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Monika Hohmann zu TOP 04: Zunehmende Altersarmut stoppen - würdevolles Leben ermöglichen

Meine Fraktion wird nicht müde, immer wieder auf die bestehenden Ungerechtigkeiten im Land aufmerksam zu machen, sei es bei der Kinder- oder Altersarmut, um politisches Handeln zu fordern. In unserem Antrag möchten wir erneut und zum wiederholten Male auf die derzeitige Rentensituation und die damit steigende Altersarmut in unserem Land eingehen. Die Zahl der von Armut bedrohten ab 65-Jährigen wächst seit Jahren kontinuierlich. Ein weiterer Anstieg des Altersarmutsrisikos, besonders in den ostdeutschen Bundesländern innerhalb der nächsten zehn Jahre, ist zu erwarten. Frauen, Alleinstehende, Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders häufig von Altersarmut bedroht.

Wie sieht es derzeit  in Sachsen- Anhalt aus? Laut Statistik waren 2010 13,5% der Rentnerinnen und 9,00% der Rentner von Altersarmut betroffen. Im Jahr 2015 stiegen diese Zahlen auf 16,1% der Rentnerinnen und 12,1% der Rentner an. Wenn man sich dann noch die Zahlen der künftigen Rentnerinnen und Rentner anschaut, also die der 50- 64jährigen, die jetzt bereits in Armut leben, es sind 21,8%, kann man sich gut vorstellen, wie sich die Altersarmut in den nächsten Jahren hier auswirken wird.

Seit 2010 stieg ebenfalls landesweit die Anzahl der Betroffenen in der Grundsicherung  von 6620 auf 7837 (Stand 30.06.2016) an. Dies sind nur die offiziellen Zahlen.
Die Dunkelziffer ist weitaus höher. Nach Studien geht man von etwa 1,6 Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Zwei Drittel davon sind Frauen. Oft schämen sich diese Menschen, scheuen sich einen Antrag zu stellen,  kennen ihren Anspruch nicht oder haben  auch Ängste, stigmatisiert zu werden. Deshalb müssen wir unbedingt etwas tun und können das Problem nicht aussitzen.

Zwar hat die große Koalition in Berlin den Versuch unternommen, mit einem Rentengipfel kurz vor Ende dieser Legislatur noch etwas zu bewirken, doch die vorliegenden Ergebnisse  sind eher  dürftig. Sie ändern nichts an den Zustand der zunehmenden Altersarmut.

Für viele Menschen wird nach langjähriger Erwerbsarbeit Altersarmut zur realen Gefahr. Wir fordern deshalb in unserem Antrag, das Rentenniveau wieder deutlich auf 53 Prozent anzuheben. Damit sollen die heutigen Rentnerinnen und Rentner sowie die nächsten Generationen von ihrer Rente sorgenfrei leben.

Ich möchte  an dieser Stelle kurz einige Fakten aufrufen, an denen deutlich wird, warum wir diese Forderung aufmachen. Vor dem Jahr 2000 musste man in Deutschland  24 Jahre zum Durchschnittsverdienst arbeiten, um eine Rente in Höhe der Grundsicherung im Alter zu erhalten. Die beträgt heute durchschnittlich 799 Euro. Mittlerweile  sind es schon 30 Jahre und im Jahr 2030 werden es selbst mit Frau Nahles Haltelinie von 46 Prozent Rentenniveau schon 33,5 Jahre sein. Daran kann man erkennen: Es ist sehr wichtig, das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anzuheben. Nun werden sicherlich einige von Ihnen sagen, dann müsse man eben vorsorgen. Genau darauf zielt ja das viel beschworene  drei Säulen- Modell ab. Dazu kann ich nur sagen: Riester und Betriebsrenten können für die große Mehrheit der Menschen die in die gesetzliche Rente gerissenen Löcher nicht stopfen. Gerade für die Menschen, die  im Osten leben, ist dies sehr schwierig. Befristete Arbeitsverträge, Teilzeitjobs, Leiharbeit und prekäre Beschäftigung  verhindern oft private Vorsorge.
Im April erklärte selbst CSU-Chef Horst Seehofer Riester für gescheitert. Auch die Grünen halten die Riester-Rente inzwischen für einen Fehlschlag: Zu selten werde sie in Anspruch genommen, zu gering seien die Renditen, zu hoch die Kosten. Alles in der Süddeutschen Zeitung nachzulesen. Auch die betriebliche Altersvorsorge fällt bei uns auf Grund der vorhandenen Strukturen im Land  in der Wirtschaft eher marginal aus.

