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Thomas Lippmann zu TOP 18: Aussprache zur Regierungserklärung "Sportland Sachsen-Anhalt - Bilanz und Ausblick"

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Sportland Sachsen-Anhalt“, wer möchte sich einen solchen Titel nicht gern ans Revers heften. Sport verbindet, Sport interessiert in unterschiedlicher Weise und Intensität den Großteil unserer Bürgerinnen und Bürger, Sport mobilisiert, Sport kann Identität befördern – Sport ist wie ein Breitbandantibiotikum im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess, gerade auch dann, wenn gelegentlich Probleme Überhand zu nehmen scheinen. Sport und Bewegung erhalten und festigen die Gesundheit und dienen der systematischen Förderung gesundheitsbezogener Lebensstile.

Insofern ist es wichtig, dass wir uns hier im Landtag mit diesen Entwicklungen beschäftigen und alles dafür tun – und das gern auch fraktionsübergreifend – dass sich die Möglichkeiten für die Menschen im Land zu einer breiten sportlichen Betätigung weiter verbessern. Insofern ist Minister Stahlknecht zu danken, dass er den Sport in unserem Land zum Gegenstand einer Regierungserklärung macht. Am Ende hat er sinngemäß gesagt: Wir haben gemeinsam mit dem Landessportbund viel für den Sport in unserem Land erreicht, aber wir haben auch noch eine Menge vor.“ Das können wir in beiden Richtungen nur bekräftigen.

Der Minister hat die Gelegenheit genutzt, um ein umfassendes und positives Bild vom Engagement der vielen Mitglieder, der ehrenamtlichen Helfer und Ver-bandsfunktionäre in den Vereinen, den Trainern und Übungsleitern und nicht zuletzt auch der Landesregierung und speziell seines Ministeriums zu zeichnen – und ganz viel davon ist berechtigt und auch angebracht. Insbesondere gilt es, allen Dank zu sagen, die sich in den Vereinen, den Sportverbänden auf Stadt-, Kreis und Landesebene, in Projekten und bei den zahlreichen sportlichen Veran-staltungen ehrenamtlich und auch hauptamtlich engagieren und diese Entwicklung ermöglicht haben.

Doch nichts ist so gut, dass man es nicht besser machen könnten – und an eini-gen Stellen auch besser machen muss. Denn so ganz einfach lässt sich doch nicht sagen, ob das Glas nun halb voll oder doch noch halb leer ist.

Der Sport in Sachsen-Anhalt hat eine lange und erfolgreiche Tradition und er ist bei den mehr als 3.000 Sportvereinen in sehr guten Händen. Die Sportvereine sind eine sehr stabile Größe in einer sich schneller wandelnden Gesellschaft. Sie bieten ein vielseitiges und umfangreiches Sportangebot für Jung und Alt an und halten qualitativ hochwertige Sportangebote zu noch günstigen Beiträgen vor. Sie sind in den Kommunen vor Ort wichtige gesellschaftliche Akteure und tragen dazu bei, dass Werte spielerisch vermittelt und demokratische Grundwerte erlernt werden.

Sie sind auch der größte Kooperationspartner von Kindergärten, Schulen und Hochschulen. Und Sportvereine sind wichtige Integrations- und Inklusionsorte. Hier entfalten auch die vom Minister erwähnten Programme „Menschlichkeit und Toleranz im Sport“ oder „STARK im Sport“ durch den persönlichen Einsatz vieler ehrenamtlicher Mitstreiter ihre Wirkungen. Für die Umsetzung dieser Programme und den Beitrag zur Bewältigung aktueller Probleme, den der Sport hier für uns alle leistet, ist allen Beteiligten in besonderer Weise zu danken. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, für diese Programme und die dort beschäftigten Mitarbeiter eine verlässliche Finanzierung sicherzustellen.

Unsere Sportvereine haben aber in zunehmendem Maße Probleme, ihre ehren-amtlichen Strukturen aufrecht zu erhalten. Das betrifft die Vorstände ebenso wie die vielen tausend Übungsleiter, Trainer und Schiedsrichter. Hier sind auch von uns Parlamentariern größere Anstrengungen erforderlich, um die Vereine bei der Stärkung der ehrenamtlichen Strukturen zu unterstützen und den finan-ziellen Aufwand im Ehrenamt mehr anzuerkennen. Ehrungsveranstaltungen wie in der letzten Woche sind unbedingt wichtig, sie können aber einen stärkeren finanziellen Ausgleich für die Vereine nicht ersetzen.

