Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen

Dr. Helga Paschke zu TOP 03: Zum Umgang der Landesregierung mit den gemeinsamen Empfehlungen der Enquetekommission „Die Gestaltung einer zukunftsfähigen Personalentwicklung im öffentlichen Dienst des Landes Sachsen-Anhalt“

Ich bin im Rahmen der Enquetekommission gefragt worden, ob wir die Große Anfrage nicht beim Abschlussbericht behandeln könnten. Ich habe darüber nachgedacht, dann aber gesagt, ich werde dem Finanzminister unter die Arme greifen, denn durch diese Aussprache hat er zeitnah die Möglichkeit, zur Fortschreibung des Personalentwicklungskonzepts im Format eines Zwischenberichts Auskunft zu geben.

Ich muss sagen, ich habe das in der Enquetekommission nur ansatzweise verstanden. Das liegt aber nicht an meinem Intellekt, andere haben das auch nur ansatzweise verstanden. Ich habe aber verstanden, dass wir de facto nichts beschlossen haben, etwa in Bezug auf die 3 000 Lehrerstellen, die geschaffen werden müssen. Wir haben erklärt, dass wir bei dem Verhältnis von 19 Bediensteten je 1 000 Einwohnern bleiben und den Anteil der Bediensteten künftig weiter reduzieren wollen, und dass die nächste Landesregierung klären solle, wie sie diese Quadratur des Kreises bewerkstelligen möchte.

Lassen Sie mich zu einigen übergreifenden Fragen etwas sagen. Dann möchte ich kurz den Schulbereich, die Hochschulen herausgreifen. Schließlich möchte ich einige Anmerkungen zum Landesverwaltungsamt machen. Alle anderen großen Bereiche werde ich, soweit sie noch einmal zu würdigen sind, aufgreifen, wenn wir über den Abschlussbericht diskutieren.

Erstens. Gleich bei der ersten Frage, und zwar in Bezug auf die Art und Weise, wie die Landesregierung die Aus- und Bewertung der Empfehlungen der Enquetekommission gegebenenfalls umsetzt, wurde ein Defizit der Landesregierung erneut sehr deutlich: Wir haben für ressortübergreifende Fragen keine ressortübergreifende Zuständigkeit. Leider ist es uns nicht gelungen, diese Problematik als gemeinsame Empfehlung in den Abschlussbericht aufzunehmen. Auf alle Fälle ist dieses ressortübergreifende Behandeln der Personalentwicklungsfragen auch eine Empfehlung der Fachhochschule Harz.  

Zweitens. In nahezu allen Empfehlungen spielte die Frage der Aufgabenkritik eine wichtige Rolle. In der Enquetekommission wurde immer wieder eine Qualität der Aufgabenkritik eingefordert, die es möglich macht, eine konkrete Personalbedarfsplanung vorzunehmen. In fast allen Ressorts gelang das nur ansatzweise. Deshalb spielten im Personalentwicklungskonzept fachliche Fragen zumeist nur ungenügend eine Rolle.
Die Landesregierung hat bei ihrer Beantwortung fast durchgängig auf die Empfehlungen zur Aufgabenkritik geantwortet. Die Aufgabenkritik wird als dauerhafte Aufgabe gemäß § 2 des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes durchgeführt. Hierzu ist festzustellen, dass nach den Berechnungen des Landesrechnungshofes in der Landesverwaltung für mehr als 7 700 Stellen keine konkrete Personalbedarfsplanung vorliegt. Das betrifft hauptsächlich die so genannte übrige Verwaltung, die hinsichtlich der Auflage, Kürzungen im Umfang von 30 % vorzunehmen, ohnehin stark in den Fokus der Enquetekommission rückte. Das Parlament sollte bis zur nächsten Haushaltsaufstellung von der Landesregierung eine konkrete Personalbedarfsplanung einfordern. Die personalbedarfsbezogene Aufgabenkritik trifft aus unserer Sicht - ich weiß, dass wir dazu unterschiedliche Auffassungen haben - auch für die Titelgruppe 96 zu. Wir wollen nicht nur wissen, wann die Stelle wegfallen soll, sondern auch, wo die Aufgaben verbleiben.

