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Dr. Angelika Klein zum TOP „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2008/2009“

Mit der heute vorliegenden Beschlussempfehlung und dem Entwurf des Nachtragshaushaltes 2009 geht es zum einen um die Verankerung des Konjunkturprogramms II in unserem Landeshaushalt. Obwohl die Fraktion DIE LINKE nach wie vor der Meinung ist, dass auch im Rahmen des Konjunkturpaketes II eine andere Schwerpunktsetzung möglich und notwendig gewesen wäre, haben wir uns einer schnellen Bearbeitung nicht entgegenstellt. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit, sie brauchen die Chance mit den Projekten beginnen zu können, damit die Gelder auch in den nächsten zwei Jahren wirklich abfließen können.
Zum anderen aber, und das ist auch in den Ausschussberatungen deutlich geworden, haben einige Ressorts mal richtig zu geschlagen und lassen Wünsche wahr werden. Und, Herr Finanzminister, von Gegenfinanzierung kann da nur bedingt die Rede sein, wenn ich nur an die 675 000 Euro für die Landesgartenschau denke.

Die Fraktion DIE LINKE ist auch nach den Haushaltsberatungen immer noch der Meinung, dass die bereitstehenden Mittel für kommunalbezogenen Investitionen aus dem Zukunftsinvestitionsgesetz mehrheitlich bzw. mindestens zu den 70 %, die das Gesetz für die Kommunen vorsieht auch pauschal an die Kommunen weiter gereicht werden müssen.

Sie wissen selbst am besten, wo welche Investitionen am dringlichsten sind. Zumal - und das muss an dieser Stelle auch gesagt werden - die pauschalen Zuweisungen natürlich der gesetzlichen Zweckbindung also 65 % Bildungsinfrastruktur und 35 % sonstige kommunale Infrastruktur entsprechen müssen. Den kommunalen Spitzenverbänden, den Bürgermeistern und Landräten ist das durchaus bewusst.
In den Gesprächen mit Landräten und Bürgermeistern, egal welches Parteibuch sie haben, stößt man eigentlich nur auf Unverständnis zu dieser Entscheidung der Landesregierung, die von den Koalitionsfraktionen letztendlich mitgetragen wird. Sie sind enttäuscht über dieses Verständnis kommunaler Selbstverwaltung.
Und wenn man genau hinschaut, ist es ja in kürzester Zeit das zweite Mal, dass die Landesregierung der Meinung ist, zentral ist auf jeden Fall besser – erinnert sei an das Funktionalreformgesetz.

Hoffen wir nun, dass wenigstens die 50 Mio. Euro oder besser die rund 43 Mio. Euro, wenn der kommunale Eigenanteil heraus gerechnet wird,  die die Kommunen jetzt nach Einwohnerzahl aufgeschlüsselt bekommen, schnell genutzt werden können.
Für kleine Kommunen, die über keine Bildungseinrichtung mehr verfügen, ist es gar nicht so einfach. Im Chat am Dienstag hat der Finanzminister verkündet: Die Kommunen, die keinerlei Bildungseinrichtungen mehr vorhalten, können dann die Mittel für andere Infrastruktur ausgeben.
Der Wunsch, die Kommunen mögen sich in der kommunalen Familie einigen, ist angesichts der Gemeindegebietsreform für die kommunale Familie nicht einfach. Die Aufgabe der Selbständigkeit, der Verlust von Einrichtungen, die die Gemeinde zur Gemeinde machen und nicht zur Schlafstätte, führt dann schnell einmal dazu, dass der Bürgermeister der Nachbargemeinde den offiziellen Beinamen „Raubritter“ bekommt.
Aber letztlich muss ja bei der Aufteilung der Mittel eine Aufteilung 65 : 35 herauskommen, um diesen Ausgleich zu schaffen, da hätten dem Land 30 % völlig gereicht.

Die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Beratungen zum Nachtraghaushalt bestätigt so manche unserer Befürchtungen. Das trifft auch auf die haushaltsrechtlichen Regelungen, wie die Frage Nachtragshaushalt ja oder nein, zu. Die Frage, was ist eine finanzschwache Kommune, ist für das Konjunkturpaket II inzwischen geregelt, was aber, wenn die Kommunalaufsicht nicht hinterher kommt, um die Ausnahmegenehmigungen auszustellen?

