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Dr. Helga Paschke zu TOP 06: Entwurf eines Zweiten Funktionalreformgesetzes

Die heutige Beschlussfassung zum Zweiten Funktionalreformgesetz von einer Mehrheit des Hauses ist für längere Zeit das Ende der Fahnenstange in Sachen Kommunalisierung im Land Sachen Anhalt. Es war ein quälender Prozess, der sich mittlerweile 10 Jahre hinzieht. Und dieses Ende ist blamabel.

Aber es steht Ende das, was allen klar war oder im Laufe der Zeit klar wurde,

  • die den Zusammenhang von Kreisgrößen und Funktionalreform nicht ignorieren,
  • die sehr wohl wissen, welche langfristige parlamentarische Begleitung erforderlich ist,
  • die keinen Zweifel daran haben, dass in der Exekutive ein Team - allen voran der Ministerpräsident - die Sache vorantreiben muss, das für diese Aufgabe brennt.

Und so kommt heraus, was herauskommen musste, lassen Sie mich drei Punkte benennen:

1. Es kommt ein Gesetz heraus, welches fernab einer substanziellen Funktionalreform rangiert.

So richtig hat die Landesregierung nie gesagt, auch nicht die Koalitionsfraktionen, was sie unter einer substanziellen Funktionalreform verstehen.
Unsere Definition dafür haben wir wiederholt ins Plenum getragen. Merkmale sind: 

  • Verlagerung ganzer Behörden in die Kommunalverwaltung, mindestens jedoch geschlossene Aufgabenkomplexe,
  • Reduzierung der Doppelarbeit, bzw. der beteiligten Behörden,
  • eine spürbare Ausrichtung auf Bürgernähe bei den Servicebereichen. 

Dem entspricht das vorliegende Gesetz in keiner Weise. Mit der Herauslösung einzelner Aufgaben kommt es in einigen Bereichen zu einer weiteren Zerfaserung von Aufgabenkomplexen. Und zwar so offensichtlich, dass die kommunalen Spitzenverbände selbst bei einigen Aufgaben die Notbremse zogen. (Beispiel: Ausbildungsberatung in Berufen der Land- und Hauswirtschaft und im Zusammenhang zum Energie-Produkte- Gesetz)

2. Es liegt ein Gesetz vor, bei dem ein nachvollziehbarer Beweis der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit schuldig geblieben ist.

Die Landesregierung hat unter Missachtung der gesetzlichen Festlegungen zum Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitbeweis (Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz § 4 Abs. 4.) und ihrer eigenen Ankündigungen in den Unterrichtungen des Landtages keine Wirtschaftlichkeitsberechnung nach eigenen Kriterien vorgelegt. Den Mitgliedern des Innenausschusses ist eine Tabelle ausgehändigt worden. Damit wollte die Landesregierung der Aufforderungen des Landesrechnungshofes nachkommen. Diese Zahlen weisen aber grundlegende Mängel auf, so u.a.:

  • Es kommt in keiner Weise zum Ausdruck, wie sich die Anzahl der Gebietskörperschaften auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt.
  • Die Zweckmäßigkeit ist an keiner Stelle begründet worden, z.B. das Auseinanderfallen von Anerkennung und Förderung der ambulanten Einrichtungen für Schwangerschaftsabbrüche.
  • Unbeachtet blieb, in welcher Weise der Personal- und Aufgabenübergang zweckmäßig erfolgen kann, wenn wenige oder unter einer VBE bisher die Aufgabe auf Landesebene erfüllen.
  • Trotz mehrfacher Aufforderung liegt bis heute keine Übersicht über die Fallzahlen vor.

3. Der Maßstab „verursachender Kostenausgleich“ wurde nicht erfüllt.

Ein verursachergerechter Kostenausgleich ist - mit der Aufschlüsselung 90 v. H. die Einwohnerzahl, 10 v. H. die Fläche - nicht gewährleistet. Das klassische Beispiel ist der Forstbereich. Nach wie vor blieb unberücksichtigt, dass einige Aufgaben nur die Landkreise erfüllen, die Kosten aber nach oben genanntem Schlüssel verteilt werden (Beispiel: Genehmigung der Bebauungs- und Flächennutzungspläne). Die Spitzenverbände haben zudem gerade in jüngster Zeit darauf hingewiesen, dass bei einer so geringfügigen Aufgabenbestandsübertragung eine Effizienzrendite nicht zu erwirtschaften ist. Sie forderten den KGST- Schlüssel zur Anwendung zu bringen, der für das erste Funktionalreformgesetz als Kostenausgleich herangezogen wird. Statt dessen soll nun von diesem Schlüssel auch im Ersten Funktionalreformgesetz Abstand genommen werden.

Der Änderungsantrag der Koalition hat uns verwundert, er ist aber auch exemplarisch.
Ohne sachgerecht in das Verfahren einbezogen zu sein, legen uns die Koalitionsfraktionen die Einrichtung eines Landeszentrums Wald vor, einen Antrag, der im federführenden Ausschuss mehrheitlich abgelehnt wurde.

Fazit:

  1. Das Gesetz wird von uns abgelehnt. Das wäre nicht weiter folgenschwer.
  2. Folgenschwerer ist, dass eine substanzielle Funktionalreform unter den gegebenen Voraussetzungen auch in den nächsten Jahren nicht umsetzbar und nicht zumutbar ist, weder für die Landkreise, noch für das Personal.