Hendrik Lange zu TOP 14: Gleichstellung an Hochschulen
Was soll man zu diesem Antrag sagen? Vielleicht erst einmal etwas Gutes. Die Koalition bringt sich wieder mit Anträgen in die Hochschuldebatte ein. Wir diskutieren zu einem so wichtigen Antrag zu einem hochschulpolitischen Thema auch einmal am Vormittag - das hat etwas für sich -, nicht immer nur in den Nachmittagsstunden oder in den Abendstunden. Das Anliegen ist natürlich aller Ehren wert und ein wichtiges.
Der Antrag ist in unseren Augen eigentlich ein wenig unambitioniert und bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Denn wir haben das Kaskadenmodell schon in den Zielvereinbarungen verankert, es müsste eben bloß umgesetzt werden. Dabei sehe ich die Hochschulen durchaus in der Verantwortung.
Sie sagen, Sie möchten die Landesregierung auffordern, das mit den Hochschulen gemeinsam irgendwie umzusetzen, sie dabei finanziell zu unterstützen. Wir haben jetzt etwas von der Titelgruppe 81 gehört - gut, dazu haben Sie als Regierungsfraktionen mit Sicherheit mehr Kenntnisse als wir als Oppositionsfraktion. Natürlich sind wir froh über jede Maßnahme, die dafür sorgt, dass das Kaskadenmodell endlich umgesetzt wird. Aber wir wissen auch, wie viele Professuren frei werden und schon frei geworden sind und inwieweit die Hochschulen in ihrem Berufungsgeschehen bereits mit dem Kaskadenmodell reagiert haben. Wir fragen das gerade ab. Dazu haben wir zumindest aus einigen
Fachbereichen ein paar nicht so glückliche Informationen bekommen. Deswegen haben wir eine Kleine Anfrage gestellt. Die Realität werden wir also sehen. Wir haben dazu auch schon einmal eine Aussprache zu einer Großen Anfrage im Jahr 2012 geführt.
Sie möchten die Stellung der Gleichstellungsbeauftragten stärken. Auch das haben wir hier im Hohen Haus schon hoch und runter diskutiert; das ist für uns völlig klar. Die Gleichstellungsbeauftragten müssen unbedingt auch für die Studierenden zuständig sein. Die Mängel, die es in den letzten Jahren gegeben hat, haben Sie schon beschrieben. Wir müssen über die Ausstattung diskutieren und über die Freistellungsmaßnahmen. Ich hoffe, dass das dann auch endlich von der Landesregierung erledigt wird. Eigentlich hätte es schon erledigt sein können, aber so ist die Realität. Es ist gut, dass das auf den Weg gebracht wird.
Ich habe mir meine Rede zu der Großen Anfrage im Jahr 2012 noch einmal angesehen und muss sagen: Vieles ist gleich: der aktuelle Befund, die Fächerspezifik - auch da hat sich nicht viel geändert. Ich bleibe bei der Aussage, dass wir auch in den Fachkulturen nachsehen müssen, warum es in einigen Fächern weniger Frauen in Führungspositionen gibt. Obwohl es beispielsweise im Fach Medizin 63 % Studienanfängerinnen gibt, gibt es dort nur 3 % Professorinnen. Das ist schon sehr erstaunlich. Ich glaube nicht, dass das am Karrierewillen liegt.
Wir haben das ganze Thema der Förderung der mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Fächer, die MINT-Förderung. Diese muss natürlich auch in den Schulen und in den Kitas verankert werden.
Unsere Forderung bleibt die Kaskade plus: Wir sollten das Kaskadenmodell so aufzurüsten, dass es nicht wieder einen Rückschritt geben kann. Denn wenn es dann in den unteren Karrierestufen weniger Frauen gibt, könnte man annehmen, man brauchte auch in den höheren Karrierestufen weniger Frauen. Darüber muss man dringend nachdenken. Wir sind außerdem dafür, dass die Berufungskommissionen quotiert besetzt sind, über alle Statusgruppen hinweg, um der homosozialen Kooptation entgegenzutreten. Ich möchte mir eine Berufungskommission mit Herrn Tillschneider nicht vorstellen. Deswegen sollten wir auch über quotierte Gremien reden.
Aber eines hat sich geändert: Mit der AfD hat eine reaktionäre und in Teilen rechtsradikale Partei die politische Bühne betreten. Herr Tillschneider hat gerade ausführt, wie sein Frauenbild aussieht. Er hat ausgeführt, wie er die Genderstudien abschaffen, also die Freiheit der Wissenschaft beschneiden möchte. Wenn jemand noch Fragen zur Gleichberechtigung - Herr Tillschneider hat ja über Gleichberechtigung geredet - hat, dann zitiere ich einmal: „Männer und Frauen sollen gleichberechtigt sein, aber sie sind nicht gleich in ihrer Wesensart. Zwischen Mann und Frau sollte eine gerechte, aber je unterschiedliche, ihrem Wesen angemessene Gewichtung von Rechten und Pflichten herrschen.“
Diese Auffassung hat Herr Tillschneider in einem Interview aufgeschrieben. Man muss sagen: Diese Auffassung ist verfassungsfeindlich. Genau das ist verfassungsfeindlich. Und sie zeigt, dass die Verfestigung von Diskriminierung durch politisches Handeln tatsächlich auch in dieser Gesellschaft zum Teil noch Realität ist. Nach Ihrer Auffassung würden wir heute noch um das Frauenwahlrecht kämpfen. Nach Ihrer Auffassung würden Frauen heute noch die Männer fragen müssen, ob sie denn überhaupt arbeiten dürfen. So ist nämlich die Realität, die sich die AfD wünscht. Ich kann mir gut vorstellen, dass in so manchen Ländern, wo die Frauenrechte mit Füßen getreten werden, genau solche Begründungszusammenhänge, wie sie Herr Tillschneider genannt hat, zutage treten.