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Henriette Quade zu TOP 10: Fördermittelvergabe an den Verein "Miteinander" und angeschlossene Projekte im Rahmen der so genannten Demokratierförderung des Landes Sachsen-Anhalt

Anrede,

bei der letzten Sitzung des Landtages vor der Sommerpause war auf Verlangen der AfD der Verein Miteinander bereits Thema. Mit viel Tamtam trug die AfD den altbekannten Popanz von angeblich verletzten Neutralitätspflichten, von angeblich unzulässiger Beschäftigung mit der AfD und der Notwendigkeit, diesem Verein die Förderung zu entziehen.

Ich habe nicht vor, mich en Detail mit den Fragen und Antworten der Großen Anfrage auseinanderzusetzen. Und ich tue dies nicht, weil für die politische Debatte, die hier zu führen ist, die Fragen und Antworten völlig egal sind. Auch das ist eine Parallele zur Debatte vor der Sommerpause: Die AfD beruft sich zwar auf Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, ignoriert aber, dass es eben nicht belegt, dass Vereine die öffentliche Förderung erhalten, sich nicht mit dem Rechtsradikalismus der AfD beschäftigen dürfen. Genauso machen sie es mit der großen Anfrage: es gibt schlichtweg keinen Hinweis auf eine falsche Verwendung von Fördergeldern, die Antworten in der Großen Anfrage sind eindeutig, dennoch behauptet die AfD das Gegenteil. Die Wahrheit ist doch: Sie ziehen aus allen Gutachten, Aufstellungen und Antworten die sie bekommen sowieso nur das, was sie wollen, was in ihre politische Agenda passt und diese politische Agenda ist kreuzgefährlich. Denn ja, diese AfD will ein radikal anderes Deutschland und zwar eines, das am Ende keine freiheitliche Republik mehr wäre. Das zeigt sich bei ihren Demonstrationen, das zeigt sich daran, wen sie als politische Verbündete begreifen, das zeigt sich wenn AfD-Bundestagsabgeordnete Lynchjustiz fordern und die Jagd von Hooligans und Neonazis auf MigrantInnen in Chemnitz als Protest verkaufen wollen, das zeigt sich an ihrem Vokabular, es zeigt sich wo immer die AfD in Erscheinung tritt.

Mehr als deutlich wurde das auch bei der Pressekonferenz den die AfD zur großen Anfrage durchführte: Es ist nicht zu übersehen, dass die Kampagne gegen Miteinander nur den Auftakt bilden soll, um gegen in den Augen der AfD missliebige Vereine vorzugehen. Unverhohlen machte die Fraktion deutlich: ‚das geht hin bis zu den Gewerkschaften‘.

Genau diese unverhohlene Klarheit in den Angriffen müsste es eigentlich auch für die Landesregierung leicht machen, zu bestimmen, welchen Standpunkt und welche Aufgabe sie in einer solchen Situation hat. Doch wir erleben einen Innenminister, der nicht nur offenbar keine Ahnung von den eigenen Förderrichtlinien seiner Landesregierung hat, sondern vielmehr, auf die Rechtsausleger in seiner eigenen Partei schielend, den fraktionsinternen Wahlkampf zu eröffnen scheint.

Wenn Sie, Herr Minister, sich öffentlich hinstellen und einen seit Jahren von der Landesregierung geförderten Fachträger der Demokratiearbeit als „Marschkolonne der Linken“ bezeichnen dann zeigt das neben einem nicht gerade zivilem Sprachgebrauch vor allem eines: Sie haben sich politisch entschieden. Sie können hier noch so oft konziliante Regierungserklärungen halten und angesichts offenkundiger Dummheiten der AfD den Demokratielehrer geben. Ihr Verhalten in Bezug auf Miteinander lässt den Unterschied zwischen Pose und Haltung erkennen. Sich in einer solchen gesellschaftlichen und politischen Situation, angesichts der Ankündigungen der AfD, bis hin zu den Gewerkschaften gehen zu wollen, und angesichts der Auftritte hier im Plenum und auf der Straße, sich in dieser Situation zu entscheiden, die Kampagne der AfD verstärken zu wollen, zeigt, mit wem sie hier künftig tatsächlich Politik machen wollen.

Wir erleben einen Innenminister, der die Stichworte der AfD gern aufgreift, sei es wenn es gegen die HaSi geht, sei es wenn es gegen das Kirchenasyl geht, oder aber eben gegen Miteinander und es stellt sich die Frage: Welche Angriffe von Rechtsaußen auf eine plurale und freiheitliche Gesellschaft wollen sie denn eigentlich noch mit machen? Sie sind es, der Fördermittel als Drohkulisse benutzt, um einem freien Träger ihren politischen Willen aufzuzwingen und ihn zur Neuaufstellung zu zwingen.

Das Agieren des Innenministers und das Agieren der CDU in diesem Land ist verantwortungslos. Verantwortungslos gegenüber den von Ihnen selbst geförderten Trägern essentiell notwendiger Arbeit in Sachsen-Anhalt. Es ist verantwortungslos gegenüber den Betroffenen rechter Hetzkampagnen und, untrennbar damit verbunden, rechter Gewalt. Es ist verheerend mit Blick auf die Entwicklung dieser Gesellschaft.

Ich erwähnte es eingangs, erst bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause führten wir hier im Grunde dieselbe Debatte. Damals endete meine Rede mit den Worten: „Wer sich von der AfD etwas über Demokratie erzählen lässt, ist selbst schuld. Wer Ihre Problembenennung übernimmt, betreibt ihr Geschäft.“ und konstatierte, dass wir eine Landesregierung brauchen, die unmissverständlich an der Seite derer steht, die in ihrem Auftrag Demokratiearbeit leisten. Diese Forderung ist heute aktueller denn je. Vom Innenminister erwarten wir eine Entschuldigung bei Miteinander – und das umgehend.

Und mit Blick auf die Entwicklung dieser Gesellschaft will ich auch ganz deutlich sagen: nein, gegen Rechtsextremismus zu sein ist nicht automatisch links. Über rechtsextreme Strukturen aufzuklären, sie zu analysieren und die Betroffenen rechter Gewalt zu beraten ist nicht automatisch links. Anzuerkennen, was wissenschaftlich kaum umstritten ist, nämlich das der Begriff Extremismus nichts taugt, um Gefahren für eine Gesellschaft beschreiben zu können, auch das ist nicht zwangsläufig links. Aber wenn nur noch die gesellschaftliche Linke die Träger der Demokratiearbeit gegen die Angriffe von Rechtsextremen verteidigt, dann sagt das viel aus über den politischen Kompass der Konservativen hier im Land und das ist der eigentliche Skandal an der Debatte über Miteinander!