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Dr. Angelika Klein zu TOP 04: Auswirkungen des Sparpakets der Bundesregierung auf Sachsen-Anhalt / Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD Einführung einer Finanztransaktionssteuer

In dieser Woche sorgte zumindest in den Medien die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Einkommensentwicklung für ein gewisses Blätterrauschen. Dabei bestätigte sie leider nur, was fast alle wissen, viele aber nicht wahrnehmen wollen: Die Spaltung der Gesellschaft geht immer tiefer. Es werden mehr Menschen arm und die Armen werden immer Ärmer. Im Gegenzug werden die Reichen zwar weniger, dafür aber reicher und die Mittelschicht schrumpft.

Und in diese Entwicklung kommt nun ein Sparpaket der Bundesregierung, das diese Entwicklung weiter vertiefen wird.

Man wusste, dass die Bundesregierung nach der Landtagswahl in NRW mit Kürzen anfangen wird, angekündigt war es ja. Und man ist ja einiges gewöhnt, aber was nun als so genanntes „Sparpaket“ das Licht der Welt erblickte, musste ich dreimal lesen um zu glauben, was ich dort lese. Und scheinbar nicht nur ich hatte mit dem größten Kürzungsprogramm der deutschen Geschichte ein Problem. Es gab und gibt viel Widerspruch. Allzu viel Zustimmung habe ich nicht gefunden.

Eine Ausnahme ist wohl unser  Ministerpräsident, der die Sparvorschläge als wohl ausgewogen sieht. Dagegen meint der Wirtschaftsminister, das die politische Glaubwürdigkeit in Frage gestellt sei, „wenn auf der einen Seite die sozialen Sicherungssysteme angefasst werden, auf der anderen aber die zehn Prozent der Oberschicht keinen steuerlichen Beitrag zur Sanierung des Bundeshaushaltes leisten“. Die Finanzkrise sei ja nicht von den Arbeitslosen verursacht worden, sondern von den gesellschaftlichen Eliten der Industriestaaten. Sie haben völlig Recht, Herr Haseloff, aber das ist nicht der Tenor des Paketes der Bundesregierung. Unter der Überschrift „Die Grundpfeiler unserer Zukunft stärken“ wird Arbeitslosen, Alleinerziehenden, Hartz-IV-Empfängern oder Rentnern klar gemacht, dass sie über ihre Verhältnisse gelebt haben und deshalb gespart werden müsse. Rund 30 Milliarden € sollen ihnen entzogen werden.

Auf der einen Seite hat diese  Bundesregierung Geld um die Banken mit Milliarden zu unterstützen. 480 Mrd. € umfasst der Rettungsschirm, davon sind 100 Mrd. € geflossen. Von den Banken aber erwartet Schwarz/Gelb ganze 2 Mrd. €. Diese sollen in einen Fond gehen, der den Banken bei für künftigen Finanzkrisen hilfreich zur Seite stehen soll.

Wenn dieses Sparpaket kommt, wie es verkündet wurde, dann kann sich Sachsen-Anhalt mitsamt seiner Schuldenbremse warm anziehen. Denn Sachsen-Anhalt hat einen der höchsten Anteile an HartzIV-Empfängern bzw. Langzeitarbeitslosen, Sachsen-Anhalt hat einen der höchsten Anteile von Kindern, die in Hartz-IV-Familien geboren werden und auch das Durchschnittseinkommen gehört mit zu den niedrigsten.

Mit diesem Sparpaket wird zur Regel werden, was sich kürzlich in der Lutherstadt Eisleben ereignete. Nach der erneuten Feststellung der finanziellen Notlage der Kommune wurde kurzerhand und über Nacht die städtische Zuwendung für das Zuckertütenfest gestrichen. Es ging um 1000 €.

Die Wirkungen der geplanten Streichungen im Sozialbereich werden für unser Land und unsere Kommunen in ganz anderen Dimensionen verheerende Wirkungen haben, auch wenn der Bund der Meinung ist, die Länder werden nicht belastet und die Kommunen können das, was auf sie zukommt, wegtragen.

Ich will nur einige Punkte benennen:

  • Da soll der Heizkostenzuschuss, der erst 2009 eingeführt wurde, schon wieder gestrichen werden, um 100 Mio. € einzusparen. Diese Streichung betrifft die WohngeldempfängerInnen, vor allem  RentnerInnen, GeringverdienerInnen (die keine Aufstocker sind), Kinder (die sind erst 2009 ins Wohngeld gefallen) und arbeitende Alleinerzieher und Alleinstehende (die keine ergänzenden Hartz IV-Leistungen erhalten). Die finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen sind noch nicht absehbar, da ein Großteil der Betroffenen wieder in die Grundsicherung fallen könnte. In diesem Fall muss die Kommune den größten Teil der Kosten der Unterkunft zahlen. In Sachsen-Anhalt erhielten 2008 24 000 Haushalte Wohngeld.
  • Das Elterngeld für Hartz-IV-EmpfängerInnen soll ebenfalls gestrichen werden, da nach Aussage der Bundesregierung bei dem Personenkreis sowieso „staatliche Hilfen“ gezahlt werden. Das verstößt nicht nur gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, sondern ist zugleich auch an ein Signal an die Betroffenen: Eure Kinder sind nicht gewollt.

