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André Lüderitz zu TOP 21: Gesetzliche Regelungen zur Entrichtung von Wasserentnahmegebühren schaffen

Ehe ich zu der Einbringung des Antrages komme, zumindest noch zwei Sätze zu dem gestrigen Änderungsantrag der FDP. Ich habe gestern bereits gesagt, dass er eigentlich deplatziert war und dass er, wenn überhaupt, an diese Stelle heute gehört hätte. Die Formulierung im § 47, die ich nachher noch zitiere, wurde im Jahr 1993 im Wassergesetz verankert. Wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, gab es damals eine CDU-FDP-Regierung. Dass die Wiederentdeckung des § 47 des Wassergesetzes durch die Landesregierung in erster Linie aus fiskalischen Erwägungen heraus mit Blick auf den Doppelhaushalt 2010/2011 erfolgte, dazu besteht eine gewisse Einmütigkeit.  

Wenn ich § 47 Abs. 2 des Wassergesetzes, der, wie gesagt, seit 1993 besteht, zitiere, dann steht dort als Erstes: „Das Wasserentnahmeentgelt steht dem Land zu. Aus dem Aufkommen des Wasserentnahmeentgelts ist vorab der Verwaltungsaufwand zu decken, der dem Land durch den Vollzug der für das Wasserentnahmeentgelt maßgebenden Rechtsvorschriften entsteht. Die Höhe des zu berücksichtigenden Verwaltungsaufwandes bemisst sich nach dem Ansatz im Haushaltsplan des Landes. Das verbleibende Aufkommen ist für wasserwirtschaftliche Zwecke zu verwenden, insbesondere zur Sicherung und Verbesserung der quantitativen und qualitativen Bereitstellung von Wasser sowie für Ausgleichszahlungen nach § 52.“

Da steht im letzten Teil ist durchaus eine Zweckbindung, die der Finanzminister wohl nicht ganz so wohlwollend sieht. Es gab im Umweltausschuss durch den Umweltminister erste Andeutungen, auch hierbei Änderungen anzustreben. Mit diesen Änderungen, insbesondere was die Zweckbindung betrifft, haben wir unsere Probleme.  

Wenn ich aber § 47 Abs. 3 in recht kurzer Form zusammenfasse - die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung die Umsetzung festzulegen -, dann muss ich feststellen: Der Landtag hatte in der ersten Legislaturperiode ein sehr stark ausgeprägtes Vertrauen in die Exekutive. Ein solche, sehr globale Verordnungsermächtigung ist in den Wassergesetzen der meisten unserer Nachbarländer nicht enthalten.  

Die Landesregierung hat nun diese Karte gezogen und wird jetzt wahrscheinlich von den eigenen Koalitionsfraktionen dazu gedrängt, sie wieder im Stapel verschwinden zu lassen.
Hier setzt unser Antrag an: Wenn ein Wasserentnahmeentgelt - also der landläufige „Wasserpfennig“ - erhoben werden soll, dann sollte das auf gesetzlicher Basis erfolgen.

Bevor dieses Hohe Haus über eine solche Variante debattiert, muss aber auch eine klare Aussage der Koalitionsfraktionen erfolgen. Es gab dazu gestern in den Medien sehr unterschiedliche Aussagen von SPD- und CDU-Fachpolitikern, dass man das alles nicht wolle. Und andere, etwa der Finanzminister, haben deutlich gemacht, dass der Landtag, wenn er es nicht wolle, auch ganz klar sagen müsse, woher die 15,5 Millionen Euro kommen sollten.
Ich erwarte zumindest, dass die Koalitionsfraktionen, wenn sie auf die Einnahmen in Höhe von 15,5 Millionen Euro verzichten, darstellen, wie diese Einnahmen an anderer Stelle realisiert werden können.
Es ist klar, dass der Umwelthaushalt auf diese 15,5 Millionen Euro nicht verzichten kann. Er braucht sie insbesondere für wasserwirtschaftliche Maßnahmen, die im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werden müssen.

Wir halten die Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts durchaus für legitim, allerdings nur auf der Grundlage von klaren gesetzlichen Vorgaben zur Gebührenpflicht, zu den Ausnahmeregelungen, zum Entgeltsatz, zum Verfahren und zur Verwendung. Nur wenn ich das in einer transparenten Form in ein Gesetz gieße, dann kann ich es auch der Öffentlichkeit verkaufen.

