Christina Buchheim zu TOP 17: Unterstützung kommunaler Bäder – Schwimmunterricht absichern!
Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen,
Schwimmen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung, ist gesundheitsfördernd und für uns ist es selbstverständlich, dass alle Kinder Schwimmunterricht absolvieren. Eine flächendeckende Versorgung mit Schwimmsportstätten ist erforderlich, um das Schwimmen zu lernen und weiter zu trainieren. Sie ist genauso notwendig für die Rettungsschwimmerausbildung und für den allgemeinen Schwimmsport, sei es als Breiten-, Leistungs- oder Spitzensport.
Der Betrieb und die Unterhaltung von Schwimmbädern ist eine freiwillige Aufgabe der Kommunen und die finanzielle Lage der Kommunen ist oft genug Thema im Landtag. Schwimmbäder sind aber auch Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Bereits 2019 hatte meine Fraktion die desolate finanzielle Lage der Bäder und die Auswirkungen auf die Schwimmfähigkeit der Kinder thematisiert. Seinerzeit hatte eine Kleine Anfrage von Kristin Heiß ergeben, dass der Sanierungsstau in den kommunalen Freibädern Stand August 2018 ca. 36,5 Millionen Euro betrug. Für Hallenbäder lag kein aktueller Datenbestand vor. Es war Konsens, dass es für Kommunen eine große finanzielle Herausforderung ist, ihre Schwimmbäder zu sanieren bzw. zukunftsfähig zu modernisieren.
Bereits 2019 forderte meine Fraktion daher das Land auf, ein Schwimmbadfonds aufzulegen und anfänglich im Umfang von jeweils 5 Millionen Euro für die Jahre 2020 und 2021 den Kommunen Geld für die Sanierung und Unterhaltung der Bäder zur Verfügung zu stellen. Der Antrag wurde abgelehnt und der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 7/4410 angenommen. Im Ergebnis dessen erfolgte eine statistische Erhebung zum baulichen Zustand sowie dem geschätzten Sanierungsaufwand der in den einzelnen Kommunen zur Verfügung stehenden Schwimm- und Freibäder. Das Innenministerium bat den Städte- und Gemeindebund, seine Mitglieder auf freiwilliger Basis zu diesem Thema zu befragen. An der Umfrage haben sich 77 Städte und Gemeinden beteiligt. Davon hatten 22 Städte und Gemeinden kein kommunales Schwimmbad, 55 Städte und Gemeinden teilten mit, ein Schwimmbad in Form eines Freibades oder einer Schwimmhalle vorzuhalten. 52 Städte und Gemeinden haben einen Sanierungsaufwand angezeigt und mit insgesamt rund 114 Millionen Euro beziffert. Bereits damals wiesen die Gemeinden darauf hin, dass die laufende Unterhaltung der Bäder daneben sehr hohe Kosten verursacht, diese immer schwerer zu refinanzieren seien und es deshalb notwendig sei, dass das Land die kommunalen Träger mit zusätzlichen Fördermitteln bei der Sanierung der Schwimmbäder unterstützt.
Was ist seitdem geschehen? Meine Kleine Anfrage in der Drucksache 8/719 gibt einen Überblick:
Auf die Frage nach dem Sanierungsstau bei Hallen- und Freibädern haben sich dieses Mal nur 29 Städte und Gemeinden gemeldet und diesen mit ca. 148 Millionen Euro beziffert, eine deutliche Steigerung. Nicht beteiligt haben sich die Stadt Dessau-Roßlau und die Landkreise Harz und Jerichower Land. Denke ich nur an das geschlossene Bad in Benneckenstein/Harz, welches 2019 einen Sanierungsstau von 3 Millionen Euro bezifferte, andere Stimmen sprachen gar von 10 Millionen Euro, so wird jedem klar, dass der Sanierungsstau tatsächlich noch deutlich höher ausfallen dürfte. Bereits zu normalen Zeiten war der Betrieb eines Schwimmbades für die Kommunen eine Herausforderung. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie könnten nun allerdings dafür sorgen, dass die Badbetreiber selbst baden gehen. Fehlende Einnahmen durch Schließungen oder gesetzlich vorgeschriebene maximale Besucherzahlen, höhere Personal- und Sachkosten infolge der Hygienekonzepte - der Betrieb der Bäder ist noch mehr zu einer wirtschaftlichen Herausforderung der Kommunen geworden. Kommunale Schwimmbäder konnten lediglich die sog. November- und Dezemberhilfe des Bundes in Anspruch nehmen. Dies war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aktuell müssen die Kommunen finanzielle Verluste ausgleichen, aber auch Erhöhungen der Eintrittspreise stehen auf der Tagesordnung. Das trifft die Kommunen aber auch Besucher*innen der Bäder hart.