 

  • 1,8 Mrd. € werden gespart, in dem die Beiträge für Hartz-IV-Empfängerinnen zur Rentenversicherung gestrichen werden.  Zeiten der Erwerbslosigkeit wurden bislang als so genannte Anrechnungszeiten dem Rentenkonto gutgeschrieben. Das gibt es künftig nicht mehr. Auf Grund der unterbrochenen Erwerbsbiographien haben die Kommunen schon jetzt einen hohen Anteil von Rentnerinnen und Rentnern, die Grundsicherung beantragen müssen, deren Kosten die Kommunen tragen. Dadurch wird sich der Bevölkerungsanteil mit Grundsicherung voraussichtlich weiter erhöhen.

 

  • Eingliederungsmaßnahmen bei Hartz IV sollen zu „Ermessensleistungen“ umgewandelt werden, das heißt, Eingliederungsmaßnahmen werden künftig nach Nase vergeben. Zugleich erhöht sich auch der Druck innerhalb der ARGE auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und diese erhöhen den Druck auf die Arbeitslosen, um die entsprechenden Zielvorgaben zu erfüllen.

 

Uns würde interessieren, ob es schon erste Berechnungen der Landesregierung gibt, welche Mehrkosten für das Land und die Kommunen entstehen. Der Schaden, der sich für die Politik durch ein solches Vorgehen ergibt ist noch gar nicht berechenbar.

Knapp 20 Mrd. € der Einsparungen sollen Unternehmen erbringen. Ob die Brennelementesteuer wirklich das große Highlight ist, ist mehr als fraglich, denn diese Steuer ist an eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken gebunden und ist konkret betrachtet eine teilweise Abschöpfung von zusätzlichen Gewinnen der Atomwirtschaft, die durch den Emissionshandel und die Laufzeitverlängerung überhaupt erst ermöglicht wurden. Die Luftverkehrsabgabe und die Bahndividende werden künftig auch die Verbraucher zahlen und nicht die Unternehmen.

Wer als Regierung solche Sparvorschläge beschließt, bewegt nichts und löst auch die Probleme nicht, kündigt aber den gesellschaftlichen Frieden auf.

Hektisches Sparen bei den Armen führt weder zu einer schnellen und schon gar nicht zu einer nachhaltigen Konsolidierung und auch nicht zu Strukturreformen, die die Binnennachfrage stärken.

Denn der eigentliche soziale Skandal ist doch das, was nicht beschlossen wurde, die Reichen werden nicht zur Kasse gebeten. Großverdiener, reiche Erben und Vermögende werden überhaupt nicht belangt.

Aber die Bundesregierung und auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt bezeichnen die geplanten Maßnahmen als ausgewogen. Wir würden schon ganz gern die Haltung der Landesregierung und damit der Koalition erfahren und auch, wie sie gedenkt, sich bei der Abstimmung über das so genannte Sparpaket zu verhalten.

Die Bundesregierung will - wie in den letzten Jahren immer wieder - die Konsolidierung der Staatsfinanzen fast nur über Ausgabesenkungen begegnen. Dabei hat Deutschland ein Einnahmeproblem. Würden wir allein bei den Steuereinnahmen auf das durchschnittliche europäische Niveau aufschließen, gäbe es rund 80 Mrd. € mehr an Steuereinnahmen. Aber nein, die Binnennachfrage wird weiter gesenkt, in dem man den Armen das Geld wegnimmt, damit gibt es weniger Wachstum und somit auch einen bewussten Verzicht auf wachstumsbedingte Mehreinnahmen des Staates. Das ist die falsche Strategie für Deutschland aber auch für Europa.

Zwei Jahre nach der größten Bankenrettung in der Geschichte der Bundesrepublik brauchen wir eine radikale Umverteilung von den Banken zu den Menschen und nicht umgekehrt.

Insofern begrüßen wir den Antrag der Koalitionsfraktionen zur Einführung einer Transaktionssteuer. Wir fürchten nur, dass es allein mit einer Bitte an die Landesregierung, sich in Berlin dafür einzusetzen, nicht getan ist. Die Bundesregierung und die Kanzlerin lassen verstärkt durchblicken, dass sie zwar wollen würden, aber die anderen europäischen Landesregierungen nicht, von den USA ganz zu schweigen.

Angesichts dessen, was womöglich auf Sachsen-Anhalt und die anderen Bundesländer zukommt, wäre es nur angemessen, Sie würden sich unserem Änderungsantrag anschließen. Wie bereits in der Begründung dargestellt, haut noch keiner wegen 0,01 % ab und für die Bundesrepublik wäre ein Anfang gemacht, ein kleiner Anfang, das Casino wenigstens etwas zu bändigen.