Der Vereinssport das Rückgrat des gesamten Systems, Die Vereine und ihre Strukturen, ihre Handlungsmöglichkeiten und ihre Entwicklungsperspektiven zu stärken und zu verbessern ist daher die wichtigste Aufgabe des Landes und der Kommunen. Mit dem Sportfördergesetz wurden dafür erst vor wenigen Jahren gesetzliche Voraussetzungen geschaffen. Dass die Sportförderung des Landes seitdem trotzdem immer wieder in die Kritik gerät, liegt insbesondere daran, dass Landesregierung und Koalition in den Zeiten einer austeritären Haushalts-politik und der Verknappung der öffentlichen Mittel die Förderung immer mehr aus der Breite auf eine Förderung der Leuchttürme im Leistungssportbereich verlagern.

Dies liebe Kolleginnen und Kollegen und lieber Minister Stahlknecht ist keine Kritik an einer verstärkten Unterstützung von Leistungssportlerinnen und Leis-tungssportlern und ihrer Trainierinnen und Trainer. Ganz im Gegenteil. Wir hal-ten die Maßnahmen, die in der AG Spitzensport erarbeitet und hier vom Minis-ter ausführlich dargestellt wurden, für richtig und teilweise überfällig. Die breit angelegte Sichtung der jungen Talente durch den inzwischen flächendeckend durchgeführten EMOTIKON-Test sowie deren anschließende Förderung in Ta-lentgruppen und auch später an den Sportschulen entwickelt sich vorbildlich. Auch die geplanten Leistungsstipendien, die Verbesserung der Trainerbezahlung einschließlich der Erweiterung des Trainerpools um das bisherige pädagogische Leistungssportpersonal sowie die Koordination in den Leistungszentren durch Stützpunktleiter und nicht zuletzt die zaghaften Reformschritte für die Arbeit an den Sportschulen, halten wir für absolut notwendig. Letztere hatten wir ja in unserem Antrag zur Weiterentwicklung der Eliteschulen des Sports bereits an-gemahnt. Ich will aber auch anmerken, dass wir z.B. eine bessere Bezahlung aller Trainer für überfällig halten. Diese muss sich künftig bei entsprechender Qualifikation an der Bezahlung der staatlichen Lehrkräfte orientieren. Ein Attraktivitätsprogramm, um in Einzelfällen mehr zahlen zu können, damit Spitzentrainer nach Sachsen-Anhalt kommen, ist vermutlich sinnvoll, greift aber hier zu kurz. Auch scheint uns der Minister mit dem Haushalt 2019 einen zu weiten Horizont in den Blick zu nehmen.

Schlechtes Vorbild für die Umverteilung von Mitteln bei gedeckeltem Budget ist die inzwischen ins Stocken geratene Leistungssportreform, die der Bundesin-nenminister gemeinsam mit dem DOSB auf den Weg gebracht hat. Sie treibt derzeit alle Betroffenen im Land um. Die teils verzweifelten Versuche im Land, trotz der vom Bund angekündigten massiven Eingriffe in die bestehenden Leistungssportstrukturen bewährte Strukturen zu retten, bergen zwar auch die Chance, durch intensive Diskussionsprozesse zu ganz neuen und möglicherweise auch guten Lösungen zu kommen, sie verhindern aber in anderen Bereichen die notwendige Auseinandersetzung um Strukturänderungen und neue Projekte.

Wir kritisieren, dass die beabsichtigte Umverteilung von Mitteln zu Lasten von ganzen Sportarten geht, dass sie der Verstetigung wichtiger Projekte entgegen-steht, die immer wieder im Rahmen von Haushaltsberatungen um ihre Fortfüh-rung bangen und kämpfen müssen und dass dadurch größere Schritte beim Ab-bau des Investitionsstaus in der Sportstättenförderung behindert werden.