Ein zweiter Punkt in unserem Antrag beschäftigt sich mit der Regelaltersgrenze. Wir halten es für notwendig, die Erhöhung der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zu revidieren und die Regelaltersrente mit 65 Jahren wieder einzuführen. Solange die Situation im Land noch so ist, dass Bauarbeiter durchschnittlich im Alter von 58 Jahren aus dem Beruf ausscheiden und  Unternehmen kaum ältere Erwerbslose über 55 einstellen, ist und bleibt die Rente ab 67 eine Rentenkürzung für die meisten Menschen. Selbst im kürzlich erschienenen 6. Alterssicherungsbericht  stand, dass das  sogenannte  Rentenzugangsalter derzeit bei 64,0 Jahren liegt. Viele Menschen gehen also mit Abschlägen in  Rente. Im Jahr 2015 war das jeder vierte Neurentner der vor dem gesetzlich vorgegebenen Renteneintrittsalter in Rente ging.  Die Mehrheit davon, nämlich 55,2 Prozent, waren erneut die Frauen. Im Schnitt verzichten sie auf knapp 80 Euro Rente im Monat.

Zur Bekämpfung der Altersarmut soll eine einkommens- und vermögensgeprüfte
solidarische Mindestrente in Höhe von 1.050 Euro netto im Monat eingeführt werden.
Wir brauchen eine solidarische Mindestrente, denn ich finde, es hat keiner verdient, nach einem harten Arbeitsleben Zeitungen auszutragen oder in Müllcontainern wühlen zu müssen, um die Flaschen dort einzusammeln. Die geforderte Summe ist von uns nicht willkürlich gewählt sondern orientiert sich an der offiziellen  Armutsgefährdungsschwelle von 60 Prozent des Medianeinkommens.

Um mehr Solidarität durch eine verbreiterte Beitragsgrundlage zu schaffen, soll der Kreis der in der gesetzlichen Rente Pflichtversicherten unter Beachtung des
Bestandsschutzes sukzessive auf alle Erwerbstätigen ausgeweitet werden, so auch auf Ärzt*innen, Politiker*innen, Beamt*innen oder Apotheker*innen. Außerdem müssten die sogenannten „neuen“ Selbstständigen (Ein-Personen-Unternehmen), deren Zahl im Zuge der digitalisierten Arbeitswelt zunehmen wird, rentenrechtlich abgesichert werden. Auch Ihnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, gesetzliche Vorsorge zu leisten.

Ob in Zukunft eine gute Rente für alle finanziert werden kann, hängt nicht von der Bevölkerungsentwicklung ab, wie uns immer wieder gesagt wird, sondern von einer fairen Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Dieser sollte  nicht  zwischen den Generationen stattfinden sondern zwischen oben und unten. Es macht daher keinen Sinn Kinderarmut gegen Altersarmut auszuspielen. Um die Einnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, sind ebenfalls die Anzahl der sozialversicherten Beschäftigten und deren Lohn zu erhöhen. Wer gute Renten will, sollte sich auch für gute Arbeit einsetzen.

Was ist zu tun?

  1. Das Leiharbeits- und Werkvertragsunwesen muss zurückgedrängt werden.
  2. Befristete Beschäftigung darf es nur bei begründeten Ausnahmen geben.
  3. Tarifverträge müssen gestärkt werden.
  4. Als unterstes Maß ist ein höherer gesetzlicher Mindestlohn nötig.


Der derzeitige Mindestlohn reicht bei weitem nicht dafür aus. Deshalb fordert auch meine Partei eine Erhöhung auf 12,00 Euro. Gute Renten und gute Arbeit sind möglich, sie müssen aber erkämpft werden.

Wir haben in unserem Antrag die Rentenangleichung der Rente Ost an West  nicht noch einmal aufgerufen. Dazu gab es von uns schon mehrere Anträge und erst im Januar dieses Jahres einen Beschluss im Hohen Haus. Unsere Position dazu kennen sie genau und wir hoffen, dass die Landesregierung im Bundesrat für die Interessen der Ost- Rentnerinnen und Rentner  tätig wird.

Zum Abschluss meiner Rede möchte ich noch einmal für unseren Antrag werben. Dass unsere Vorschläge umsetzbar sind, zeigt ein Blick in unser Nachbarland Österreich. Dort ist es selbstverständlich, dass Rentnerinnen und Rentner nach einem langen Erwerbsleben in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen und in Würde leben können.