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Dr. Frank Thiel zu TOP 11: Ausbau der Breitbandversorgung in Sachsen-Anhalt

Am 1. April 2008 erhielt unser Fraktionskollege Gerald Grünert auf eine Kleine Anfrage zum Thema „Schnelles Internet für alle“ die Antwort der Landesregierung mit folgendem Inhalt: Ein Breitbandförderprogramm mit Landesmitteln ist nicht geplant; Fördermöglichkeiten über die Gemeinschaftsaufgaben sind nicht gegeben; die EU muss erst noch prüfen; die Schließung von Breitbandlücken im Rahmen der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 gehört nicht zu den Förderprioritäten der Landesregierung, und eine Entscheidung kann frühestens mit dem Haushalt 2010/2011 getroffen werden.

Ein knappes Jahr später ruft die Regierung zum Breitbandgipfel auf und stellt im Rahmen des aktuellen Zukunftsprogramms bis 2014  50 Millionen € in Aussicht. Das ist bitter notwendig, denn Sachsen-Anhalt gehört zu den am schlechtesten versorgten Ländern in Deutschland. Ja, so schnell können sich die Prioritäten ändern. Aber so schnell ging es wiederum auch nicht. Der Breitbandgipfel offenbarte auch das Dilemma der Prioritätensetzung im Land und der erforderlichen Förderkulisse. Erst im April werde man im Kabinett darüber befinden. Zum Glück ist der 1. April in diesem Jahr ein Mittwoch. Da tagt das Kabinett bekanntlich nicht.

Das inzwischen deutlich gewordene Problem heißt: Wir reden über eine ganze Menge Geld, wissen aber eigentlich nicht so richtig, wie hoch der Bedarf genau ist und in welchen Bereichen das Geld zielgerichtet auszugeben ist.

Für die Fraktion DIE LINKE war und ist das Thema „Telekommunikation“ und damit die Breitbandversorgung ein Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Umso erfreuter waren wir natürlich, auf dem Gipfel von der Landesregierung zu hören, dass schnelles Internet eine Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe ist. Die Unternehmen sollen mit Gemeinden kooperieren.

Aufmerksam geworden sind wir bei Aussagen wie: Durch eine gute Kooperation mit Telekommunikationsunternehmen ist zu sichern, dass die Unternehmen ihre Aufwendungen über Gebühren finanzieren und die Kommunen die vorhandenen Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen haben.

Unserer Auffassung nach ist das für eine gute Kooperation zu wenig. Der Vertreter der Telekom nahm den Ball auch sofort auf: Die Versorgung im ländlichen Raum sei wirtschaftlich nicht immer vertretbar, also muss die Deckungslücke finanziert werden.

Es wird immer wieder von der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes gesprochen und davon, dass der Verbraucher von der Einführung einer sektorspezifischen Regulierung erheblich profitiert habe. Die Preise für Telekommunikationsdienstleistungen sind gesunken. Die Qualität der angebotenen Dienste hat sich deutlich verbessert.

Die Unterversorgung mit Breitbandinfrastruktur im ländlichen Raum ist ein typischer Fall von Marktversagen. Denn private Unternehmen konzentrieren sich eben auf den Ausbau von lukrativen Netzen in Ballungsgebieten und vernachlässigen ganz einfach den Ausbau in unprofitablen Regionen. Wenn es keinen Versorgungsauftrag gibt, dann muss auch nichts investiert werden.

Auch wenn es der FDP die blau-gelben Flecken ins Gesicht treibt, muss ich sagen: Sie hat im Jahr 2002 maßgeblich mit dazu beigetragen, dass das Thema „Telekommunikation“ aus der öffentlichen Daseinsvorsorge in Sachsen-Anhalt verschwunden ist. Es gebe schließlich genügend Anbieter im freien Wettbewerb. Immerhin hat auch die Landesregierung eines verstanden: Breitbandversorgung ist Grundversorgung und Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge, auch wenn Staatsminister Robra meint, man müsse keine Staatsleitungen bauen. Wir sind der Auffassung, dass es hier notwendig ist, zu einer sinnvollen Kooperation zwischen Kommunen und Internet-Anbietern zu kommen.