Kurz gesagt, ohne Unterstützung von Bund und Land sind aktuell weitere Bäder von der Schließung bedroht.
Gestiegene Energiepreise (Strom und Gas) werden zu weiter steigenden Defiziten führen und auch der steigende Mindestlohn, den ich an dieser Stelle ausdrücklich begrüße, wird bei vielen Badbetreibern die Kosten weiter in die Höhe treiben. Die gestiegenen Baupreise dürfen ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Aktuell klagen die Schwimmbadbetreiber sogar über fehlendes Personal. Aufgrund der monatelangen Schließungen und fehlender Perspektiven haben sich viele Mitarbeiter*innen umorientiert. Wie Sie gehört haben, es ist ein bunter Strauß an Problemen, die derzeit im Zusammenhang mit dem Betrieb von Schwimmbädern einhergehen.
Kommen wir zurück zum Sanierungsstau. Zwar verweist die Landesregierung in ihrer Antwort auf entsprechende Förderprogramme und ausgereichte Mittel, dennoch hat sich der Sanierungsstau weiter erhöht.
Auch die vom Bund aufgelegten städtebaulichen Programme, mit denen auch die Sanierung und der Erhalt der Schwimmbäder gefördert wird, sind nicht ausreichend. Nach der Kleinen Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Drs. 19/32528, konnten mit Bundesmitteln von jeweils etwas mehr als 6 Millionen Euro in Sachsen-Anhalt 2019 drei Freibäder, 2020 zwei Freibäder und ein Kombibad und 2021 ein Hallenbad und drei Freibäder gefördert werden. Andere Bundesländer konnten deutlich stärker profitieren.
Kommen wir noch zum Schwimmunterricht:
Durch die Corona-Pandemie konnte seit dem Schuljahr 2019/2020 der Schwimmunterricht nicht im vorgesehenen Umfang angeboten werden bzw. er fiel komplett aus. Zur Begründung werden personelle Gründe oder die Schließung der Schwimmhalle aufgrund der Pandemie oder von Reparatur- oder Sanierungsmaßnahmen angeführt. Positiv hervorzuheben sind vielfältige Anstrengungen, Schwimmangebote durch gezielte Kooperationen und außerschulische Arbeitsgemeinschaften anzubieten.
Pandemiebedingt ist leider auch die Zahl der Ausbildung von Rettungsschwimmer*innen zurück gegangen. Hier besteht dringender Nachholbedarf.
Meine Damen und Herren,
die vorgelegten Zahlen zeigen den dringenden Handlungsbedarf auf.
Ein Blick in den Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen zeigt, dass ein „besonderes Augenmerk auf die Schwimmhallen“ gelegt werden soll. Auch die Koalition hat erkannt, dass durch die Schließung von kommunalen Bädern der Schwimmunterricht in Gefahr gerät. Angekündigt wurde mit dem Koalitionsvertrag ein „Sonderprogramm zur Sanierung von Hallen- und Freibädern“. Lassen Sie bereits heute diesen Worten Taten folgen!
Es bedarf einer gezielten Förderung, die die Bedeutung der Bäder für den ländlichen Raum und für den Schwimmsport würdigt. Den stark gestiegenen Betriebskosten muss entgegengewirkt werden. Durch Sanierungen können Einsparungen bei Strom und Wärme erzeugt und im doppelten Sinne positive Effekte erzielt werden, nämlich Entlastungen in den kommunalen Haushalten als auch Klimaschutz.
Auch die Ampelkoalition im Bund wollen ihre Offensive für Investitionen im Bereich der Schwimmbäder verstärken.
Deshalb brauchen wir einen vollständigen aktuellen Überblick über den baulichen Zustand der vorhandenen Bäder, um darauf aufbauend mit den Kommunen ein Konzept zur Sanierung und Unterhaltung der kommunalen Schwimmbäder zu erarbeiten. Durch die Einführung eines Förderprogramms soll eine dauerhafte Schwimmbadinfrastruktur vorgehalten werden, die den Schwimmunterricht mit zumutbaren Wegen und auch das Vereinsschwimmen sicherstellt. Gleichzeitig sind jedwede Maßnahmen zu ergreifen, die das flächendeckende Angebot an Schwimmkursen und Schwimmunterricht für Kinder und Jugendliche sicherstellt, sei es der schulische Unterricht, Vereinsschwimmen oder kommerzielle Schwimmkurse. Hierfür bedarf es ausreichender Schwimmlehrkräfte und ausgebildeter Rettungsschwimmer. In Zusammenarbeit mit der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.) bedarf es weiterer Anstrengungen, um Angebote für Nichtschwimmerinnen und Nichtschwimmer zu unterbreiten.
Daher bitte ich um Zustimmung für unseren Antrag! Vielen Dank!