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Dr. Helga Paschke zu TOP 08: Personalabbaukonzept jetzt zum Personalentwicklungskonzept qualifizieren

In der letzten Landtagssitzung hatten wir um die Verschiebung dieses Antrages gebeten, weil weder der Finanzminister noch der Staatsminister zu gegen waren. Wir taten das mit der Hoffnung, dass unser Ansinnen erhört wird. Diese Hoffnung habe ich auch heute, wenngleich mir bereits im Dezember ein richtiger Motivationsschub entgegenkam, als eine nicht unbedeutende Persönlichkeit der CDU-Fraktion meinte: „Wir können den Antrag doch heute behandeln, wir lehnen ihn doch ohnehin ab!“ Ich hoffe sehr, dass das nur ein Witz ist.

Wenn das ernst ist, dann ist sicher: Sie können den Antrag vom Tisch wischen, das  aufgeworfene Problem nicht. Sie können uns auch weismachen wollen, der Antrag ist überflüssig. Das wird aber keiner ca. 70 000 Beschäftigten so sehen. Vielleicht hat der Weihnachtsurlaub ja aber doch etwas bewirkt und sie können sich wenigstens zu einer Überweisung  in den Innenausschuss entschließen, denn für die Zustimmung bzw. weitere Beschäftigung mit dem Antrag liegen gute Gründe vor, von denen ich einige vortragen will, einige stehen in der Begründung des Antrages:

Der Landtag hat ein Leitbild Personal bereits seit längerem gefordert. Nach Vorlage der beschlossenen Personalabbauraten wird die Forderung um so dringlicher. Weil die Abbauzahlen allein jede Motivation nehmen.

In unterschiedlicher Form haben inzwischen nahezu alle Länder Personalkonzepte beschlossen, die solche qualitativen Faktoren beinhalten, welche im Punkt 1 benannt sind (NRW; Thüringen, Niedersachsen, Rheinland- Pfalz, MV um nur einige zu nennen) Sie tragen fast alle Vereinbarungscharakter. Was sollten sie können was wir nicht leisten können?

Die Enquetekommission wird im Herbst die Anhörungen der Ressorts beenden. Wir dürfen nicht sehenden Auges darauf warten, dass zu den ressortübergreifenden Fragestellungen ein völlig unbefriedigender Arbeitsstand der Landesregierung abgeliefert wird. Um dort weiterzukommen, brauchen wir dringend einen ressortübergreifenden konzeptionellen Ansatz der Exekutive.

In Ermangelung eines Personalkonzeptes mit den qualitativen Faktoren der Personalenwicklung werden jetzt punktuell „echte Personalentwicklungskonzepte“ in einzelnen Bereichen erarbeitet. Ergänzend ist das gut- es ersetzt aber nicht die Sicht auf das Ganze.

Diese Gründe vorausgeschickt, will ich mit dem Inhalt des Antrages selbst zu begründen.

Zu Punkt 1 des Antrages:

Seit der ersten Vorlage des Finanzministers zur Stellenreduzierung bei den Landesbediensteten fordern zurecht die Betroffenen ein Personalentwicklungskonzept ein, welches den Namen verdient. Sie können sich sämtliche Stellungnahmen der bisher Angehörten vornehmen, durchgängig wurde bemängelt, dass geradezu alle qualitativen Faktoren  eines Personalentwicklungskonzeptes fehlen. Im Grundsatz stehen die unter Punkt 1 des Antrages. Diese Punkte sind auch Teil des Einsetzungsbeschlusses der Enquetekommission. Die Landesregierung wird beispielsweise nach der Anhörung zu den einzelnen Ressorts die Grundzüge ihres Weiterbildungskonzeptes darstellen und sich an den aktuellen Herausforderungen gerade auf diesem Gebiet messen lassen müssen. Problem ist nur, eine ressortübergreifende Draufsicht, geschweige denn ein Konzept gibt es dazu nicht. Der Staatsminister hat sogar einmal im Innenausschuss erklärt, eine solche Herangehensweise würde die Kompetenzen der Minister einschränken, das widerspräche der Verfassung?!