Es bleibt der Fakt, dass die Kommunen neue Schulden aufnehmen müssen wenn auch zu günstigen Konditionen, die letztlich eine Konsolidierung hinausschieben, zumal ja auch die Kommunen mit sinkenden Steuereinnahmen konfrontiert werden. Insofern war und ist unsere Forderung, dass das Land den kommunalen Anteil von 12,5 % übernimmt, nur recht und billig.

Unterstützung findet der während der Beratungen eingebrachte Vorschlag der Koalitionsfraktionen, den Investitionsstau im IT-Bereich der Landkreise zu berücksichtigen.
Die Entscheidung, aus den Infrastrukturmitteln für Breitbandtechnologie und Breitbandversorgung  8 Mio. EUR für Informationstechnologie (IT) an die Landkreise
(pauschal nach Einwohnerzahl) zu geben und 5 Mio. EUR für Schulsanierung (pauschal nach Schülerzahl) auszureichen, ist in Ordnung. Die Landkreise haben bei der Kreisgebietsreform vom 1.7.2007 keinerlei Anschubfinanzierung bekommen. Geld aus der kommunalen Investitionspauschale erhalten sie auch nicht.
Wären die Koalitionsfraktionen 2007 unserem Vorschlag gefolgt, den Landkreisen jeweils eine Million als Anschubfinanzierung zu geben, wären die jüngsten Verrenkungen der Koalitionsfraktionen nicht notwendig gewesen, denn dass es welche sind, ist klar: Die CDU-Fraktion wollte die Landkreise nicht total hängen lassen und der SPD-Fraktion schmeckten die Kürzungen des Schulbausanierung des Kultusministers überhaupt nicht.

Eine Bedingung des Zukunftsinvestitionsgesetzes ist es, das mindestens 70 % des Geldes in kommunale Projekte gehen soll. Und da wird es manchmal kompliziert, wenn man sich die Wunschlisten der Ministerien ansieht. So findet man z.B. geplante Baumaßnahmen in Höhe von 2,9 Mio. Euro an der Brand- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge auf der Seite der kommunalbezogenen Investitionen. Da wir den Direktor dieser Schule am vergangenen Freitag in der Enquetekommission angehört haben, bin ich mir ziemlich sicher, dass Heyrothsberge eine Landeseinrichtung ist.
Ich hoffe, dass es nicht noch mehr solche Dinge gibt, die unter falscher Flagge segeln - nicht alles in den Listen ist bisher eindeutig untersetzt, denn dass geht zu Lasten der wirklichen kommunalen Investitionen.

Und damit sind wir bei der Umsetzung des Konjunkturpaketes durch die Landesregierung im Konkreten.
So hat der Kultusminister in seinem Bereich mächtig umsortiert. Statt der geplanten 120 Mio. Euro sind es nur noch rund 100 Mio. Euro plus die 5 Mio. Euro, die, wenn die Beschlussempfehlung angenommen wird, aus den Infrastrukturmittel für Breitbandtechnologie und Breitbandversorgung kommen.
Die Prioritäten des Kultusministeriums sind einerseits nachzuvollziehen. Sachsen-Anhalt ist ein geschichtsträchtiges und kulturell bedeutsames Ländchen. Mit jeder neuen Baumaßnahme werden neue Gräber freigelegt, neue Scherben aus den historischen Abfallhaufen geborgen. Das ist interessant und wichtig. Aber 6,79 Mio. Euro müssen im Bereich der Denkmalpflege innerhalb von zwei Jahren auch erst einmal zweckentsprechend ausgegeben werden. Hier fällt mir auf Anhieb eigentlich nur der Schlossberg in Quedlinburg ein, der 15 Millionen Euro zur Stabilisierung benötigt.
Dasselbe trifft auf die Gelder für das Lutherjubiläum zu. Das findet 2017 statt und die Landesregierung stellt für die nächsten zwei Jahre 6,4 Mio. Euro. Auch die kulturhistorischen Stiftungen bekommen 9,3Mio. Euro.
Nach den Erfahrungen mit der Stiftung Gedenkstätten, die in einem Jahr nicht einmal 700 000 Euro für Investitionen ausgeben konnte, und nur dafür dürfen die Gelder aus dem Zukunftsinvestitionsprogramm ausgegeben werden, herrscht hier anscheinend das Prinzip Hoffnung, dass das Geld auch wirklich in den nächsten zwei Jahren zum Abfluss kommt.

Bei allem Verständnis hätte ich mir bei diesen Summen, die ja auf Projekten basieren müssen, eine konkretere Untersetzug vorgestellt und auch welchen Kommunen sie zu gute kommen.

