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Dr. Frank Thiel zu TOP 20: Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt

Das Thema EU-Dienstleistungsrichtlinie behandeln wir schon seit längerer Zeit im Parlament. Es gab einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zu Fragen der Umsetzung, den alle Fraktionen unterstützt haben. Wir haben die Behandlung dieses Antrages in der 33. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 24. September 2008 für erledigt erklärt.

Wir haben in der 34. Sitzung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien bemerkt, dass die Dinge auf einem guten Weg sind. Nun stellt sich die Frage: Wozu bedarf es eigentlich eines solchen Antrags?

Nun könnte der eine oder andere auf die Idee kommen, es wäre vielleicht besser gewesen, DIE LINKE hätte einen Missbilligungsantrag formuliert, um die Landesregierung dahin gehend zu kritisieren, dass sie den Prozess der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht ordnungsgemäß voranbringt. Aber das war uns eigentlich zu simpel.

Wir haben immer wieder auf die Stellen hingewiesen, an denen wir bestimmte Schwierigkeiten bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in Deutschland und speziell in Sachsen-Anhalt sehen. Wir haben immer wieder betont, wie wichtig es ist, dass bei Fragen der freien Dienstleistung über Grenzen hinweg die Thematik der Standards und der Arbeitnehmerrechte nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Wir haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass offenbar ein erheblicher Verwaltungsaufwand auf das Land zukommt, wenn es darum geht, diese Richtlinie umzusetzen.

Also wozu bedarf es noch dieses Antrags? Das Problem besteht darin, dass wir in Sachsen-Anhalt noch 196 Tage Zeit haben, dann muss diese Dienstleistungsrichtlinie in Kraft treten. Es sind also nicht einmal mehr 200 Tage. Vor uns liegt eine parlamentarische Sommerpause, und wir haben auch spannende Debatten zum Thema Haushalt vor uns.

Wir haben uns in den vergangenen Tagen gefragt: Wie ist denn eigentlich der Stand der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt? Wir sehen folgende Problematik: Wir befürchten, dass wir nicht genügend Zeit haben, um die entsprechenden Verordnungen und Gesetze, die entsprechenden Umsetzungsmechanismen in den Kommunen, die damit verbundene Frage der Kosten und die Frage der Umsetzung der Anforderungen an einen einheitlichen Ansprechpartner in entsprechender Qualität und mit entsprechender Sorgfalt bedacht wieder zu finden.

Deswegen haben wir gesagt, wir bringen im Juni 2009 noch einmal einen solchen Antrag in den Landtag ein, um die Landesregierung noch einmal aufzufordern, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Darüber hinaus hielten wir es für sehr sinnvoll, wenn wir bei bestimmten, die Umsetzung der Richtlinie betreffenden Fragen noch einmal mit der kommunalen Ebene in ein sehr intensives Gespräch eintreten würden.

Die Problematik ist in drei oder vier Punkte zu fassen. Der erste Punkt ist die Frage des einheitlichen Ansprechpartners. Das haben wir relativ frühzeitig geregelt. Die Landesregierung hat sich dafür entschieden, das Landesverwaltungsamt als entsprechende Mittelbehörde auszustatten. Die Fachleute, die sich damit befassen, wissen, dass das in den Ländern unterschiedlich geregelt ist. Wir haben uns für diesen Weg entschieden.

Nun ist aber die Frage zu stellen, wie die Dinge umgesetzt werden, die vom Landesverwaltungsamt initiiert werden und bei den zuständigen Stellen und Behörden zu regeln sind. Wir sehen Handlungsbedarf dahin gehend, dass entsprechende Regelungen gefordert werden ‑ bis hin zu solch ganz einfachen Dingen, dass die EU zum Beispiel die so genannte Genehmigungsfiktion fordert. Das heißt, wenn innerhalb von drei Monaten auf einen entsprechenden Antrag nicht reagiert wird, dann setzt er sich um.