Beschäftigen wird sich die Enquetekommission auch noch intensiver mit einer geschlechtergerechten Personalentwicklung. Wenn wir das tun, werden wir merken, in den letzten 10 Jahren sind wir da nicht viel weiter gekommen. Wie viel Abteilungsleiterinnen haben wir eigentlich- keine Handvoll, da bin ich mir ziemlich sicher. Gestatten Sie mir unter dem ersten Antragspunkt noch eine Anmerkung zur Beförderungs-problematik, welche punktuell bereits durch die Landesregierung im PEK aufgegriffen ist. Es ist aber dringend erforderlich hier einiges klarzustellen. Was meine ich damit? Vorgestern haben sich Wolfgang Ladebeck Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft und  Innenminister Hövelmann im MDR zur Beförderungssituation im Polizeibereich geäußert. Der Gewerkschafter sagte sinngemäß „Tropfen auf dem heißen Stein von 3000 erforderlichen bekommen wir 100 Beförderungen ab.“

Der Innenminister betonte, um diesen Zustand zu beheben, müsste ich zum Finanzminister gehen und mehrere 10 Millionen einfordern. Das Parlament wird von der Landesregierung in der Drucksache 5/ 1615 vom November 2008 wie folgt zur Beförderungssituation unterrichtet: Für die Haushaltsjahre 2008 und 2009 war zum Beispiel ein Betrag von 10 Millionen Euro für Beförderungen eingestellt. Dadurch konnte ein Beförderungsstau vermieden bzw. aufgelöst werden. 

Na, was sagt man denn dazu?

Letzte Bemerkung zu Punkt 1. dort steht auch die Problematik Gesundheitsbetreuung. Ich will nur ein Stichwort geben, damit will ich es bewenden lassen. Der Leiter einer Justizvollzugsanstalt, der den bereits bestehenden Personalmangel darstellte wurde von mir gefragt: Wie viele Überlastungsanzeigen sind denn von Ihren Kollegen in der letzten Zeit eingegangen? Antwort: Unsere Überlastungsanzeigen sind Krankenscheine.

Hier schlägt sich auch gut der Bogen zu Punkt zwei des Antrages.

Die unter Punkt zwei vorgetragene Forderung, dass es aufgabenbezogene Belastungsanalysen geben muss, auf deren Grundlage überhaupt Personalreduzierungen verantwortlich vorgeschlagen werden können, ist in deren Notwendigkeit von Sitzung zu Sitzung der Enquetekommission offensichtlicher worden. Dafür nur ein paar Beispiele:

Trotz Ausnutzung aller Reserven werden im Justizvollzug künftig 242 Beamtinnen und Beamte fehlen. Da verabschieden wir stolz Gesetze, die den Resozialisierungsgedanken stärken und schauen zu, wie mehr und mehr nur noch auf- und weggeschlossen werden kann.

Im Hochschulbereich wird davon ausgegangen, dass unter der Voraussetzung des Haltens der Studierendenzahlen von 51 000 eine Personalreduzierung nicht eintritt. Dann stellt sich heraus, dass diese Zahl völlig überzogen ist, nicht den realen Gegebenheiten entspricht und sich diese politische Ansage bereits gegenwärtig völlig kontraproduktiv auswirkt. Unter völliger Verblüffung der anzuhörenden Rektoren verkündet der Kultusminister, dass die Zielzahl 51 000 noch Verhandlungsmasse ist. Worauf sollen sich die Hochschulen nun eigentlich einzustellen?