Warum erwägen wir insbesondere die Einleitung eines gesetzgeberischen Verfahrens?

Erstens. Nur dieses Verfahren ermöglicht bei einem solch widerstreitigen Thema eine transparente Einbeziehung der Betroffenen, also der Zahlenden und ebenso derer, die davon profitieren könnten. 

Zweitens kann der Landtag nur so klar definieren, wer welchen Betrag und warum oder warum nicht und wofür zahlen soll. Auch kann klargestellt werden, mit welcher Zielstellung jemand Geld bekommen soll. Ich möchte gegenüber der Landesregierung auch recht deutlich sagen, dass der vorliegende Verordnungsentwurf genau bei diesen Fragen mehr offen lässt als er vorgibt. Das ist ein erheblicher Kritikpunkt. 

Drittens zeigt gerade das Beispiel aus Niedersachsen die Vorteile einer solchen gesetzlichen Regelung.

Um dem Hinweis zu begegnen, dass Brandenburg auch eine Verordnung hat, führe ich die Regelungen des § 40 des Brandenburgischen Wassergesetzes an. Dieser hat zwölf Absätze und enthält sehr detaillierte Vorgaben für eine Verordnung, bis hin zur Höhe des Entgelts.

Warum erwähnen wir aber explizit das Niedersächsische Wassergesetz?
Erstens, weil es sehr konkret festlegt, warum es durchaus sinnvoll ist, eine solche Gebühr zu erheben. 

Zweitens gibt das Niedersächsische Wassergesetz die Befreiung von der Erhebung eines Wasserentnahmeentgelts klar vor. Es sind insgesamt 16 Punkte aufgeführt, nach denen es sinnvoll ist, Befreiungen zu erhalten. 

Drittens wird die Verfahrensweise in den §§ 47a bis 47g des Niedersächsischen Wassergesetzes sehr konkret dargelegt. 

Viertens gibt es ist eine klare Verwendungsangabe der Mittel. Ich möchte dazu aus § 47h Abs. 2 zitieren: „Zur Deckung ihres Verwaltungsaufwandes erhalten die zuständigen kommunalen Körperschaften aus dem Ansatz nach Absatz 1 pauschale Zuweisungen.“

In § 47h Abs. 3 heißt es, das verbleibende Aufkommen ist für Maßnahmen zum Schutz der Gewässer und des Wasserhaushalts, unter anderem auch für Naturschutzprogramme, zum Schutz der Gewässer insgesamt und zur Grundwasserneubildung, gedacht. 

§ 47h Abs. 3 zeigt insgesamt neun Punkte auf, nach denen die Verwendung der Gebühr in erster Linie ganz klaren wasserwirtschaftlichen und ökologischen Vorgaben unterliegt.

Dies betrachte ich als durchaus positiv, es gibt gute Gründe, sich dieses Gesetz zur Grundlage zu nehmen.

Die Erhebung des Wasserpfennigs ist auch in meiner Fraktion nicht unumstritten. Als Umweltpolitiker befürworte ich die Möglichkeiten der Lenkungsfunktion einer solchen Abgabe mit dem Ziel, Wasserentnahme und -verbrauch zu senken und die Einnahmen zweckgebunden für den Gewässerschutz einzusetzen.  

Als Beispiel könnte in diesem Zusammenhang das Land Hessen gelten. Dort wurde die Erhebung im Jahr 2005 zwar zeitweise ausgesetzt, weil es in der Verordnung etwas anders dargestellt wird, aber man hat durch eine Überprüfung durch Dritte festgestellt, dass die uneingeschränkte Verwendung für entsprechende Maßnahmen und Förderprogramme im wasserwirtschaftlichen Sinne langfristig zu größeren Einspareffekten beim Wasserverbrauch geführt hat als die Abgabe selbst. Also wäre es für das Land Sachsen-Anhalt nicht der schlechteste Weg, wenn eine konkrete Zweckbindung erfolgt.  

