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Angelika Hunger zu TOP 30 b): Keine weitere Standortgefährdung durch hohe Stromkosten

Hier wurden die steigenden Strompreise und damit die Gefährdung der Industrie im Land angesprochen worden. Ich möchte dazu nur sagen: Im Rahmen der Liberalisierung der Strommärkte ist im Jahr 2007 die Strompreiskontrolle in den Ländern abgeschafft worden. Es wird beklagt, dass an der Leipziger Strombörse die staatliche Kontrolle nicht vorhanden ist.  
Hier ist zum Beispiel zu verzeichnen, dass in dem Zeitraum von 2003 bis 2007 für die Industrieunternehmen die Grundlastlieferungen von 25 Euro pro Megawattstunde auf rund 60 Euro pro Megawattstunde angestiegen sind, obwohl die Preise der Primärenergieträger in dem Zeitraum längst nicht in dem Maße gestiegen sind. Also: Wo ist das Geld geblieben? Wer hat es sich in die Tasche gesteckt? Was sind denn die Kostentreiber beim Strompreis?

Die folgenden Zahlen stammen aus dem Bundesministerium für Umwelt. Im Zeitraum von 2000 bis 2009 ist der Strompreis für eine dreiköpfige Familie, die etwa
3 500 Kilowattstunden verbraucht, um 27 Euro angestiegen. Von diesen 27 Euro entfielen 3,30 Euro auf die EEG-Umlage (EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz), etwa 7 Euro auf die angesprochenen staatlichen Anteile wie Stromsteuer und Umsatzsteuer, allerdings auch 16 Euro Steigerung auf Erzeugung, Transport und Vertrieb. Auch hier die Frage: Wer hat sich das Geld in die Tasche gesteckt?  Wo sind die wirklichen Preistreiber an dieser Stelle?

Die drei großen Energiekonzerne haben im Jahr 2005 einen Gewinn von 5,8 Milliarden Euro gemacht. Im Jahr 2009 waren es 23 Milliarden Euro und bereits im ersten Halbjahr 2010 15 Milliarden Euro. Nun frage ich mich: Wer sind
die Preistreiber? Wenn man zu diesen Gewinnen noch die Gewinne aus der Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke hinzurechnet, die - das hängt ja auch von der Energiepreisentwicklung ab - auf ungefähr 50 Milliarden Euro eingeschätzt werden, dann wissen wir eigentlich, wohin das Geld wandert.

Man darf in dieser Diskussion nicht vergessen, dass die erneuerbaren Energien ebenso zu einer Strompreissenkung, zu einer Gewinnmarge beitragen, nämlich zu dem berühmten Merit-Order-Effekt, der auf etwa 4 Milliarden Euro eingeschätzt wird.  
Wenn man das gegen die Steigerung der EEG-Umlage gegenrechnet, die ungefähr 4,6 Milliarden Euro beträgt, dann sieht man, dass die Differenz vielleicht 0,6 Milliarden Euro bis 0,8 Milliarden Euro ausmacht, was angesichts der großen Gewinne eigentlich locker getragen werden könnte und nicht zu einer Preiserhöhung führen müsste.

Nutznießer von diesen Senkungseffekten dürften demnach gerade auch die durch die besondere Ausgleichsregelung des EEG privilegierten stromintensiven Unternehmen sein. Während ihre EEG-Umlage auf 0,05 Cent pro Kilowattstunde begrenzt ist, profitieren sie als Sondervertragskunden am ehesten von sinkenden Strompreisen an der Börse. Eine Gefährdung der energieintensiven Unternehmen kann ich an dieser Stelle auch nicht in dem Maße erkennen.

Wenn wir über die Versäumnisse der Landesregierung reden, dann würde ich sagen: Es fehlt die wirklich offensive Befürwortung der erneuerbaren Energien in diesem Land, die wir zwingend brauchen. Dazu ein Beispiel: Die Agentur für Erneuerbare Energien erstellt jedes Jahr ein Ranking der Bundesländer dazu, wie sehr sie sich für erneuerbare Energien einsetzen. In diesem, wie auch im letzten Jahr hat Sachsen-Anhalt dabei den fünften Platz belegt. Gerade in den Kategorien „Bürgerbeteiligung an der Energieversorgung“ und „Vorbildwirkung der öffentlichen Hand“ fand sich das Land am Ende der Skala wieder. Das ist eigentlich kein Wunder, wenn ich mir das Engagement an der Stelle ansehe.  

Das geht in anderen Bundesländern anders. Ich habe hier ein Beispiel aus der Gemeinde Mühlenfließ-Schlalach in Brandenburg, die sich ganz intensiv darum bemüht, Windenergieanlagen in ihrem Gebiet zu installieren. Sie haben dazu eine Bürgerarbeitsgruppe gegründet, haben ein Flächenpachtmodell erarbeitet und können so jährlich pro Betreiber 18 000 Euro an Pacht einnehmen. Sie hat außerdem eine Bürgerstiftung gegründet, aus der sie in jedem Jahr 50 000 Euro für gemeinnützige Zwecke in der Gemeinde einsetzen können. Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie man Bürger an der Stelle mitnimmt und wie Bürger davon profitieren können,  wie Bürger zu Energieerzeugern werden und sich nicht immer nur dadurch belastet fühlen.  

Die Bürger verdienen daran. Wir im Land haben genau die gleiche Chance. Nur haben wir es an vielen Stellen versäumt, diese Chance auch zu ergreifen.  
Auch in meinem Kreis gibt es Gemeinden, die sich aktiv und intensiv darum bemühen. Das ist eine Möglichkeit für das Land, hier zu Beschäftigung und zu Einkommen zu kommen. Wir haben inzwischen 20 000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien. Das ist ausbaubar.

Wir haben bis jetzt immer über Geld gesprochen. Es gibt einen ganz anderen, noch wesentlicheren Aspekt, den wir bei der Diskussion um Energiepolitik niemals vergessen dürfen. Das ist die Frage des Klimaschutzes. Die ist hier heute noch nicht aufgetaucht.
Die Landesregierung hat gerade in dieser Woche ihre Konferenz „Klimapolitik ist Zukunftspolitik“ durchgeführt. Die Ausführungen von Professor Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Er hat noch einmal auf das Problem der Geschwindigkeit des Klimawandels hingewiesen. Wenn wir nicht jetzt handeln und alles dafür tun, um dem Klimawandel vorzubeugen, ihn in einem beherrschbaren Maß zu halten, werden wir so viel Geld ausgeben müssen, dass wir das eben nicht mehr stemmen können. Sehr interessant fand ich auch seine Einschätzung, dass die Investitionswilligkeit in Deutschland eigentlich viel zu gering ist. Ich fände es gut, wenn das Land diesbezüglich auch noch einige Impulse setzen könnte, wie es jetzt mit der Speichertechnologie bereits angegangen worden ist.

Zum Landesentwicklungsplan (LEP): Ich finde es sehr wichtig, dass wir darin eine Sicherung der Windenergieflächen vorgenommen haben, denn aufgrund der Veränderungen der Gebiete, die an vielen Stellen in den regionalen Entwicklungsplänen eingeführt sind, würden wir etwa die Hälfte der Erzeugungsanlagen verlieren. Insofern finde ich es ausgesprochen wichtig, dass wir sie durch vernünftige Regelungen sichern werden.