Und dann die Polizei. „Was ist denn da bloß los?“, hieß es dieser Tage im Kommentar der Volksstimme. Da ist sicher einiges los, im Zusammenhang mit diesem Antrag steht jedoch, dass sich die geforderten und bereits getätigten Einsparpotenziale bereits jetzt negativ auswirken und für die Zukunft in keiner Weise glaubhaft dargestellt werden kann, wie die Aufgaben bewältigt werden können. Die Darstellung der Auswirkungen der Personalreduzierung beispielsweise auf die Polizeiverwaltung in der Enquetekommission war eine personalwirtschaftliche Bankrotterklärung. Wir wissen nicht, wie wir es schultern sollen, aber nach dem Willen des Finanzministeriums reduzieren wir noch mal um weiteres Personal.

Das sind nur einige Beispiele, die Liste könnte fortgesetzt werden.

Bis zum Haushalt 2010/2011 ist eine solide Arbeitsgrundlage für die Beratung des Personalbedarfes zu schaffen. Diese liegt derzeit auch nach mehrfachen Überarbeitungen des Personalkonzeptes nicht einmal im Ansatz vor. Und es kann doch wohl nicht angehen, dass Entscheidungen über Personalstärken einzig davon abhängig gemacht werden, wie glaubhaft einzelne Minister dem Finanzminister ihren Personalbedarf darstellen können. Um belastungsbezogene Strukturpläne kommt keiner herum. Spätestens mit der Ansage, es solle nunmehr auf einen Schlüssel von 19 Landesbedienstete je 1000 Beschäftigte reduziert werden, war der Bogen so überspannt, dass inzwischen manche es aufgegeben haben, sich mit diesen Überarbeitungen überhaupt zu befassen.

Das können wir Parlamentarier aber nicht. Wir müssen den Haushalt beschließen.

Wissen Sie, als ich in einer Runde von Personalratsvertretern einmal gefragt habe, wie sie die Rolle der Enquetekommission einschätzen, da hat ein Personalratsvertreter gesagt: Die Enquetekommission hat mindestens eine entscheidende Daseinsberechtigung – Es bleibt den Betroffenen dadurch erspart, von einer Fraktion zur anderen zu rennen, was aber noch viel wichtiger ist „Keiner der Parlamentarier kann hinterher sagen: Ja, wenn ich das alles gewusst hätte“   

Und da schließt sich der Kreis zum Punkt 3 des Antrages:

Unsere Vorsitzende, also die der Enquetekommission, Frau Rotzsch, hat dem Gremium vorgeschlagen, die Empfehlungen aller bereits behandelter Bereiche zu aktualisieren und dann schon Gesamtempfehlungen aller Fraktionen herauszugeben. Ihre Begründung war einleuchtend: Es stehen so wichtige „gute Empfehlungen“ drin, da sollten wir nicht bis zum Endbericht warten. Recht hat da die Vorsitzende. Das Problem ist nur eines, was alle Enquetekommissionen haben:

Ob Empfehlungen am Ende oder Empfehlungen im Umfeld der Halbzeit. Sie können noch so aussagekräftig und noch so richtig sein, sie können von den Akteuren und politisch Verantwortlichen befürwortet oder abgewiesen werden. Ja, es kann sein, dass die zuständigen Mitglieder der Landesregierung sie nicht einmal lesen. Sei es wie es sei -es sind und bleiben zunächst Empfehlungen. „Schön das wir drüber gesprochen haben“ – ist oftmals das Ergebnis, und genau das darf es aber nicht sein. Und so müssen wir nach Wegen suchen, alles, was uns angesichts der vielen Anhörungen und Stellungnahmen unabdingbar erscheint, auch verbindlich von der Landesregierung abzufordern.

Dafür sehe ich nur den Weg über das Parlament. Und genau darauf zielt der Antrag ab.

Der Unternehmensberater Felix Quesch hat den Begriff Personalenwicklung einmal ganz pragmatisch umrissen: „Personal so einstellen, einsetzen und entwickeln, dass der momentane und der zukünftige Auftrag optimal und selbständig ausgeführt werden kann.“

Wenn dem zugestimmt wird, und das unser aller Ziel ist, müsste dem Antrag zugestimmt werden.