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Dr. Frank Thiel zu TOP 17: Perspektiven der Photovoltaik in Deutschland sichern

In diesem Jahr feiert das Erneuerbare -Energien-Gesetz (EEG) seinen 10. Geburtstag. Es gab damals wie auch heute Befürworter und Gegner dieses Gesetzes, es hat aber die erreichten Ergebnisse können sich sehen lassen. 16 % beträgt inzwischen der  Anteil der Erneuerbaren an der Energieerzeugung, in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit sind 280.000 Arbeitsplätze in und um die Branche entstanden.

Die neu entwickelten Technologien erwiesen sich als Exportschlager, ebenso das EEG  als Modell in vielen Ländern. Sachsen-Anhalt hat davon kräftig profitiert, bei Wind, Biomasse und Photovoltaik hat es einen Spitzenplatz nicht nur in Deutschland erreicht. Spitzentechnologie wurde durch Land, Bund und EU zielgerichtet gefördert, Solarcluster, Solar Valley sind entstanden, als Markenzeichen für Sachsen-Anhalt.

Umso wichtiger ist, dass mit den gesetzlichen Regelungen ein solches Maß an Planungssicherheit getroffen, das auf Technologie- und Marktentwicklungen angemessen reagiert werden kann.

Nun sind die Debatten um die Vergütungssätze im EEG nichts neues. Noch vor 6 Jahren beklagte ein Geschäftsführer eines Stadtwerkes die hohen Umlagesätze, heute denkt er über eine eigenständige Energieerzeugung im Wechselspiel von Wind, Solar, Biomasse und Gas nach.

Technologischer Fortschritt ist nicht zum Nulltarif zu haben, vor allem dann, wenn Anforderungen des Klimaschutzes den Erwartungsdruck auf die Technologie erhöhen.

Zwei grundsätzliche Fragen werden mit der gegenwärtigen Debatte um die Solarförderung berührt:

  1. Fragen der gezielten Förderung bzw. Subventionierung von neuen Technologien, die neue Produkte für den Markt darstellen und
  2. die Frage, welche Bedeutung wir regenerativen Energien generell beimessen.

 

Gerade am Beispiel des EEG lassen sich zahlreiche Effekte unterschiedlicher  Vorgehensweise bei der Technologieförderung nachweisen. So zum Beispiel die Frage, an welcher Stelle im Entwicklungsprozess bzw. der Wertschöpfung soll die Förderung beginnen und enden. Viele Kritiker des EEG meinen, die reine Forschungs- und Entwicklungsförderung würde ausreichen, auf Förderung der Markteinführung könne verzichtet werden.

Aber gerade die erneuerbaren Energien zeigen, dass ab einem bestimmten Reifegrad der Technologie, wenn der Nachweis einer sinnvollen Verwendung vorhanden ist, ihre Kosten aber noch nicht konkurrenzfähig sind - dann gelten Markteinführungsprogramme als unerlässliche Instrumente, um die Marktreife herzustellen und damit komplett aus der staatlichen Förderung herauszunehmen.

Darüber hinaus wird deutlich, welche technischen und organisatorischen Veränderungen notwendig sind, um die neuen Technologien in das Energiesystem einbauen zu können. FuE-Förderung allein würde diesen Aspekt nicht berücksichtigen, bestehende Strukturen in der Energieversorgung würden aufrechterhalten, Veränderungen würden als nicht notwendig angesehen. Eine ähnliche Debatte führen wir gerade zum Thema Energiekonzept für Sachsen-Anhalt.

Spillover-Effekte ( spill = umschütten, verschütten), d.h. Technologiefortschritt kann anderen Marktakteuren  „zufallen“, sind beim weltweiten wissenschaftlichen Meinungsaustausch nicht aufzuhalten.

Bereits während der letzten Novellierung des EEG im Jahr 2008 gab es eine intensive Diskussion um Fördersätze, um Gleitfaktoren in Abhängigkeit vom Zuwachs an Photovoltaikanlagen.

