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Henriette Quade zu TOP 2: Eingriffe in Programmhoheit beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in die Kunstfreiheit sind demokratiefeindlich und grundgesetzwidrig

Anrede,

wie Feine Sahne Fischfilet sagt: „Die Nazis als Kulturberater…na schönen Dank auch und viel Spaß in der Zukunft (und sehen die Vergangenheit?)."

Es ist dabei auffällig, dass dieselben Leute, die alles immer nicht so gemeint haben wollen, die NS-Vokabeln strategisch benutzen und sich in eine rechte Ecke gestellt fühlen, wenn man ihnen das vorwirft, hier einen gänzlich anderen Maßstab anlegen. Sie fordern einerseits, Kunst wörtlich zu nehmen und verwahren sich andererseits dagegen, als Politiker an den eigenen Worten und Taten gemessen zu werden. Das ist bigott und scheinheilig.

Es geht doch bei dieser Debatte nicht um Texte oder das Verhältnis von Feine Sahne zum Staat - das zeigt die Absage des Gedenkens an deportierte Jüdinnen und Juden aus Sicherheitsgründen wegen einer angekündigten Nazidemo in Plauen in aller Bitterkeit. Es geht ihnen um Kulturkampf von rechts und um eine Definition dessen, was in Deutschland sein darf und was nicht. Und ja, das ist eine polarisierende Debatte und das ist eine politische Debatte, ob einem das gefällt oder nicht. Und gerade das macht die Begründung des Bauhauses Dessau für die Absage so haarsträubend wie gefährlich.

Dass es zwar von Polarisierung spricht, aber so tut, als wären diese Pole Rechts- und Linksradikal, ebenfalls. Sascha Lobo erzählte bei „Deutschlandredet“ folgenden Witz, der natürlich eigentlich kein Witz ist: „Treffen sich ein Nazis und ein Demokrat zu einem moderierten Gespräch. Der Nazi sagt 'Die Juden gehören vergast' , der Demokrat sagt 'Nein'. Der Moderator sagt 'Gut, wir haben die beiden Extrempositionen auf den Tisch, schauen wir mal wie wir zusammenkommen'.“

Das Gegenteil von Faschismus ist Demokratie und exakt das sind die beiden Pole um die es hier geht. Das müssen vor allem diejenigen endlich verstehen, die Linksradikalismus oder das was sie dafür halten als Gegenpol zu Rechtsextremismus problematisieren. Es sind die Pole, die einem nach meiner Überzeugung, keine andere Wahl lassen, als sich zu positionieren.

Wenn es eine Institution gibt, die das wissen müsste, dann ist es das Bauhaus und die Reaktionen aus dem Bauhausverbund machen ja auch deutlich, dass Sachsen-Anhalt mit dieser Entscheidung mal wieder allein steht. Allein stehen gerade in Regionen wie Dessau und Anhalt oft genug die Betroffenen rechter Gewalt und die, die dem alltäglichen Druck von Nazis nicht nachgeben. Und natürlich hat die Region ein Naziproblem, so wie nahezu jede Gegend der ostdeutschen Provinz und für all die, die darunter zu leiden haben, sind Bands wie Feine Sahne und ihre Konzerte wichtig.

Denn dort steht man als Antifaschistin oder Antifaschist, als Betroffene rechter Gewalt und als Outsider der rechtsextremen Erlebniswelt eben nicht allein, erfährt Stärkung und Solidarität und nebenbei kann man auch ne ganze Menge Spaß haben.

Deshalb ist es großartig, dass die Band ankündigt, am 6.11. in Dessau zu spielen, es ist gut dass mittlerweile Stadt und Theater die Band willkommen heißen wollen – Dessau und Sachsen-Anhalt können mehr Punkrock gut vertragen. Aber auch wer die Band völlig anders als ich bewertet, wer niemals zu einem Konzert von ihr gehen würde und sowohl inhaltliche, als auch stilistische Kritik an der Band hat, muss doch die Entscheidung des Bauhauses und seine Begründung und den politischen Druck auf den sie erfolgte, falsch finden.

Denn sie steht stellvertretend für die Frage, wie man eigentlich mit Nazis und ihren Forderungen umgeht und was einem die Freiheit eigentlich wert ist.

Und wenn Herr Minister Robra Angst vor den Drohungen von Nazis gegen das Bauhaus als Veranstaltungsort hat – dann hätte er sich mit dem Innenminister in Verbindung setzen müssen und dafür sorgen müssen, dass dieses Konzert sicher stattfinden kann. Hier wurde sich entschieden, dem Druck der Nazis im vorauseilenden Gehorsam nachzugeben. Das passt zum Umgang mit Nazis in Köthen, das passt zum Schicksal Oury Jallohs und Alberto Adrianos. Es passt nicht zur Zukunft einer freien Gesellschaft.