Der doch so arg gebeutelten Landwirtschaft möchte ich sagen, dass klare Regelungen zur Freistellung oder Minderung erst durch eine gesetzliche Form ermöglicht werden und die Landwirtschaft somit nicht zum Spielball der Lobbypolitik wird. Den Fachpolitikern unter uns brauche ich nicht sagen, welche Unterschiede es diesbezüglich vor allem zwischen unseren Nachbarn gibt. So gibt es gemäß dem Brandenburgischen Wassergesetz Absenkungsmöglichkeiten von bis zu 93 %. In Niedersachsen sieht das etwas anders aus.

Hier muss ein Optimum gefunden werden. Es darf nicht allein der Verwaltung überlassen sein, über Wohl und Wehe zu entscheiden. Darüber hinaus muss für die Landwirtschaft nachvollziehbar sein, welche klare Zweckbindung erfolgt, nämlich für wasserwirtschaftliche Aufgaben sowie zur Erstattung von Mehraufwendungen in diesem Bereich. Auch das ist möglich. Ebenso klar muss dargestellt werden, dass ein Markfruchtbetrieb, der zusätzlich beregnet, anders behandelt werden muss als ein Milchbauer, der Wasser für seine Tiere benötigt.  

Fakt ist, dass elf Bundesländer eine solche Abgabe erheben, darunter alle Stadtstaaten und alle so genannten Industrieländer bis auf Bayern. Die Länder erheben diese Abgabe mit durchaus höheren Entgelten als sie in der gegenwärtigen Verordnung für Sachsen-Anhalt vorgesehen sind. Baden-Württemberg hat zum Beispiel einen durchschnittlichen Ertrag von 8,47 Euro je Einwohner. Wir streben maximal 6,42 Euro an.

Vielleicht bestünde im Rahmen einer Anhörung die Möglichkeit, diese Problematik näher zu klären. Ich sehe zumindest aufgrund meiner Erfahrungen in meinem regionalen Umfeld durchaus Unterschiede. Darüber, ob zum Beispiel ein sehr großer Bierbrauer, nämlich der größte in Sachsen-Anhalt, einen Wasserpfennig zahlt oder nicht, sollte man durchaus nachdenken. Die Gewerbesteuern werden zumindest nicht mehr in Sachsen-Anhalt bezahlt.

Ein weiterer Streitpunkt ist der mit diesem Wasserpfennig verbundene erhebliche Verwaltungsaufwand. Ein erhöhter Personaleinsatz ist auf der Ebene des Landesverwaltungsamtes - zumindest nach der Verordnung - notwendig. Hierzu fehlen in der vorliegenden Verordnung jegliche Details. Einfach einen Betrag in Höhe von 550 000 Euro für den Verwaltungsaufwand einzustellen, reicht wohl nicht aus und ist wenig transparent.

Um einer weiteren möglichen Diskussion in Bezug auf das Brandenburgische Wassergesetz vorzugreifen, möchte ich anmerken, dass auch dort der Wasserpfennig erhoben wird. Die Regelung dazu ist von der SPD-CDU-Regierung eingeführt worden. Es werden in Brandenburg sogar 10,23 Eurocent pro Kubikmeter erhoben, allerdings ist dieses Entgelt gestaffelt und die Landwirtschaftsbetriebe müssen erheblich weniger abgeben, sie brauchen lediglich einen Anteil von 7 % des Aufwands zu zahlen. 

Meine Partei in Brandenburg hat im Koalitionsvertrag zu Recht festschrieben lassen, dass dies auch zukünftig gilt. Außerdem hat sie in meinen Augen zu Recht festschreiben lassen, dass auch Vattenfall zukünftig keine Befreiung davon erhalten soll. Das finde ich gut und richtig, denn die öffentliche Hand hat bei bergrechtlichen Abbauen auch erhebliche öffentliche wasserwirtschaftliche Aufwendungen. Diese wurden bisher von anderen getragen, unter anderem von den Landwirten.

Wenn der Landtag der Landesregierung folgen sollte und künftig ein Wasserentnahmeentgelt erhoben werden soll, dann sollte er dies auch auf gesetzlicher Basis tun und dies als Souverän so festlegen. Wenn die Koalitionsfraktionen meinen, darauf verzichten zu können, dann müssten sie heute zumindest, wie es der Finanzminister gestern zu Recht gefordert hat, deutlich sagen, woher die dann fehlenden 15, 5 Millionen Euro kommen sollen. Dass sie benötigt werden, ist, so denke ich, eindeutig.