Selbsttragend sei der Aufschwung jedoch noch nicht, betonten damals die Politiker aus den neuen Bundesländern. „Gebt uns noch fünf bis sieben Jahre Zeit“, appellierte Thüringens Wirtschaftsminister Reinholz an die anwesenden Bundestagsabgeordneten.  „Drehen Sie unserer globalen Wettbewerbsfähigkeit jetzt nicht den Hahn ab“, forderte auch Haseloff. Werde die Solarstromvergütung wie geplant gesenkt, verlangsame sich der technologische Innovationsprozess und die angestrebte Netzparität werde erst später erreicht.  Ein gutes Argument jedenfalls liefert die bundesweite Verteilung der Photovoltaik-Arbeitsplätze. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen finden weit mehr Beschäftigte in der Branche Arbeit als in den mitteldeutschen Ländern. Zwar nicht in der Fertigung, dafür jedoch in der Zulieferung, der Installation und dem Großhandel. Auch ein Effekt des EEG, der nicht im Fokus der öffentlichen Diskussion steht. Weiterhin ist der Solarcluster einer der 5 Spitzencluster, der mit 40 Millionen € Bundesmitteln bedacht wurde.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgewählte Spitzencluster zeigt, dass sich in Deutschland, insbesondere in den Bundesländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, ein Innovationssystem Photovoltaik entwickelt hat, das weltweit einzigartig ist. Es beinhaltet drei Komponenten:

  • erstens eine breite Ausbildungs- und Forschungslandschaft,
  • zweitens eine vielfältige und exzellente Unternehmensstruktur von Spezialmaschinenbau, Anlagenherstellern und Produktionsfirmen
  • und drittens das Engagements von Politikern der Legislative und Exekutive, die erneuerbaren Energien mit langem Atem in Forschung und Markteinführung (EEG) zu fördern.

 

Der Spitzencluster hat ein ehrgeiziges Ziel: Spätestens 2015 soll Strom aus der Sonne günstiger sein als Strom aus konventionellen Kraftwerken. Das sollte durch die Optimierung von Prozessen und Produkten Erreicht werden. Dazu müssen nicht nur die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette gesenkt, sondern auch der Wirkungsgrad und die Lebensdauer der Produkte gesteigert werden.

Es gilt, Deutschland als Leitmarkt für erneuerbare Energie-Technologien zu festigen, der neue Nachfrage-Trends frühzeitig bedienen kann. Die entscheidende politische Frage lautet: Wollen wir den zügigen Ausbau der regenerativen Energieerzeugung als Ersatz für die fossilen Brennstoffe oder nicht?

Betrachten wir die erneuerbaren Energien als Beitrag der Verringerung der Importabhängigkeit Deutschlands von energetischen Rohstoffen. Werden damit die Gefahren von Konflikten um knapper werdende Energieressourcen vermindert?

Wollen wir die Hinwendung zum Ausbau der dezentralen Energieerzeugung, um den Wettbewerb zu befördern und die Abhängigkeit von den großen Konzernen zu verringern?

Industrieparks in Sachsen-Anhalt setzen zunehmend auf Eigenversorgung.

Im Land sollte natürlich auch Photovoltaik selber eingesetzt werden, erinnert sei an sperrige Diskussionen mit Vertretern der Landesregierung zum Einsatz auf Landesliegenschaften, nur 2.000 qm wären wohl geeignet.

Es ist berechtigt,  über Ansprüche garantierte Preise nachzudenken. Sind Sorgen um Überförderung berechtigt? Sicher dann, wenn sich Solaranlagen mit herkömmlichen Stromerzeugung vergleichen können  - Stichwort Netzparität.

Zu Netzparität gibt es verschiedene Zahlen, 2015, 2013,  (s. Antrag Koalitionsfraktionen). Für einen bestimmten Bereich mag das vielleicht gelten, aber alle Fachexperten wissen, dass es je nach Anwendungsgebiet sehr unterschiedliche Zielmarken gibt. Genauer kann es wohl keiner sagen, aber der Zeitraum in den nächsten drei bis 6 Jahren ist durchaus realistisch.

Eine weitere Degression ist natürlich auch Signal für die Geldanleger hinsichtlich der Rendite-Erwartungen.

Notierung Q-Cells an der Börse:

2 Jahrestrend:  Sommer 2008 87,29 €

Mai 2009 20,59 €

Heute früh: 7,74 €

Die Absenkung der Degression ist ein falsches Signal an die Börse.

Fehlkalkulationen gab es auch in Unternehmen, Innovation nicht zügig vorangetrieben, die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Konkurrenz am Weltmarkt wurden nicht ausreichend beachtet. Das hat bereits zu Arbeitsplatzabbau und roten Zahlen geführt (Q-Cells, Sovello).

Ein weiterer Missstand ist zutage getreten: Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der jungen Branche wurden vernachlässigt, erst als in der Krise Arbeitsplatzabbau bevorstand, besann man sich auf die Einbeziehung der Mitarbeiter. Deshalb lautet unsere Forderung im Antrag: aktive Einbeziehung der Beschäftigten in jetzt ablaufenden Diskussionsprozesse sowohl innerhalb als auch außerhalb der betroffenen Branche.