Das zweite Thema ist das berühmte Normenscreening. Wir haben in den Ausschüssen mehrmals darüber gesprochen und immer wieder die Berichte abgefragt. In der 34. Sitzung des Europaausschusses am 24. April 2009 wurde mitgeteilt, dass zwei große Gesetzespakete mit den entsprechenden Artikelgesetzen in Vorbereitung sind. Die Frage ist nur, wann sie eingebracht werden und wie viel Zeit wir haben werden, um auf bestimmte Dinge hinweisen zu können.

Wir haben bereits festgestellt, dass es in anderen Bereichen durchaus Überlegungen dahin gehend gibt, das, was die EU-Dienstleistungsrichtlinie betrifft, bereits in entsprechende Gesetzesvorhaben umzusetzen. Wir hatten über das Thema Bauordnung in der gestrigen Landtagssitzung diskutiert. Wir haben vor wenigen Wochen das Thema Ingenieurgesetz angepackt. Ich denke, es gibt eine ganze Menge zu tun, es muss ausreichend Zeit für Diskussionen im Plenum bereitgestellt werden.

Wir hatten den Eindruck, dass die Landesregierung dieses Thema eher als eine Art Verwaltungsakt ansieht: Man muss relativ wenig dafür tun, es sind ein paar Worte zu ersetzen, hier und da ist ein Komma einzufügen bzw. auf das Thema EU-Dienstleistungsrichtlinie zu verweisen. Aber ich denke, dass es durchaus zu einer ganzen Reihe von weitreichenden Gesetzesänderungen führen kann.

Über das dritte Thema ist zumindest hier im Landtag oft diskutiert worden: das Thema der elektronischen Verfahrensabwicklung. Es geht um das interne Marketing-Informationssystem, das aufzubauen und dessen Prototyp gewissermaßen das Deutschland-Online-Projekt ist. Es geht dabei zum Beispiel um Fragestellungen, wie von Europa aus über die Landesebene bis in die Kommune hinein die entsprechenden technischen Voraussetzungen zu schaffen und welche finanziellen und personellen Aufwendungen notwendig sind.

All das sind Dinge, die zwar angesprochen worden sind, aber sie bedürfen noch einer abschließenden Regelung. Nach unserer Auffassung ist bereits zu viel Zeit verstrichen, ohne dass entsprechende Regelungen getroffen wurden und ohne dass Verhandlungen mit den Kommunen stattgefunden haben.

Wir haben uns insbesondere für die Einbringung dieses Antrages entschieden, weil in der letzten Sitzung des Europaausschusses festgestellt worden ist, dass die Kommunen momentan nicht hinreichend über die Umsetzung der Richtlinie und vor allem über die Anforderungen in ihrem Bereich informiert sind.

Ein genauso wichtiges Thema ist die Frage des Datenschutzes. Hierbei sollte zumindest sichergestellt werden, dass die Regelungen tatsächlich entsprechend den Datenschutzrichtlinien umgesetzt werden. Wir sehen noch einen erheblichen Bedarf hinsichtlich der Prüfung, inwieweit das tatsächlich passiert.

Deswegen sind wir der Meinung, ein solcher Antrag gehört noch einmal in den Landtag, um im Plenum auf die Dringlichkeit dieses Themas aufmerksam zu machen und alle Abgeordneten für diese Geschichte zu sensibilisieren. Denn die Umsetzung passiert vor Ort in den Landkreisen, passiert vor Ort in den kreisfreien Städten. Sie haben dann durchaus die Möglichkeit, als regionale Abgeordnete hier einmal nachzufragen, wie der konkrete Umsetzungsstand ist. Deswegen wollten wir gern eine solche Beschlussfassung herbeiführen.

Wir haben in unserem Antrag noch einmal separat ausgewiesen, dass es uns wichtig wäre, im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien gemeinsam mit dem Ausschuss für Inneres und dem Wirtschaftsausschuss eine Anhörung der zuständigen Kommunen durchzuführen, und zwar möglichst noch im dritten Quartal, um die Probleme bei der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie aus erster Hand zu erfahren. Die Fragen, die wir dazu haben, sind in den Antrag entsprechend eingefügt worden.