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Stefan Gebhardt zu TOP 2: Hände weg vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Anrede,

der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ist regelmäßig Thema im Landtag und zwar mit allem was dazugehört. In gewisser Regelmäßigkeit besprechen und beschließen wir hier die Höhe des Rundfunkbeitrags, die Barrierefreiheit, die Rundfunkstaatsverträge mit ihren Programmaufträgen an die öffentlich-rechtlichen Anstalten oder wir befassen uns mit den Leistungen, die wir von unserer Anstalt, dem MDR, hier in Sachsen-Anhalt erwarten.

Am 17. Oktober dieses Jahres, also einen Tag vor der Tagung der Ministerpräsidenten, probte der Staatsminister in einem ganzseitigen Zeitungsinterview mal den medienpolitischen Aufstand, in dem er forderte, das Erste Deutsche Fernsehen in seiner jetzigen Form abzuschaffen. Der Staatsminister Robra scheute sich als Mitglied des ZDF-Fernsehrats auch nicht, gleich noch Lobby-Arbeit für seinen Sender (das ZDF) zu machen, in der wörtlich sagte: „Wir sollten das System zeitgemäß ausgestalten, indem wir das Zweite Deutsche Fernsehen als den nationalen Player betrachten. Das Erste wäre dann mittelfristig kein nationaler Sender mehr, sondern das Schaufenster der Regionen.“

Herr Minister Robra! Ich will gleich zum Punkt kommen: Sie haben sich mit ihrem Interview nicht nur einfach mächtig vergaloppiert. Ihre Aussagen sind kreuzgefährlich, denn sie sagen damit nicht weniger, als dass sie das jetzige Öffentlich-Rechtliche Rundfunksystem für überholt halten. Sie sagen damit, dass sie in Zeiten von Fake-News und um sich greifenden Rechtspopulismus ein demokratisch verfasstes Rundfunksystem für überflüssig halten.

Und deshalb müssen Sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie fahrlässig die Axt am Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk angelegt haben, der für eine demokratische Meinungsbildung in Deutschland unerlässlich ist. Und wer sich hieran vergreift, vergreift sich an der Demokratie! Wie sonst soll man Ihre Aussagen sonst verstehen, wenn Sie sagen, dass die Tagesschau in ihrer jetzigen Form überflüssig sei?

Herr Minister! Die Tagesschau ist die mit großem Abstand meistgesehene Nachrichtensendung in Deutschland. Und das ist auch gut so! Solche Öffentlich-Rechtlichen Angebote gehören eher ausgebaut, statt abgeschafft.

In der CDU höre ich immer wieder: Der Öffentlich-Rechtliche soll sich auf Grundversorgung und Kernkompetenz konzentrieren. Was bitteschön ist die Grundversorgung und die Kernkompetenz des Öffentlich-Rechtlichen, wenn nicht die Tagesschau, die täglich von 10 Millionen Leuten gesehen wird? Ich kann es mir nicht erklären…

Herr Minister Robra! Sie forderten im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung, dass DAS ERSTE kein nationaler Sender mehr sein soll, sondern ein „Schaufenster der Regionen“. Sie sagten: „Es soll das Beste aus Mitteldeutschland zeigen, aus dem Norden, aus allen Ländern.“ Mit Verlaub, was soll dieser Unsinn?

Das Beste aus Mitteldeutschland zeigt der MDR. Das Beste aus dem Norden der NDR und das Beste aus Bayern zeigt der Bayrische Rundfunk. Wir haben sieben dritte Programme, die alle bundesweit empfangbar sind. Und die Leute haben eine Fernbedienung, ich gehe davon aus, dass sie auch eine besitzen. Mit einer solchen Fernbedienung kann man umschalten. Und wenn ich das Beste aus dem Norden sehen will, schalte ich den NDR ein usw…

Und meine Damen und Herren, wir können ja auch ein bisschen stolz darauf sein, dass seit einer Ewigkeit der MDR das mit Abstand meistgesehene dritte Programm bundesweit ist. Nicht nur im Sendegebiet, sondern auch bundesweit! Das heißt doch, dass man auch außerhalb von Mitteldeutschland den MDR beachtet und auch sieht. Das MDR-Programm muss also auch eine gewisse Attraktivität außerhalb Mitteldeutschlands haben. Was soll dann ein Zusammenschnitt, wo ich die Angebote der Dritten Programme auf einem Kanal abspiele? So etwas ist überflüssig.

Es sei denn, man will, dass der publizistische Wettbewerb innerhalb des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks abgeschafft wird und wir ein Meinungsmonopol mit dem von Herrn Robra favorisierten ZDF aufbauen.

Solche Gedankenspiele sind zwar nicht neu, aber mit der LINKEN nicht zu machen. Wir sind klar der Auffassung, dass publizistischer Wettbewerb, ja auch ein Wettbewerb um das bessere und attraktivere Programm gut und richtig ist. Und wohin Meinungsmonopole in der Geschichte bisher geführt haben, will ich hier gar nicht weiter darstellen, es dürfte jedem bekannt sein.

Sehr geehrter Herr Minister Robra, bisher waren sie immer dafür bekannt, ein leidenschaftlicher Streiter für das Produktions- und Filmland Sachsen-Anhalt zu sein. Bis jetzt! Sie wiesen sogar ihren Ministerkollegen Herrn Tullner in die Schranken, als der sagte, dass die Zorn-Film-Reihe kein Mensch brauche, obwohl er von Millionen Leuten bundesweit gesehen wurde. Nun aber forderten Sie mit ihrer Aussagen, das ERSTE DEUTSCHE FERNSEHEN abzuschaffen, es zu einem Regionalschaufester umzugestalten, ja auch, dass die großen Filmproduktionen dann logischerweise auch aus dem Programm verschwinden sollen und künftig im ZDF laufen sollen.