Bei Novellierung des EEG ist die gesamte Wertschöpfungskette betrachten: FuE, Produktion, Handel, Installation, Netzausbau, Kreditwesen.

Die Branche wirbt: Die Einspeisevergütung des Inbetriebnahmejahres bleibt für Sie 20 Jahre gleich!

Je nachdem, wie die Verzinsung für das aufgewendete Kapital angesetzt wird, kann die Investition etwa ab dem zehnten Jahr eine Rendite abwerfen. Für gewerbliche Anlagen sind dank der Abschreibungsmöglichkeiten die Renditeaussichten günstiger.

Die Debatte wird seit Herbst vorigen Jahres geführt, Planungen zur Novellierung gab es bereits, aber öffentlich wurden noch keine konkreten Zahlen und Daten genannt, Anhörungen fanden im internen Kreis statt. Dann kamen im Januar die ersten Überlegungen in die Öffentlichkeit: Einführung ab 1. April 2010, zweistellige Senkungsraten sind im Gespräch. Von Überförderung war die Rede, ungerechtfertigte Kosten für die Verbraucher in den nächsten 20 Jahren von 10, manchmal 20, manchmal 30 Mrd. Euro werden angekündigt, je nachdem, welches jemandem nahe stehende Institut die Prognose bekannt gab. Die Verbraucherschutzzentrale spricht von 10 Mrd. Euro bei den jetzt installierten Anlagen.

Natürlich sind diese Hinweise zu einer Überförderung ernst zu nehmen, gerade weil Energiepreise in jedem Bereich eine große Rolle spielen. Energie bezahlbar gestalten ist, eine wichtige Forderung. Fakt ist jedoch, dass der Preis mit Erzeugungskosten oder Netzentgelten wenig zu tun hat, der Preis wird an der Strombörse generiert.

Ostdeutsche Wirtschaftsminister meldeten Protest an, es betrifft aber nicht nur die ostdeutsche Wirtschaft, sondern Branche in Gesamtdeutschland. In einer Pressemitteilung nach Treffen der ostdeutschen Wirtschaftsminister vom 27. Januar 2010 wird mitgeteilt: Zentraler Konsens der neuen Länder und der Solarbranche sei, die Degression werde grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Allerdings, die Branche fordert einstellige einmalige Degression, keine so hohen Abschläge (15 %), keine kurzfristige Umsetzung der Kürzungen. Gründe dafür sind der mögliche Ausfall zukünftiger Investitionen, kontrapoduktive Auswirkungen in der Krise, Existenzgefährdungen für mittelständische Unternehmen und gefährdete Planungssicherheit. Vorgeschlagen werden die Verschiebung und die Korrektur der Höhe, es gelte, jetzt einen Stufenplan bis zur Netzparität 2013einzuführen.

Für uns war das ein klares Signal, auch von der Branche, das zu unterstützen ist.

Dann kam offenbar das Einknicken vor Berlin: Ostpolitiker kämpfen für die Solarbranche war am 8. Februar in den Zeitungen zu lesen. Statt Einführung der neuen Werte für die Einspeisevergütung am 1. Mai nun am 1. Juli, forderte CDU-MdB Ulrich Petzold aus Wittenberg. Man bräuchte mehr Planungssicherheit in der Solarbranche. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese 8 Wochen die geforderte Planungssicherheit herbeiführen werden.

Einen Tag später erklärte Minister Haseloff, er stelle sich hinter den in Berlin gefundenen Kompromiss: „Wir können klar sagen, wir haben einen Zwischenerfolg erreicht“, so seine Aussage.

Unsere Bewertung dazu ist: Damit wurde der zentrale Konsens der neuen Länder und der Solarbranche vom 27. Januar aufgekündigt!

Brandenburg hat seine Auffassung nicht verändert, der Thüringer Landtag hat in einem Antrag mit allen Fraktionen den Weg der Bundesregierung in die falsche Richtung bezeichnet, Sachsen Wirtschaftsminister hat den Kompromiss abgelehnt. Aber Sachsen-Anhalt fällt wieder einmal aus der Reihe! Wenn man die Interessen des Landes im Bund erfolgreich vertreten will, darf man aber nicht bei jedem Windstoß  aus Parteiräson gleich umfallen.