Leider bleiben so viele Entwicklungspotenziale in unserem Land ungenutzt, weil es am nötigen Geld fehlt. Doch liebe Kolleginnen und Kollegen, so wichtig uns der Leistungssport ist – das Geld des Landes muss zuerst und in ausreichendem Maße für den Breitensport und auch mehr als bisher für den Behinderten- und Rehabilitationssport zur Verfügung gestellt werden. Es reicht nicht aus, diese Bereiche an den Beginn der Regierungserklärung zu stellen, sie müssen tatsächlich Priorität genießen. Wir müssen feststellen, dass der Breitensport immer mehr in den Hintergrund gerät. Es wird sich zeigen, dass die verstärkten Investitionen in die Leistungsspitze nicht ausreichen werden, um Versäumnisse an der Basis zu kompensieren. Wenn im Breitensport nicht die Grundlagen gelegt werden, werden wir auch in Zukunft keine größeren sportlichen Erfolge erringen können. Die zunehmende Konzentration der Förderung & Finanzierung auf den Spitzensport führt in die ist falsch Richtung und muss korrigiert werden.

Auch der Schulsport, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat eine besondere Ver-antwortung für die weitere Entwicklung des Breiten- und Leistungssports, denn hier werden maßgeblich sportliche Interessen und grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten der Jungen und Mädchen herausgebildet. Die Wiedereinführung einer systematischen Talentsichtung und -förderung in Sachsen-Anhalt ist ein richtiger und offensichtlich erfolgversprechender Weg, bei der den Sportlehrerinnen und Sportlehrern eine besondere Bedeutung zukommt. Grundlage für eine gute sportliche Entwicklung insgesamt ist – wie in den anderen Fachberei-chen natürlich auch – eine gute Anleitung im Unterricht an unseren Schulen. Das setzt eine ausreichende Versorgung der Schulen mit gut qualifizierten Lehrkräf-ten, moderne Turnhallen und eine ausreichende Unterstützung speziell für die Absicherung des Schwimmunterrichts voraus. Hier sehen wir derzeit aber ehr eine fortschreitende Verschlechterung der Situation, die wir auf keinen Fall hinnehmen wollen.

Die mit dem Haushalt beschlossenen Mittel zur kommunalen Sportstättenförderung überzeugen angesichts der Fülle nötiger Investitionen wenig. In der letzten Wahlperiode wurde kaum etwas dafür getan, notwendige Modernisierungs-maßnahmen wirkungsvoll voranzubringen. Vielmehr wurde die Liste sanie-rungsbedürftiger Sportstätten in den Kommunen zum Leid vieler Sportvereine immer länger. Eine verlässliche, moderne und barrierefreie Sportstätteninfra-struktur ist aber unverzichtbar. Insofern begrüßen wir die Erstellung einer um-fassenden Analyse der Sportstättensituation durch den Landessportbund und sehen einer Diskussion über das daraus zu entwickelnde Konzept zum Sportstät-tenbau und über die Vorschläge zur Untersetzung im Landeshaushalt in den Gremien des Sports und hier im Landtag gespannt entgegen. Dabei gilt es auch, der Finanznot in vielen Kommunen größere Aufmerksamkeit zu widmen, weil dadurch nur zu oft die Kofinanzierung für bereitstehende Förderprogramme nicht leistbar ist.

Das vielfältige Lob für die Arbeit des Landessportbundes teilen wir und danken allen Akteuren für die in den letzten Jahren geleistete Arbeit herzlich. Aus unse-rer Sicht muss dies aber dann auch einhergehen mit der Rückgabe der finanziel-len Eigenverantwortung für den LSB ab dem kommenden Haushaltsjahr. Außerdem müssen die Zuweisungen an den LSB so erhöht werden, dass es dem Vor-stand ermöglicht wird, seine Beschäftigten schnellstmöglich nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlen zu können und die jahrelange Phase von Haustarifverträgen mit einem erheblichen Vergütungsverzicht zu beenden. Dies ist nicht nur eine Frage der Fairness und Gerechtigkeit den Beschäftigten gegenüber, für die auch wir als Landtag eine gewisse Verantwortung tragen, es ist wie inzwischen überall auch eine Frage der Fachkräftegewinnung, wenn Stellen neu mit gut qualifiziertem Personal besetzt werden sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde in den letzten Jahren im Bereich des Sports einiges erreicht, einiges ist derzeit auf dem Weg, aber vieles ist noch zu tun. Die Entwicklung weiter voranzubringen erfordert nicht nur guten Willen und gute Ideen, es erfordert auch mehr finanzielle Unterstützung und für die sollten wir uns alle gemeinsam in den kommenden Haushalten einsetzen.