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Dr. Uwe-Volkmar Köck zu TOP 04: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Stadt-Umland-Verbandsgesetzes

Wie ich hörte, ist der Innenausschuss voller neuer Eindrücke aus Tirol von seiner Studienreise zurückgekehrt. Mit Blick auf das Stadt-Umland-Verbandsgesetz wäre es aber ebenso interessant gewesen, stattdessen Madagaskar einen Besuch abzustatten, um dort einen einzigartigen Totenkult kennen zu lernen. Bei diesem werden die Gebeine der Verstorbenen in größeren Zeitabständen unter volksfestartiger Anteilnahme der Bevölkerung aus der Familiengruft geborgen, gereinigt und anschließend eingehüllt in neue Tücher und Bastmatten wieder beigesetzt.

Ebenso wenig wie die Madagassen ihre Toten durch das Einhüllen in neue Tücher zum Wiedererwachen bringen können, vermag die von der Landesregierung vorgeschlagene Gesetzesänderung den Stadt-Umland-Zweckverbänden doch noch Leben einzuhauchen. Seit Monaten verharren die zur Zweckverbandsbildung verdonnerten Gemeinden in völliger Apathie. Hinzu kommt, dass der von der Wohn-Suburbanisierung ausgehende Handlungsdruck spürbar nachgelassen hat. Allerdings nicht als Ergebnis einer zukunftsfähigen Landesgesetzgebung, sondern auf Grund der demographischen Entwicklungen.

Der Gesetzentwurf stellt die beanstandete Verfassungskonformität zwar her, kommt aber deshalb der Annäherung der Interessensgegensätze nicht näher. Im Gegenteil. Die beiden Großstädte müssen zu Gunsten der einwohnerschwächeren Umlandgemeinden eine ungleiche Stimmengewichtung erdulden. Ein Übriges tut die Gewerbeflächen-Ansiedelungspolitik der Landesregierung, die zunehmend an der Ernsthaftigkeit ihrer Bemühungen zur Lösung der Stadt-Umland-Probleme zweifeln lässt. Die sich aus dem Gesetzentwurf ergebende Konstellation, dass die im Zuge der Gemeindegebietsreform entstehenden Einheitsgemeinden nicht ihr gesamtes Territorium der gemeinsamen Flächennutzungsplanung unterwerfen müssen, reißt zusätzlich neue Gräben auf. Wird dies tatsächlich zur Praxis, dann ist dieser Gesetzentwurf der sprichwörtliche letzte Sargnagel für eine konstruktive Lösung der Stadt-Umland-Problematik.

Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen. Eine Einheitsgemeinde im Norden des Saalekreises hätte über die Rechtsnachfolge einer einzigen Gemeinde Sitz und Stimme im Stadt-Umland-Verband. Damit hat sie die Möglichkeit, demokratisch über die Flächenentwicklung der Stadt Halle direkt mit befinden zu können. Umgekehrt hat die Stadt Halle aber nur die Möglichkeit, innerhalb des Zweckverbandes Einfluss auf konkurrierende Flächennutzungsplanungen eines kleinen Teilterritoriums zu nehmen. Unmittelbar daneben könnten z.B. konkurrierende Gewerbeflächenentwicklungen stattfinden.

Für DIE LINKE gibt es nur noch einen einzigen Weg, der Aussicht auf praktische Ergebnisse in absehbarer Zeit verspricht. Das ist die Aufstellung eines Teilgebietsentwicklungsplanes durch die jeweilige Regionale Planungsgemeinschaft mit dem Charakter eines Gemeinsamen Flächennutzungsplan gem. §§ 205 BauGB. Er sollte sich auf die Themen Gewerbeflächen, Wohnbauflächen und Verkehrsinfrastruktur sowie das Biotopverbundsystem beschränkten. Seine Inhalte müssten dann von den Gemeinden nachrichtlich in ihre Flächennutzungspläne übernommen werden. Der räumliche Geltungsbereich ist dabei auf den Gemeindebestand per 1.1.2010 auszurichten, auch wenn sich dadurch das Zweckverbandsgebiet vergrößern würde..  

Dieser Vorschlag ist nicht neu. Er war bereits Teil der konstruktiven Vorschläge, die DIE LINKE in den letzten 10 Jahren zur Gestaltung der Beziehungen  zwischen Kernstadt und Umlandgemeinden auf den Tisch des Hohen Hauses gelegt hatte. Leider wurden sie in der Vergangenheit nie einer ernsthaften Prüfung unterzogen. Ich habe die Hoffnung trotzdem noch nicht aufgegeben, dass sich Vernunft am Ende doch noch durchsetzen wird.