbeit. Ich könnte die Palette aus Erfahrungen der letzten Wochen sehr erweitern. Die Existenznöte und die Angst, das bisschen Einkommen auch noch zu verlieren, sind groß. Das macht Menschen sehr willig, Dinge für den Job zu tun die nicht rechtens sind.

Gestern stand in der Volksstimme vom IWH zu lesen, dass die Zeitarbeit eine in Deutschland die am schnellsten wachsende Branche ist. Ein Grund dafür sei die Anpassungsfähigkeit dieser Beschäftigungsform, die vor allem Arbeitgeber schätzen. Ja, und aus meiner Sicht ist das auch die Vorstufe für Schwarzarbeit. Ich kann die Koalition nur auffordern, auch hier das geltende Recht umzusetzen.

Es sind nicht alle Arbeitsverhältnisse unabhängig von einander agierend, es ist ein ganzes System und so muss es auch behandelt werden. Wir können nicht sagen, heute beschäftigen wir uns mit der Schwarzarbeit, morgen mit der Zeitarbeit, dann mit Teilzeitarbeit, dann mit bezahlter und unbezahlter arbeit und so weiter. Die Beschäftigten sind ein wesentlicher Teil der Wirtschaftspolitik und bestimmen nicht unerheblich unsere Wettbewerbsfähigkeit und die deutsche Reputation.

Zur Durchsetzung von legaler Beschäftigung fordert DIE LINKE die Umsetzung von Mindeststandards wie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes und Tariftreueregelungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.

Wir wollen, dass schriftliche Arbeitsverträge mit Festlegungen von Mindeststandards wie Arbeitszeit, Tariflohn pro Stunde für die zu leistende Arbeit, Regelung von Überstunden, Urlaub und Wochenarbeitstage /freie Tage zur alltäglichen Norm werden.

Dazu gehört auch, dass eine manipulationssichere Zeiterfassung gesetzlich festgeschrieben wird. Das soll besonders für das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Verkehrsgütergewerbe einschließlich Taxen sowie weitere Wirtschaftszweige gelten.

Auch wirksame Instrumente für Betriebs- und Personalräte zur Einflussnahme auf die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmern im Unternehmen von Subunternehmern und Zeitarbeitsfirmen sind eine wesentliche Voraussetzung zur Verhinderung von Schwarzarbeit.