Wie bitteschön wollen sie denn künftig dafür streiten, dass Filme aus Sachsen-Anhalt in der Primetime im ERSTEN laufen? Jeder Programmverantwortliche muss Ihnen doch künftig sagen: „Herr Robra, einen Film im Ersten aus Sachsen-Anhalt? In dem Sender, den sie abschaffen wollen“? Herr Minister, sie haben Sachsen-Anhalt mit Ihren Aussagen einen Bärendienst erwiesen. Durch Ihre Aussagen hat auch das Filmland Sachsen-Anhalt Schaden genommen. Und das ist auch deshalb tragisch, weil sie sich hier beim Aufbau und der Weiterentwicklung tatsächlich große Verdienste zuschreiben können. Tragisch, wenn es so endet.

Auf einen weiteren Punkt will ich noch eingehen, den Herr Robra im MZ-Interview erwähnte. Es geht um das Bereitstellen von Textangeboten im Onlinebereich beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Da sagten sie doch gegenüber der MZ tatsächlich: „Ich bin für ein konsequentes Verbot presseähnlicher Textproduktionen im Öffentlich-Rechtlichen System.“ Und auf die Frage, ob es nur noch Beiträge zum Anhören oder Ansehen geben soll, antworteten sie dann konsequenter Weise mit Ja. Und sie ergänzten: „Die Redaktionen sollen davon absehen, Texte zu produzieren, die kaum jemand braucht.“

Wer ist dieser „Kaum jemand“? Menschen mit Behinderungen, die darauf angewiesen sind, dass das gesprochene Wort im Radio dann online in Textversion zur Verfügung steht? Meine Damen und Herren! Auch Menschen mit Hör- und Sehbehinderung zahlen Rundfunkbeitrag. Und auch für diese Leute muss ein Öffentlich-Rechtliches Angebot bereitgehalten werden, welches sie nutzen können.

Sehr vorbildlich ist hier z.B. das Deutschlandradio, welches fast jeden Radiobeitrag in Textform online zur Verfügung stellt. Davon haben dann Menschen mit Hörbehinderung tatsächlich etwas. Und solche Angebote gehören ausgebaut und nicht verboten. Mal ganz davon abgesehen, dass Verbote hier schon dicht an der Zensur sind. Und mit Verlaub Herr Minister, Ihr Satz: „Die Aufgabe eines Fernsehjournalisten ist es Fernsehen zu machen und nicht Texte“, ist nun tatsächlich ein Satz, der im letzten Jahrtausend seine Gültigkeit hatte. Denn mittlerweile arbeiten die Anstalten immer mehr trimedial, das heißt dass mit einem Journalisten auch alle Ausspielwege bedient werden sollen. Willkommen in der Digitalen Welt Herr Robra, analog war vorgestern.

Anrede, fast jede Sache hat auch immer ihr Gutes. Das Gute an dem Interview von Herrn Robra waren vor allem die Reaktionen. SPD und Bü90/Grüne widersprachen dem Minister heftig. Die medienpolitischen Sprecher der drei Mitteldeutschen SPD-Landtagsfraktionen wiesen das Ansinnen von Herrn Robra eindeutig zurück. Frau Lüssemann sprach davon, dass man nicht mit der Abrissbirne durchs Land ziehen könne. Recht haben Sie! Auch bei der Ministerpräsidentenkonferenz fand der Vorstoß von Herrn Robra keinerlei Anklang.

Herr Minister, es ist also festzustellen, dass sie mit Ihrer Position ziemlich isoliert sind. Nur von einer Seite kam Beifall, von den Antidemokraten der AfD. Und auch das sollte ihnen doch zu denken geben, Herr Minister. Und noch ein positiver Effekt zum besagten Interview ist erkennbar. Denn ohne dieses Interview hätten wir hier nicht diesen Antrag meiner Fraktion.

Für DIE LINKE will ich folgendes klarstellen:

1. Wir brauchen gerade in den heutigen Zeiten einen gut funktionierenden und finanziell solide ausgestatteten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk.

2. Ja, auch wir wissen um die Akzeptanzprobleme des Rundfunkbeitrags, der aber nunmal die Finanzierungsgrundlage für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk darstellt. Die Akzeptanzprobleme lösen wir aber nicht mit populistischen Forderungen, wir verschärfen sie höchstens noch damit.

3. Natürlich müssen die Rundfunkanstalten Einsparpotenziale erschließen. Aber so zu tun, als hätten sie das bislang noch nie getan, stimmt einfach nicht. Denn ohne Einsparungen, wäre es nicht gelungen, den Rundfunkbeitrag jetzt schon über viele Jahre stabil zu halten und ihn zwischendurch sogar zu senken.

4. Medienvielfalt und Wettbewerb ist ein hohes Gut, welches für uns immer verteidigungswürdig ist und bleibt.

5. Es ist ein hohes Gut, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags staatsfern durch die KEF festgesetzt wird. Alle Versuche, aus parteipolitischen Motiven den Rundfunkbeitrag zu steuern, schaden der Unabhängigkeit des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks.

6. Natürlich bedarf es einer ständigen Weiterentwicklung und Reformen beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Hier steht vordergründig an, die Staatsverträge dem digitalen Zeitalter anzupassen.

Also meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Packen wir es an. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.