Die Auffassung der LINKEN lautet: Die entscheidende Frage lautet nicht, ob die Kürzung bei der Solarförderung um drei oder sechs Monate verschoben wird. Das erleichtert die Planungen in der Forschung und Produktion für die Solarbranche überhaupt nicht, das könnte bestenfalls im Handwerk für Erleichterungen sorgen, wo bedauerlicherweise oftmals nur ein Auftragsvorlauf von vier bis sechs Wochen zu verzeichnen ist.
Entscheidend ist vielmehr, ob die bekannte Forderung, bis zum Erreichen der Netzparität keine Änderungen bei den Förderaten vorzunehmen, noch Bestand hat.
DIE LINKE schlägt vor, dass noch vor der Einreichung eines Gesetzentwurfes Politiker, Vertreter der Solarbranche, der Verbraucher und der Installationsunternehmen einen akzeptablen Vorschlag für die Unterstützung der Energiegewinnung der nächsten Generation unterbreiten.

Es ist völlig unerheblich, zu welchem Zeitpunkt die geplante drastische Kürzung der Solarförderung einsetzen soll. Einige Monate mehr oder weniger spielen für die Unternehmen der Branche keine große Rolle, daher ist die Zustimmung von Minister Haseloff zu dem so genannten Kompromiss im Interesse der Betroffenen nicht nachvollziehbar.
Es geht für DIE LINKE weitaus grundsätzlicher um die Perspektiven der Solarwirtschaft in Deutschland und besonders auch in Sachsen-Anhalt. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, die Kürzungspläne der Bundesregierung abzulehnen, da sie energie-, industrie-, innovations- und beschäftigungspolitisch in eine völlig falsche Richtung weisen.

Gemeinsam mit den anderen Bundesländern, in denen die Solarforschung und -wirtschaft tragende Säule einer modernen Innovations- und Industriepolitik sind, gilt es, die notwendigen parlamentarische Initiativen zu ergreifen, um die Zukunfts- und Entwicklungsfähigkeit des mitteldeutschen Solar-Clusters zu erhalten.

Durch die kurzfristige Entscheidung des Bundes besteht die reale Gefahr des Arbeitsplatzabbaus in der Fertigung sowie des Abbaus von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. DIE LINKE fordert, zumindest bis zum Erreichen der so genannten Netzparität (Solarstrom nicht teurer als konventioneller Haushaltsstrom) in einigen Jahren, die Veränderungen an der Einspeisevergütung so zu gestalten, dass einer innovativen Industriebranche für die Sicherung der Energieversorgung in der Zukunft die notwendigen Entwicklungschancen nicht genommen werden. Das gilt nicht nur für Hausanlagen, sondern für andere Projekte, die die dezentrale Energieversorgung voranbringen. Und bei Freiflächen sind verstärkt Konversionsflächen und Industrie- und Gewerbegebiete- Brachen zu nutzen (Solarpark Landsberg für 30 Millionen). Vielleicht wäre das auch eine Alternative für die Investruine Cochstedt, ein Solarpark muss  nicht gleich als Landesbetrieb errichtet werden.

Die Solarbranche hat sich erfolgreich entwickelt. Dennoch gibt es noch keinen Verdrängungswettbewerb am Markt, sondern wir befinden uns noch in der Phase der Markteinführung.

Probleme zeigen sich aber generell bei der Subventionierung in der Wirtschaft, Fragen der Wirtschaftsförderung sind neu ausrichten. Im Mittelpunkt staatlicher Förderpolitik bei weniger werdenden Fördermitteln muss die Stärkung der Standorte in Sachsen-Anhalt als Wettbewerbsfaktor stehen und nicht die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Unternehmens. Fördermittelvergabe darf nicht mehr primär mit Blick auf die betriebswirtschaftlichen Effekte eines Unternehmens erfolgen, sondern auf die volkswirtschaftlichen Effekte für das Land Sachsen-Anhalt. Aber das ist ein Thema für künftige Debatten und nicht die heutige Antragslage.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unseren Antrag,

  • der klare Kritik am Vorgehen der Bundesregierung beinhaltet,
  • der nicht nur den Gesetzgeber, sondern die vom Gesetz betroffenen in die Entscheidungsprozesse aktiv einbezogen sehen möchte und der nicht nur, wie der Antrag der Koalitionsfraktionen, das Jahr 2010 im Blick hat, sondern die Erarbeitung des Stufenplanes sofort fordert,
  • und der nicht nur den Wirtschaftsminister vermittelnd über die Probleme in der Branche hören möchte, sondern den Wirtschaftsausschuss auffordert, die im Land Betroffenen dazu anzuhören.