Drittens. Die Enquetekommission hat in ihren Empfehlungen wiederholt kritisch angemahnt, dass die Neueinstellungskorridore zeitnah auszuschöpfen seien. Wie sieht es auf diesem Gebiet aus? Wir haben nach wie vor eine steigende Tendenz der nicht ausgeschöpften Neueinstellungsmöglichkeiten zu verzeichnen, obwohl diese Stellen ausfinanziert sind. Da diese Mittel über das Haushaltsjahr hinweg übertragen werden können, schieben wir hier eine Bugwelle vor uns her. Bis zum Stand Ende des zweiten Quartals 2010 waren 468 mögliche und ausfinanzierte Neueinstellungen nicht getätigt worden.  
Der Finanzminister hat in der Enquetekommission angemerkt, dass die Ressorts fünf Jahre Zeit hätten, um diese Möglichkeiten auszuschöpfen. Diese Fünfjahresfrist ist seit Beginn der Geltung des Personalentwicklungskonzeptes sozusagen fast abgelaufen. Rechnet man die nicht ausgeschöpften Neueinstellungen zu denen, die im Jahr 2011 vorgenommen werden sollen, hinzu, so muss man feststellen, dass fast 900 Neueinstellungen im Jahr 2011 vorgenommen werden sollen. Es stellt sich die Frage, wie das gehen soll.

In ähnlicher Weise trifft das auch auf die Beförderungspolitik zu. Es gab immer wieder die Empfehlung, dass wir Leistungsanreize schaffen müssen. Der Landesregierung ist es in den Haushaltsjahren 2008 und 2009 lediglich gelungen, etwas mehr als 43 % der für Beförderungen zur Verfügung gestellten Mittel auch tatsächlich auszugeben. Das ist nach wie vor kritikwürdig. Diesbezüglich müssen wir uns etwas einfallen lassen.  

Lassen Sie mich etwas zum Bereich der Schulen sagen. Hier geht es in erster Linie um einen nachhaltigen bedarfsgerechten Personalbestand bei den Lehrkräften und weiteren pädagogischen, sozialpädagogischen und psychologischen Fachkräften. In der Enquetekommission wurde wiederholt eingefordert und empfohlen, ein Konzept für die pädagogischen Mitarbeiter aufzulegen. Ein solches Konzept liegt dem Fachausschuss nach wie vor nicht vor.  
Der Enquetekommission wurden nun Informationen darüber vorgelegt, wie sich die Anzahl der pädagogischen Mitarbeiter entwickelt. Von den 1 900 pädagogischen Mitarbeitern werden wir in den in den nächsten Jahren null, null und nochmals null einstellen; ich könnte die Nullen fortsetzen. Der Finanzminister hat das damit begründet, dass der Altersdurchschnitt der pädagogischen Mitarbeiter so gut ist, dass in den nächsten Jahren niemand ausscheiden wird. Wir werden uns das noch einmal detailliert vorlegen lassen.

Wir halten es für ein erhebliches Problem, dass dem Parlament noch immer nicht die Zielvereinbarungen mit den Hochschulen vorgelegt worden sind. Deshalb kann auch keine Aussage über die angekündigte besondere Zielvereinbarung zur Lehrerausbildung gemacht werden. Für die Universitäten ist neben der erforderlichen Ausbildungskapazität von erheblicher Bedeutung, welche Schwerpunkte besonders gefördert und entwickelt werden müssen. Das betrifft die Lehrämter nach Schulformen und die Fachkombination. Die Kolleginnen und Kollegen an den Universitäten bringen zum Ausdruck, dass sie sich hierbei ein zügigeres Agieren des Kultusministeriums wünschen.

Ein weiteres Problem im Bereich der Schulen ist, dass nach wie vor an den Zielzahlen für Lehrkräfte herumgedoktert wird. Wenn man das Personalentwicklungskonzept (PEK) mit Stand von 2009 einem Vergleich mit der Entwicklung der Ausbildungskapazitäten zugrunde legt, wird auch künftig keine Personalausstattung erreicht, mit der zumindest der derzeitige Standard gehalten werden kann. Die Antwort auf die Frage, was es bedeuten würde, wenn die Personalentwicklung derart verläuft, ist das Kultusministerium bis heute schuldig geblieben. Die im PEK mit Stand von 2009 noch nicht enthaltene Erhöhung der Zielzahl um 3 000 Stellen weist aus, dass wir im Schuljahr 2014/2015 den Bedarf nach dem gegenwärtigen Standard von ca. 14 300 Stellen administrativ auf 13 000 Stellen reduzieren müssen.