Wenn sich die Kommunen gegenüber solchen Kooperationsmodellen aufgeschlossen zeigen, indem sie etwa kommunale Abwassernetze vergleichsweise kostengünstig für Glasfaserkabel zur Verfügung stellen oder Standorte für Funkanlagen Dritter für den Aufbau von Breitbandnetzen nutzen, dann kann der Aufbau eines Breitbandnetzes beschleunigt und die Baukosten durchaus verringert werden.

Telekommunikationsunternehmen sollten verstärkt die Möglichkeit nutzen können, im Rahmen von beabsichtigen Straßenbaumaßnahmen ihre Infrastrukturen mit zu verlegen. Straßenbau und Autobahnbau sind ja okay, damit kann man leben. Aber die Datenautobahn muss genauso entwickelt werden.

Deswegen lautet eine unserer ersten zentralen Forderungen: Investitionen in die Breitbandinfrastruktur sollen auch bei Kooperationen zwischen Gemeinden mit ihren kommunalen Unternehmen und den privaten Telekommunikationsanbietern zu einer Win-win-Situation führen. Wenn beide Partner investieren, dann sollen auch beide etwas davon haben. Wir können uns durchaus vorstellen, eine Art Joint Venture für den Ausbau des Breitbandnetzes zu bilden, um vielleicht auch dafür Sorge zu tragen, dass kommunales Eigentum vermehrt werden kann.

Wir halten es durchaus für wichtig, dass die Landkreise eine koordinierende Funktion übernehmen, um gewissermaßen den Ausbau des Breitbandnetzes in Sachsen-Anhalt mit zu beschleunigen.

Allerdings: Wenn sich privatwirtschaftlich etwas nicht rechnet, dann soll sich der Staat mit Fördermitteln einbringen, damit andere dann Gewinn machen. Durch diese Rechnung möchten wir gern einen Strich machen. Der Einsatz öffentlicher Gelder kann beim Ausbau des Breitbandnetzes nicht bedeuten, dass profitable Telekommunikationsunternehmen bedingungslos subventioniert werden.

Es geht darum, klare Spielregeln festzulegen, es geht doch wohl nicht an, dass die öffentliche Hand Fördermittel und Eigenanteile bereitstellt und sich dafür verschuldet, aber vom laufenden Ertrag nicht profitiert.

Am Markt hat sich ein Preisschema entwickelt, das die Gefahr in sich birgt, dass die Lückenschließung gerade im ländlichen Raum nur mit höheren Kosten für die Verbraucher betrieben wird. Das wäre aber kontraproduktiv.

Hier war schon die Rede davon, dass es durchaus sinnvoll wäre, größere Cluster in Sachsen-Anhalt bundesweit auszuschreiben und damit die Lösung unserer Probleme zu beschleunigen. Die Frage ist natürlich, wie das geschehen soll. Es gibt ja bereits Telekommunikationsnetze. Soll man diese enteignen und anderen Anbietern übertragen? Wie soll das funktionieren?

Wir als LINKE haben uns sowohl im Bund als auch in Europa dafür immer dafür ausgesprochen, dass das Thema „Telekommunikationsdienstleistungen“ auch als ein Universaldienst betrachtet wird. Wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die Landesregierung im Bundesrat auf eine Änderung des § 78 des Telekommunikationsgesetzes hinwirkt, dass diese Universaldienstleistung mindestens 2 Megabit pro Sekunde und nicht weniger aufweist, damit Breitband-Internet auch möglich ist. Wir fordern Sie auf, auch dafür Sorge zu tragen, dass die Bundesregierung auf europäischer Ebene tätig wird, damit dort endlich die Universaldienstleistung in der Telekommunikationsrichtlinie festgeschrieben wird.

DIE LINKE wird bei den Debatten über den Nachtragshaushalt darauf achten, dass Fördermittel nicht nur für die sicherlich notwendige Erschließung von Gewerbegebieten eingesetzt werden, sondern dass auch private Nutzer in den Genuss einer den Marktbedingungen entsprechenden Versorgung kommen.