Ähnliches könnte man auch zu den Listen anderer Ministerien sagen. Das Konjunkturprogramm muss wie ein vorgezogenes Weihnachten sein, und jedes Ressort durfte Wunschzettel aufschreiben. Manches ist nachvollziehbar. Manches ist nicht durchschaubar, und dass wird es wohl bei den baulichen Infrastrukturmaßnahmen auch bleiben.

Die Koalitionsfraktionen haben sich, wenn auch mit Einschränkungen, den Überlegungen des Bauministers angeschlossen, die Wertgrenze für Kleine Baumaßnahmen von derzeit 1 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR zu erhöhen, um die Investitionen zügig umsetzen zu können.
Es war schon erstaunlich, wie die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen einer nach der anderen in der Debatte umkippten und die ursprünglich eigenen Bedenken und die des Landesrechnungshofes fallen ließen.
Im Kern ging es hier um eine Änderung des Beteiligungsverfahrens des Finanzausschusses und des Landesrechnungshofes, obwohl die zeitlichen Einsparungen nur sehr gering sein dürften. Auch wenn dem Begriff „Störfaktor Parlament“ heftig widersprochen wurde, tauchte er bei dem einen oder anderem Kollegen Minister sehr wohl auf.

Um schnell handeln zu können, ist ein einfacheres Vergaberecht sinnvoll. Zu befürchten ist aber, dass soziale und ökologische Belange unter die Räder kommen. Deshalb sollten einfach zu handhabende Standards gelten, wie tarifliche Bezahlung, Mindestlohn und Vorrang von Investitionen, die den Energieverbrauch senken. Davon war in der Diskussion nicht die Rede. Aber auch die Fragen einer hohen Qualität der Planungen und Vorbereitungen durch den späteren Nutzer und die Bauverwaltung sind letztendlich mitentscheidend für den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der Haushaltsmittel. Zu viel Eile kann auch in diesem Bereich dazu führen, dass Qualitätskriterien nicht eingehalten werden. Der Landtag musste in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart oft genug nachbessern. Deshalb ist dieses Ansinnen für mich nicht nachvollziehbar. Und ich bin echt gespannt, wie viele Bauanträge die Ressorts bis morgen beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr vorlegen, denn das wirkt sich auf die Arbeit im nächsten Finanzausschuss aus, wenn freiwerdende Mittel umgeschichtet werden.

Der Investitionsstau im kommunalen Infrastrukturbereich ist groß, und mit einer kommunalen Investitionspauschale hätte man die Verantwortung in die Hände der Kommunen legen können.

Nun noch einige Bemerkungen zum Nachtragshaushalt selbst. Über die haushaltstechnische Umsetzung des Konjunkturprogramms im Kapitel 13 30 hinaus findet man so manches, was bereits schon einmal ausführlich mit entsprechenden Entscheidungen diskutiert wurde, wie die 675 000 Euro für die Landesgartenschau, aber auch Entscheidungen, wie die Umsetzung des einewelt-hauses Magdeburg vom Einzelplan 02 in den Einzelplan 05, die auch noch beim nächsten Haushalt zur rechten Zeit gekommen wären. Zumal es scheinbar sehr unterschiedliche Vorstellungen gibt, wo die beste Anbindung ist.

Absolut nicht nachvollziehbar waren die nun seit Wochen anhaltenden Debatten um die Sprachstandsförderung. Wenn im Gesetz dafür zunächst 300 000 Euro veranschlagt sind, müssen sie eingestellt werden, oder es muss eine Gesetzesänderung eingebracht werden. Noch gibt es keine Erfahrungen in Sachsen-Anhalt mit der Sprachstandsförderung. Insofern ist die jetzige Entscheidung, die volle Summe einzustellen, sinnvoller, als dann wieder mit einer überplanmäßigen Ausgabe anzukommen.

Für absolut kontraproduktiv halte ich die Debatte um die Sportförderung und hier auch die Kosten für den Geschäftsbesorgungsvertrag durch die Investitionsbank. Da es schon in den Zeitungen stand, kann ich meine Meinung hier kund tun. Es kann nicht sein, dass wir - d.h. der Ausschuss - nach den Kosten fragen und vom Sozialministerium die Aussage bekommen, diese Kosten kennt man nicht und sie werden sowieso erst im nächsten Jahre bezahlt. Zur fortgeschrittenen Abendstunde erhalten wir auf Nachfrage vom Chef der Investitionsbank auf Anhieb die Zahlen. Nun könnte man darüber grübeln, ob es in der Zwischenzeit eine kurzfristige Nachfrage bei der Investitionsbank gab, ob der Vertragsentwurf inzwischen beim Sozialministerium gefunden wurde oder ob das Thema bei der Investitionsbank noch so aktuell ist, dass man einfach die zahlen parat haben muss.
Dazu kommt das Problem der Veranschlagung. Es ist rechtlich absolut sauber, dass das Geld für 2009 erst 2010 bezahlt werden kann. Das setzte aber voraus, dass der Landessportbund jetzt, im laufenden Jahr, eine entsprechende Rücklage einstellen müsste, ansonsten wird es im nächsten Jahr knapp.
Noch einige Worte zu unseren Änderungsanträgen und zum Entschließungsantrag.

