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Christina Buchheim zu TOP 23: Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt verbessern - Kommunale Entschädigungsverordnung überarbeiten - Ehrenamt stärken

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

 

wer sich in der Kommunalpolitik engagiert, entscheidet mit über das Zusammenleben vor Ort. Man übernimmt Verantwortung für eine lebenswerte Kommune und stellt schnell die Grenzen der Kommunalpolitik bei der Frage der Finanzierbarkeit fest. Oftmals macht sich damit bereits nach kurzer Zeit Verdrossenheit breit.

Kommunalpolitik ist davon geprägt, dass verschiedene Interessen aufeinanderstoßen und Kompromisse gesucht werden müssen. Letztlich sind die Kommunen das Fundament unseres Landes und die Keimzelle der Demokratie.

Wichtig ist es daher, dass möglichst viele Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagieren, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen und breite Interessen zu vertreten.

Es ist daher eine landespolitische Verpflichtung, dieses Fundament zu stärken und die Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt zu verbessern, sodass auch in Zukunft die Bereitschaft für ein kommunales Ehrenamt gesichert wird. Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, sei es in der Arbeitswelt oder in der demografischen Entwicklung, erfordern auch in der Zukunft entsprechende Anpassungen  oder Veränderungen. Wir müssen zeitnah auf aktuelle Entwicklungen und Bedürfnisse reagieren und uns den neuen Bedingungen und Herausforderungen stellen.

Kommunalpolitiker*innen sind „Sprachrohr“ aber auch „Kummerkasten“ der Bürgerinnen und Bürger. Durch die Bürgernähe sind auch gerade Kommunalpolitiker*innen Hass und Hetze unmittelbar ausgesetzt. Ehrenamtliches Engagement ist mitunter geprägt von negativen Erfahrungen, seien es die politischen Umgangsformen oder aber auch die institutionellen Rahmenbedingungen. Dies alles macht das Amt nicht gerade attraktiv. Diese Situation hat sich in den letzten Jahren verschärft.

Wie das Leben eines ehrenamtlichen Kommunalpolitikers aussieht, dürfte hier im Raum vielfach bekannt sein. Der Montagabend ist in der Regel der Fraktionssitzung vorbehalten, in den Abendstunden von Dienstag bis Donnerstag finden regelmäßig Ausschuss- und andere Gremiensitzungen statt. Die Vorbereitung der Sitzungen durch umfangreiches Studium der Sitzungsunterlagen muss schließlich zumeist am Wochenende erfolgen. Ehrenamt bedeutet schließlich, dass die Tätigkeit in der Freizeit neben der beruflichen Tätigkeit ausgeübt wird. Die pauschalen Aufwandsentschädigungen sollte man daher lieber nicht ins Verhältnis zum Zeitaufwand setzen. Oftmals sind 15 Wochenstunden und mehr keine Seltenheit. Die Rücksicht und Unterstützung der eigenen Familie, allen voran des Partners, ist in den meisten Fällen maßgeblich für die Ausübung des kommunalen Mandates.

Die gesetzlichen Entschädigungsregelungen in § 35 Kommunalverfassung sichern sowohl das passive Wahlrecht als auch das freie Mandatsausübungsrecht in tatsächlicher Hinsicht ab. Niemand soll aus finanziellen Gründen auf die Übernahme des Mandates verzichten und aus der Mandatswahrnehmung finanzielle Einbußen erleiden. Andererseits gilt aber auch, dass durch die Mandatswahrnehmung keine finanziellen Vorteile geschöpft werden sollen. Letztlich wurde deshalb die Ausübung des Mandats grundsätzlich als Ehrenamt ausgestaltet.

Die notwendigen Entschädigungsleistungen werden oftmals zum Spielball kommunalpolitischer Auseinandersetzungen oder der haushaltspolitischen Lage, wenn die Gremien ihre Entschädigungssatzungen beschließen. Den Rahmen dafür gibt die Kommunale Entschädigungsverordnung vor. Um diese Auseinandersetzungen zukünftig zu vermeiden, halten wir es für erforderlich, diese Aufwendungen strikt dem Konnexitätsprinzip zu unterwerfen.

Neu hinzugekommen ist die fortschreitende Digitalisierung. Mandatsträger*innen müssen Kosten für Internet, Technik und Verbrauchsmaterialien oftmals aus dem Budget der Aufwandsentschädigung finanzieren. Die gestiegenen Kraftstoffpreise schlagen ebenso zu Buche. Diesem Aspekt sollte mit der Bestimmung neuer Pauschalen unbedingt Rechnung getragen und die Angemessenheit der Entschädigungen überprüft werden.

Geboten ist unseres Erachtens eine finanzielle Aufwertung der Arbeit der Sachkundigen Einwohner*innen. Diese erhalten derzeit lediglich eine Aufwandsentschädigung in Form eines Sitzungsgeldes für ihre Tätigkeit im beratenden Ausschuss. Für die Vorbereitung dieses Ausschusses im Rahmen einer Fraktionssitzung werden weder ein Sitzungsgeld noch notwendige Fahrtkosten erstattet. Hier sehen wir dringenden Anpassungsbedarf. Zukünftig müssen auch sachkundige Einwohner*innen Sitzungsgelder für die Teilnahme an Fraktionssitzungen erhalten, wenn die Teilnahme im Rahmen ihrer Tätigkeit als sachkundiger Einwohner erfolgt. Eine solche Regelung hat beispielsweise Brandenburg neu in ihrer Kommunalverfassung aufgenommen.