Nun einige Bemerkungen zu den Hochschulen. Kernprobleme sind die Bestimmung der Hochschulbudgets, die Bestimmung des Personalbedarfs und die Stärkung des Anteils des wissenschaftlichen Personals. Die Ausstattung der deutschen Hochschulen ist nach wie vor - das wissen wir alle - defizitär. Wenn bundesweit insgesamt Mittel in Höhe von 1 Milliarde Euro fehlen, spiegelt sich das natürlich auch in Sachsen-Anhalt wider.  
Der Ansatz, den Personalbedarf der Hochschulen nicht nur auf der Grundlage der Verpflichtungen in der Lehre unter Berücksichtigung der Einheit von Lehre und Forschung zu bestimmen, sondern auch weitere Aufgaben der Hochschulen nach dem Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zu berücksichtigen, wird von der LINKEN stark unterstützt. Dabei wird unzweifelhaft sichtbar, dass die Hochschulen mit ihrer derzeitigen Studierendenzahl eine Überlast fahren, die unter diesen Bedingungen jegliche Personalreduzierung infolge einer Budgetkürzung verbietet.
Wir begrüßen die Bereitstellung einer hohen Zahl von Studienplätzen und schätzen die Aktivitäten der Hochschulen, denen es gelungen ist, deutlich mehr Studierende zu gewinnen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung außerhalb der Landesgrenzen erworben haben, und die so nicht unerheblich der demografischen Entwicklung in Sachsen-Anhalt gegensteuern. Wir teilen die Einschätzung der Landesregierung, dass die Bestimmung der Hochschulbudgets schwierig ist und dass das Modell der Zielvereinbarungen, die auf dem Wege der Aushandlung im gegenseitigen Interesse entstehen, Erfolg versprechend ist.

Wir kritisieren aber ausdrücklich, dass an den Hochschulen derzeit eine erhebliche Zahl von Stellen nicht besetzt ist. Vorrangig handelt es sich dabei um Qualifikationsstellen. Angesichts der angespannten Finanzsituation der Hochschulen
halten wir es trotz angespannter Haushaltslage nach wie vor für erforderlich, die Tarifsteigerungen nicht nur zu 90 %, sondern zu 100 % durch das Land auszugleichen.

Abschließend einige Bemerkungen zum Landesverwaltungsamt und zu der entsprechenden Antwort der Landesregierung. Die Antwort der Landesregierung hat in den letzten Tagen an Brisanz gewonnen. Ihr ist zu entnehmen, dass eine externe Organisationsuntersuchung vorgenommen wird. Hierzu sind natürlich Nachfragen erforderlich: Geht es bei der externen Organisationsuntersuchung um eine Straffung innerhalb des Landesverwaltungsamtes? Oder geht es bei der externen Organisationsuntersuchung um den dreistufigen oder zweistufigen Landesaufbau? Geht es bei dieser Organisationsuntersuchung also darum, zu prüfen, ob das Landesverwaltungsamt abgeschafft werden könnte?
DIE LINKE hält es für unverantwortlich, so aus der Hüfte zuschießen und solche Überlegungen zur Abschaffung des Landesverwaltungsamtes anzustellen, wenn es in keiner Weise ein Konzept für einen entsprechenden anderen Landesaufbau gibt. Ich halte auch die Zustimmung der SPD für ziemlich euphorisch, die sagt: Wir haben ein Gesetz gemacht, dann schaffen wir es eben per Gesetz wieder ab. Sie alle wissen, dass wir in der nächsten Legislaturperiode nicht einmal die Voraussetzung dafür schaffen können, das Landesverwaltungsamt abzuschaffen. Das würde nämlich nach wie vor - das stand schon vor vielen Jahren in Studien - eine Kreisstruktur erfordern, die weniger als zehn Landkreise vorsieht. Die Bedingungen haben sich nicht geändert, sondern eher verschärft.