Mit den Änderungsanträgen, die wir bereits auf der Landtagssitzung im März 2009 eingebracht haben, sollte ein kleines Zeichen gesetzt werden, dass das Land Sachsen-Anhalt gewillt ist, selbst etwas der Krise entgegenzusetzen. Weder das Mittagessen noch der Beitrag für Lehr- und Lernmittel fand die Zustimmung der Koalitionsfraktionen. Trotzdem werden wir den Antrag nicht zurückziehen, auch und gerade weil im Nachtragshaushalt eine ganze Menge Positionen zu finden sind, die von den Ressorts nicht refinanziert sind und es darüber hinaus noch eine ganze Menge von Puffern in den Einzelhaushalten gibt, die Spielraum für die globale Minderausgaben sind.
Der einmalige Zuschuss für Lehr- und Lernmittel könnte z.B. von den 17 Mio. Euro gezahlt werden, die im Nachtragshaushalt als Zuschuss für die Flughafengesellschaft Leipzig/Halle eingestellt sind. Eine zufrieden stellende Antwort, warum für die Flughafengesellschaft auf einmal über 16 Mio. Euro mehr gebraucht werden als eingestellt wurde, haben wir bisher noch nicht bekommen.

Die Fraktion DIE LINKE bleibt auch dabei, dass es bereits in diesem Jahr 400 Neueinstellungen geben muss. 400 Menschen einzustellen, wäre erstens ein echter Beitrag zur Krisenbewältigung und zweitens eine Chance für das Land, auch dann noch LehrerInnen, PolizistInnen, aber auch Ingenieure, Chemiker oder Physikerinnen für bestimmte Aufgabenbereiche zu haben, die in absehbarer Zeit nicht mehr besetzt werden können, weil einfach nicht genügend junge Leute das sind.

Die Fraktion DIE LINKE hat in den vergangenen Jahren wiederholt spürbare Gegenmaßnahmen seitens des Landes gefordert, z.B. eine Erhöhung der Hochschulbudgets bei Beratungen zum Doppelhaushalt 2008/09 und die Schaffung zusätzlicher Referendariatsplätze. Leider sind diese Initiativen durch die Koalitionsmehrheit aus CDU und SPD bislang stets abgelehnt worden.  Dies ist angesichts der akuten Situation überaus fahrlässig.

Verschärfend kommt jetzt hinzu, dass bald bundesweit zu wenige Lehrkräfte zur Verfügung stehen werden. Bereits jetzt ist der Konkurrenzkampf unter den Bundesländern um die Lehramtsabsolventen ausgebrochen. Sachsen-Anhalt muss daher ganz entschieden Voraussetzungen schaffen, um mindestens so viele Lehrerinnen und Lehrer selbst auszubilden, wie das Land perspektivisch benötigt. Die momentanen Kapazitäten der Lehrerausbildung an den Universitäten Halle und Magdeburg reichen dafür absolut nicht aus.

Deshalb hat die Fraktion in die Debatten des Bildungsausschusses zum Nachtragshaushalt den Entwurf eines Entschließungsantrages eingebracht, mit dem sich der Landtag dazu bekennen soll, für den ab 2012/13 in Sachsen-Anhalt drohenden Lehrermangel schnellstmöglich Vorsorge zu treffen. Dabei geht es sowohl um eine Erweiterung des Einstellungskorridors des Landes als auch um die Erhöhung der Kapazitäten der Lehrerausbildung an den Universitäten des Landes sowie der Staatlichen Seminare.
Die Fraktion hält es für notwendig, dass rechtzeitig vor Beginn der Beratungen zum Doppelhaushalt 2010/11 durch die Landesregierung ein Konzept über eine Neujustierung der Lehrerausbildung vorgelegt wird. Deshalb wird er heute selbständig zur Abstimmung gebracht werden. Uns läuft nicht erst seit heute die Zeit davon.