Landräte und hauptamtliche Bürgermeister bekommen zukünftig im Falle ihrer Wiederwahl die nächsthöhere Besoldungsstufe und zusätzlich eine höhere Aufwandsentschädigung. Nach dem Willen der Landesregierung soll dies ein Anreiz für eine erneute Kandidatur sein.

Eine höhere Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und alle übrigen ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen hat die Landesregierung allerdings bisher nicht in Betracht gezogen. Auch ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben eine hohe Verantwortung, einen hohen Zeitaufwand ähnlich dem ihrer hauptamtlichen Kollegen und sind Ansprechpartner und Kümmerer in ihren Gemeinden.  Mit unserem Antrag wollen wir gemeinsam eine angemessene Anhebung der Aufwandsentschädigung für alle ehrenamtlich Tätige in Gemeinden, Verbandgemeinden, Landkreisen und Zweckverbänden diskutieren und damit auch einen Anreiz für eine Kandidatur für die anstehenden Kommunalwahlen schaffen. Es geht um eine zeitgemäße Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements in den Kommunen. In anderen Bundesländern gab es bereits entsprechende Kommunalrechtsnovellen. Brandenburg hatte ich bereits erwähnt. In Sachsen beispielsweise wurde mit der Kommunalrechtsnovelle in diesem Jahr ein monatlicher pauschaler Ehrensold i.H.v. 200,00 EUR für ehemalige ehrenamtliche Bürgermeister*innen beschlossen.

Überlegenswert ist es auch, die Mindestbeträge der Entschädigung ehrenamtlicher Kommunalpolitiker*innen an die Preisentwicklungsrate analog Thüringen zu koppeln. Thüringen hatte bereits 2018 die möglichen Mindest- und Höchstsätze erheblich erhöht, um die Mitarbeit in den kommunalen Vertretungen angemessen zu entschädigen, Preis- und Lohnsteigerungen zu berücksichtigen und die Bereitschaft für ein Engagement zu steigern. Lassen Sie uns diesem Beispiel folgen.

Die Fraktionsfinanzierung in den Kommunen war wiederholt Stein des Anstoßes bei Prüfungen des Landesrechnungshofes. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung findet sich in unserer Kommunalverfassung nicht. So ist es Sache der Kommunen, finanzielle und sächliche Leistungen aus kommunalen Haushaltsmitteln zu gewähren. Die Entscheidung, ob, wie und in welcher Höhe den Fraktionen Zuwendungen aus dem kommunalen Haushalt zur Verfügung gestellt werden sollen, steht grundsätzlich in der Entscheidungshoheit der Vertretung. Und da kommt dann schnell wieder der Sparzwang und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune auf die Tagesordnung.  Ein Blick in die Kleine Anfrage in der Drucksache 7/2313 offenbart, wie unterschiedlich die finanziellen Zuwendungen an Fraktionen in den einzelnen Kommunen ausfallen.

Wir möchten ihren Blick nach Sachsen richten. Dort müssen nach der letzten Fortentwicklung des Kommunalrechts in Kommunen mit mehr als 5.000 Einwohnern Haushaltsmittel für die personellen Aufwendungen für die Fraktionsgeschäftsführung gewährt und auch die sächliche Mindestausstattung garantiert werden. Es besteht mithin nun ein Rechtsanspruch auf eine angemessene Mindestausstattung.

Wir hatten wiederholt die Schaffung einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für eine verbesserte Fraktionsfinanzierung gefordert, die in allen Gemeinden und Landkreisen eine angemessene sächliche und personelle Mindestausstattung der Fraktionen vorsieht. Deshalb richten wir auch heute den dringenden Appell an die Koalitionsfraktionen, dieses Ansinnen bei der Novelle der Kommunalverfassung analog dem Bundesland Sachsen aufzugreifen.

Ein erster Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt ist die Überarbeitung der Kommunalen Entschädigungsverordnung. Das Ehrenamt muss wieder attraktiver werden, damit die Bereitschaft steigt, sich zukünftig ehrenamtlich zu engagieren.

Ein weiterer Schritt ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei der Novellierung der Kommunalverfassung. Einzelne Punkte wurden dazu hier bereits angerissen.

Zum Schluss möchte ich unseren Dank an alle Ehrenamtlichen richten, die sich kommunalpolitisch engagieren oder eine sonstige ehrenamtliche Tätigkeit bei der Feuerwehr oder in anderen Organisationen ausüben. Sie alle nehmen sich neben ihren alltäglichen Pflichten Zeit, etwas für andere und das Gemeinwohl zu tun. Ihnen gebührt großer Respekt und Dank für ihr Engagement im Ehrenamt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.