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Henriette Quade zu TOP 25: Keine Fördermittel für Vereine, die durch ihre Tätigkeit die parteipolitische Neutralitätspflicht verletzen

Anrede,

nach kleinen Anfragen, die zu suggerieren versuchten, der Verein Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt würde gegen Förderrichtlinien oder das Gebot der parteipolitischen Neutralität verstoßen, nun also der von der AfD seit geraumer Zeit als Drohkulisse aufgebaute Antrag, dem Verein die Förderung zu entziehen. Dem Verein die Förderung zu entziehen, der seit fast 20 Jahren hier im Land Fachträger der Arbeit gegen Neonazismus und für Demokratie ist. Dem Verein, der im Auftrag des Landes nicht nur Expertise zur rechten Szene in Sachsen-Anhalt bündelt, sondern der auch Anlaufstelle für Betroffene rechter Gewalt ist und vor Ort berät. Es ist logisch, dass das für die AfD ganz oben auf der politischen Agenda steht, denn es ist logisch, dass Rechtsradikale nicht wollen, dass diejenigen, die von Neonazis und anderen Rechtsradikalen angegriffen werden, Unterstützung finden.

Aber der Antrag ist ja nicht für sich alleine zu sehen. Er ist Teil der mit großem Verve betriebene Kampagne gegen alle, die sich gegen Rechtsradikalismus engagieren, die sich gegen Rassismus positionieren und die sich eben nicht von der geschichtsvergessenen und – wie wir immer wieder sehen – falschen Behauptung einschüchtern lassen, wer demokratisch gewählt ist, dürfe nicht als undemokratisch kritisiert werden. Diese Kampagne und der Antrag heute ist ein Angriff auf eine pluralistische Zivilgesellschaft, konkret wie abstrakt. Konkret, weil ganz konkret Träger und Institutionen angegriffen werden und diskreditiert werden sollen und abstrakt, weil es auch um eine langfristige Diskursverschiebung geht. Begriffe sollen mit neuem Gehalt gefüllt werden. Hinter dem Demokratiebegriff der AfD steckt nichts anderes als ein totalitäres Verständnis von Partei und Gesellschaft. Denn nur in der AfD sieht die AfD den legitimen Willen der Bevölkerung repräsentiert – daran kann teilhaben wer ihre Überzeugungen teilt und in der Einheit verschmelzen will, gegenteilige, widerständige (oder auch störende rechtsstaatliche) Einwürfe dagegen nicht. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Deutung des Gutachtens des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, das welches hier angeführt wird, um eine scheinbare Legitimation für ihre Forderung ins Feld zu führen. Was vor allem zeigt, dass sie das Gutachten entweder nicht verstanden haben, oder ihnen der tatsächliche Inhalt egal ist. Denn das Gutachten führt vor allem seit Jahren bekannte Grundsätze der staatlichen Förderung auf, diese waren weder bei der Aufklärung des Vereins über die DVU, die NPD oder DIE RECHTE verletzt und genauso wenig sind sie es nun mit Blick auf die AfD. Und natürlich ist der Verein parteilich für die Demokratie! Was denn auch sonst?

Dass der Verein, der für die Beobachtung und Analyse rechtsradikaler und neonazistischer Strukturen in Sachsen-Anhalt gefördert wird, sich zwangsläufig auch mit der AfD beschäftigen muss, liegt auf der Hand. Die Ursache dafür ist einzig und allein in der extrem rechten Aufstellung der AfD zu suchen, und nicht in illegitimen Interesse des Vereins oder einem Versuch in die Chancengleichheit der Parteien einzugreifen. Was sollte Miteinander e.V. denn auch sonst machen? Aktiv wegschauen und so tun, als gäbe es den Rechtsextremismus der AfD nicht?

Die AfD ist mittlerweile wichtiger Teil extrem rechter Organisierung in Sachsen-Anhalt und versucht das auch nicht mehr zu verschleiern, auch wenn sie diese Analyse immer als Diffamierung zurückweist. Rückgriffe auf Begriffe, die im Nationalsozialismus geprägt wurden, das Schüren gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Mitarbeiter die zuvor Kader von NPD und Co waren, gemeinsame Auftritte mit den Akteuren der extremen Rechten im Land, die europaweite Vernetzung mit Faschisten, gemeinsame Immobiliennutzung mit der Identitären Bewegung, Vernichtungsphantasien gegenüber politischen Gegnern und frei berichtenden Journalisten –– all das ist nicht neu – es ist das Sprechen und Handeln einer rechtsextremen Partei. Eine weitere Stufe der Radikalisierung ist allerdings in der Tat zu konstatieren, wenn der Abgeordnete Dr. Tillschneider sich mit verurteilten Holocaustleugnern gemein macht. Auf seinem Youtubekanal zeigt er sich in trauter Eintracht mit Neonazi Ralf Loehnert, der, wenn er nicht grad das Forum nutzt, das die AfD ihm bietet, wahlweise selbst den Holocaust leugnet, Freiheit für andere Holocaustleugner*innen fordert, oder aber an Rudolf-Hess-Gedenkmärschen teilnimmt. Hier im Hause schwingt Herr Dr. Tillschneider sich auf, über die demokratische Verfasstheit von Fachträgern demokratischer Bildungsarbeit gegen Rechts zu urteilen. (Gestern Abend belästigte sein Mitarbeiter zunächst Abgeordnete meiner und anderer Fraktionen, danach attackierte er den Vorsitzenden meiner Partei auch körperlich.)

Wer sich von dieser Partei etwas über Demokratie erzählen lässt, ist selbst schuld. Wer Ihre Problembenennung übernimmt, betreibt ihr Geschäft. Es ist deshalb in der Tat angebracht über die Zukunft der Beratungsprogramme und Bildungsarbeit gegen Neonazismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu reden. Auch diese Debatte zeigt – wir brauchen nicht weniger, sondern mehr davon und wir brauchen eine Landesregierung, die unmissverständlich an der Seite derer steht, die in ihrem Auftrag Demokratiearbeit leisten.